Münchner Sicherheitskonferenz

China redet über Frieden, Pistorius über Stärke

Der chinesische Chefdiplomat Wang Yi kündigt eine chinesische Friedens­initiative an.

Der chinesische Chefdiplomat Wang Yi kündigt eine chinesische Friedens­initiative an.

München. Es hört sich erst einmal wie ein Wunsch nach Frieden an. Der hohe Gast aus Peking mahnt auf der Münchner Sicherheits­konferenz, dass die territoriale Integrität aller Länder gewahrt werden müsse. Russland, das bisher von China Rückendeckung hatte, ist gemeint. Der Feldzug von Kremlchef Wladimir Putin gegen die Ukraine ist eine völkerrechts­widrige und brutale Verletzung territorialer Integrität. Aber die Rede des obersten chinesischen Chef­diplomaten Wang Yi ist auch eine Warnung an den Westen davor, sich in Bezug auf Taiwan in die Ein-China-Politik einzumischen.

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Wang kündigt eine Friedens­initiative für die Ukraine an, ohne Näheres offenzulegen. Es ist ein spannender Moment. Denn das Misstrauen im Saal ist groß. Vor allem bei der US-Delegation. Am 24. Februar jährt sich der russische Überfall auf die Ukraine zum ersten Mal. Niemand hat Wladimir Putin bisher stoppen können. Das mächtige China hätte als Russlands Partner am ehesten seinen Einfluss auf Putin nutzen können – hat es aber nicht getan. Bisher jedenfalls nicht.

Der Tag auf der MSC: „Es geht darum, die Welt zu retten“

Kristina Dunz ist für das RedaktionsNetzwerk Deutschland bei der Münchner Sicherheitskonferenz.

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Stattdessen hat Peking die russischen Verbrechen in der Ukraine laufen lassen und sich sehr genau angesehen, wie die westlichen Staaten auf die Invasion reagieren. Die plötzliche Geschlossenheit der schon so gut wie totgesagten Nato sowie der europäisch-amerikanischen Beziehungen dürften selbst Peking beeindrucken. Sollte China mit seinen Drohungen Ernst machen und die nach Unabhängigkeit strebende, 23 Millionen Einwohner zählende Inselrepublik Taiwan besetzen, würde der Westen mit Sanktionen reagieren.

China wirbt um Vertrauen

Der Auftritt von Wang ist auch deshalb besonders, weil chinesische Politiker Fragen auf offener Bühne nicht schätzen und sie in der Regel auch nicht beantworten. Die Münchner Sicherheits­konferenz gewährt da aber niemandem eine Ausnahme. So muss sich auch Wang vom früheren Konferenzchef Wolfgang Ischinger die Frage gefallen lassen, was China mit Taiwan vorhat. Wang richtet sich ruckartig kerzengerade auf und sagt so etwas wie „Uiih“. Dann wird sein Ton scharf.

„Ich kann Ihnen versichern, dass Taiwan ein Teil des chinesischen Territoriums ist“, sagt er. „Es ist nie ein eigenständiges Land gewesen und wird es auch nie sein. Wir wiederholen noch einmal, wie wichtig es ist, Souveränität und territoriale Integrität zu wahren. Und wir hoffen, dass das auch für China gilt.“ Das Ein-China-Prinzip sei Konsens innerhalb der internationalen Gemeinschaft.

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Der frühere Außenminister und jetzige Vertreter des Politbüros der Kommunistischen Partei Chinas wirbt um Vertrauen. „Lassen Sie uns alle zusammenarbeiten, um die Welt zu einem sicheren Ort zu machen“, sagt er laut offizieller Übersetzung. Der Krieg in der Ukraine müsse beendet werden. Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind skeptisch. Peking hätte ihrer Ansicht längst etwas dafür tun müssen. Nun kündigt Wang aber an, China werde etwas „vorlegen“ – „und zwar die chinesische Position zur politischen Beilegung der Ukraine-Krise“. Er will nach der Konferenz in München direkt nach Moskau reisen.

Für die westlichen Staaten ist seine Ankündigung eines baldigen Friedens­papiers für die Ukraine eine Herausforderung. Was wird darin stehen? Was versteht China unter der territorialen Integrität der Ukraine? Würde die von Russland 2014 annektierte Krim dazugehören?

„Wir werden jeden Zentimeter des Bündnisses verteidigen“

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba schließt in München für sein Land jegliche Gebietsverluste kategorisch aus. Es sei auch im Interesse der Ukraine, dass China eine Rolle bei der Suche nach Frieden spiele, die territoriale Integrität der Ukraine sei aber nicht verhandelbar, betont er. „Es sind keine Kompromisse möglich, nicht über den geringsten Quadratmeter.“ Kompromisse seien mit Russland unmöglich.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba spricht auf der Münchner Sicherheits­konferenz.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba spricht auf der Münchner Sicherheits­konferenz.

In der Dimension von Zentimetern macht Bundes­verteidigungs­minister Boris Pistorius (SPD) Russland seine Grenzen klar. „Ich bin ein Kind des Kalten Krieges“, bekennt er zu Beginn seiner Rede am Samstag­nachmittag. Und er ist stolz auf seine Erfahrung. Die Nato habe seine Heimat, das Leben seiner Eltern und seine Kindheit geschützt. Deutschland müsse heute die gleiche Solidarität mit anderen Staaten leben. „Wir werden jeden Zentimeter des Bündnisses verteidigen.“ Und dann dekliniert er das militärische Potenzial der Nato durch. Er nennt es selbst eine „Demonstration der Stärke“.

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„Es wird noch dunkle Tage in der Ukraine geben“, mahnt US-Vizepräsidentin Kamala Harris. Sie hält die emotionalste Rede. Harris schildert die „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ der Russen in der Ukraine und nennt Mord, Folter, Vergewaltigung und Deportation. Hunderttausende Menschen seien gewaltsam nach Russland verschleppt, Kinder von ihren Familien getrennt und kleinste Mädchen vergewaltigt worden. Aber: Die Verantwortlichen würden zur Rechenschaft gezogen.“ Sie betont, Russland sei durch diesen Krieg selbst geschwächt und die Nato so stark wie nie. Zu Chinas Ankündigung einer Friedens­initiative sagt sie nichts.

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