Gesundheitsministerium räumt interne Fehler vor Eklat um verkürzten Genesenenstatus ein
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Lothar H. Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), und Karl Lauterbach (SPD), Bundesgesundheitsminister.
© Quelle: IMAGO/Jürgen Heinrich
Berlin. Das Robert Koch-Institut (RKI) hatte im Januar den Corona-Genesenenstatus von sechs auf drei Monate verkürzt – für Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kam das nach eigenen Worten damals überraschend. Er erklärte, vorher nichts von der geplanten Änderung gewusst zu haben, und gab RKI‑Chef Lothar Wieler die Schuld an der Fehlkommunikation. Die Folge: Lauterbach entzog dem RKI die Zuständigkeit, darüber zu bestimmen, wie lange Menschen nach einer Infektion als genesen gelten. Das Verhältnis zwischen Lauterbach und Wieler gilt seitdem als angeknackst.
Aus einer Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf Anfrage des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) zu der Sache geht aber hervor: Nicht etwa das RKI hat Lauterbach nicht informiert, sondern seine Behörde selbst. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums räumte darin ein: „Dem Minister war zum Zeitpunkt seiner damaligen Rede im Bundesrat nicht bekannt, dass der Genesenenstatus jenseits der Quarantäneregeln bereits zum 15.1. geändert werden würde.“ Grund dafür seinen Kommunikationsprobleme zwischen RKI und dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) gewesen „sowie innerhalb des BMG“.
Diese Ausführung wird gestützt von einer internen E‑Mail des RKI an das BMG, von der die „Welt am Sonntag“ berichtet. Datiert sei diese auf den 11. Januar 2022 – vier Tage vor der Veröffentlichung der Genesenenstatusverkürzung auf der RKI‑Website am 15. Januar. Inhalt der Mail: ein Entwurf der geplanten Änderung mit Verweis auf die zeitnah geplante Veröffentlichung. Die Mail soll dem Bericht zufolge an mehrere Referate und die Lageführung Covid-19 geschickt worden sein.
Laut der „Welt am Sonntag“ sei der Eingang des Entwurfs im Bundesgesundheitsministerium nicht nur registriert worden. Mitarbeiter des Ministeriums und des RKI hätten anschließend noch Details abgestimmt. „Im Rahmen einer mündlichen Rücksprache“ habe das Ministerium von Gesundheitsminister Lauterbach dem Entwurf abschließend zugestimmt, heißt es.
Die Kommunikation zwischen RKI und Gesundheitsministerium scheint dem Bericht zufolge also funktioniert zu haben. Dass Gesundheitsminister Lauterbach nicht zeitig über die Änderungen des Genesenenstatus informiert wurde, war offensichtlich auch ein internes Kommunikationsproblem des Gesundheitsressorts in Berlin.
Im Februar machte Lauterbach Wieler noch persönlich für den Skandal verantwortlich. Das Vorgehen des RKI‑Chefs sei „nicht in Ordnung“ gewesen, sagte er damals.
Die Fehlkommunikation im Bundesgesundheitsministerium hatte heftige Attacken der Länder in Richtung Lauterbach zur Folge: „Ich fühle mich persönlich hintergangen“, ärgerte sich der damalige hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) über die plötzliche Änderung der Corona-Vorschrift. Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) ermahnte Lauterbach: „Wir müssen versuchen, Menschen mit Argumenten zu gewinnen und nicht, indem wir sie überrumpeln.“
Nur wenige Stunden, bevor das RKI den Genesenenstatus von Corona-Infizierten von sechs auf drei Monate herunterstufte, hatte der Gesundheitsminister den Ländern versichert, sie rechtzeitig über Änderungen zu informieren.
RND/hsc/hyd/fw
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