Zahl der Grenzübertritte nimmt zu

Wegen Putins Krieg: Immer mehr Russen fliehen nach Finnland

Reisende steigen im Bahnhof Finlyandsky in St. Petersburg vor der Abfahrt nach Helsinki in Finnland in einen Allegro-Schnellzug ein. Die finnische Bahn muss ihre Zugverbindung vom russischen St. Petersburg in die Hauptstadt Helsinki ausweiten, weil mehr Russen ihr Land verlassen wollen.

Reisende steigen im Bahnhof Finlyandsky in St. Petersburg vor der Abfahrt nach Helsinki in Finnland in einen Allegro-Schnellzug ein. Die finnische Bahn muss ihre Zugverbindung vom russischen St. Petersburg in die Hauptstadt Helsinki ausweiten, weil mehr Russen ihr Land verlassen wollen.

Berlin. Nicht nur Ukrainer, sondern auch Russen verlassen derzeit ihr Heimatland – die westlichen Sanktionen und die stark eingeschränkte Meinungsfreiheit in Russland dürften viele von ihnen zu diesem Schritt bewegen. Doch die Wege ins Ausland sind begrenzt, seit der europäische Luftraum für russische Jets gesperrt wurde.

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Viele Russen steuern nun Finnland, das eine mehr als 1000 Kilometer lange Landgrenze zu Russland hat. Der finnische Grenzschutz hat in den Wochen seit Kriegsausbruch in der Ukraine einen deutlichen Anstieg einreisender Russen registriert.

Am 23. Februar, ein Tag vor Russlands Invasion in die Ukraine, überquerten 1200 Russinnen und Russen die finnische Grenze. Vier Tage später stieg die Zahl sprunghaft auf 1850 an und blieb in den folgenden Tagen auf diesem neuen, höheren Niveau. Den vorläufigen Höhepunkt gab es am 6. März mit 2259 Grenzübertritten.

Nicht mehr Asylanträge

Trotz des fast doppelt so hohen Aufkommens ist die Lage für die Behörden noch gut zu bewältigen. „Der Grenzverkehr an den Übergängen im Osten läuft reibungslos“, sagte ein Sprecher des finnischen Grenzschutzes dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Einen parallelen Anstieg von Asylanträgen russischer Bürgerinnen und Bürger gibt es laut finnischer Einwanderungsbehörde bislang noch nicht.

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Viele nutzen für die Einreise die Zugverbindung von Sankt Petersburg nach Helsinki. Mehrere Medien berichteten darüber, dass täglich voll besetzte Züge in der finnischen Hauptstadt ankommen. Die Eisenbahngesellschaft hatte deswegen vor wenigen Tagen mitgeteilt, eine zusätzliche Verbindung zu den beiden regulären Fahrten anbieten zu wollen.

Nutzen dürfen diese Züge nur Reisende mit russischem oder finnischem Pass. Die Züge, die nach Sankt Petersburg unterwegs sind, seien dagegen leer, sagte ein Sprecher der Bahn dem finnischen Fernsehsender Yle.

Neben dem Schnellzug seien auch die Busse auf der rund 400 Kilometer langen Strecke sowie Verbindungen nach Riga und Tallinn ausgebucht, berichtete der Fernsehsender. Neben den europäischen Ländern sind auch die Türkei, Georgien und die Vereinigten Arabische Emirate begehrte Ziele. Dorthin gibt es weiterhin Flugverbindungen von Russland aus.

Tausende Russen festgenommen

Doch wer sind die Menschen, die nun Russland verlassen? Genaue Angaben gibt es dazu nicht. Einige dürften Angst vor politischer Verfolgung haben, wenn sie ihre Meinung zum Krieg gegen die Ukraine frei äußern. Bei Protesten gegen den Krieg sind in den vergangene Wochen mehrere tausend Russen von der Polizei festgenommen worden.

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Gleichzeitig sind die westlichen Sanktionen auch für die russische Bevölkerung spürbar: Der Rubel verliert weiter deutlich an Wert, viele ausländische Unternehmen ziehen sich aus dem Land zurück.

Russische Journalisten gehen ins Exil

Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ teilt mit, dass seit Beginn des Krieges 150 russische Journalistinnen und Journalisten das Land verlassen haben – ein neues Mediengesetz hat ihre Arbeit vor Ort fast unmöglich gemacht.

Unter den Reisenden sind aber auch Russen, die in Europa arbeiten oder studieren. Sie nutzen den Landweg nach Finnland, um von dort aus in andere europäische Länder weiterzureisen.

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Am Bahnhof in Helsinki berichten die Ankommenden von ihren Beweggründen. Eine von ihnen ist die 35-jährige Russin Irina, die ihre Mutter in Empfang nimmt. „Ich hatte Angst, dass die Grenzen geschlossen werden, und habe ihr gesagt, sie solle sofort hierher reisen“, sagt die Frau der schwedischen Zeitung „Aftonbladet“.

Ein anderer Reisender erzählt, dass viele Russen Putins Krieg nicht unterstützen würden. „Aber leider gehe die Polizei derzeit ziemlich hart vor“, sagt ein Russe namens Anton, der von Helsinki weiter zu seinem Wohnort in Tschechien reisen will.

Nur wenige Russen haben einen Reisepass

Doch längst nicht jeder Putin-Kritiker hat die Möglichkeit zur Ausreise: Nur wenige Russen besitzen überhaupt einen Reisepass und noch weniger ein gültiges Visum für die Europäische Union.

Das Interesse der Russen, das Land zu verlassen, scheint jedoch groß. Die Suchanfragen im Internet zum Begriff „Auswanderung“ stiegen vergangene Woche in Russland sprunghaft an, berichtet der Suchmaschinen-Gigant Google. Am Dienstag veröffentlichte der russische Blogger Ilja Warlamow ein Video auf Youtube, in dem er Auswanderungstipps gab, wie „Zeit Online“ berichtete. Innerhalb der ersten 24 Stunden ist das Video schon 1,6 Millionen mal abgerufen worden.

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