Von „hätte früher kommen müssen“ bis „Riesenfortschritt“: Reaktionen auf die deutschen Waffenlieferungen
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Der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter.
© Quelle: IMAGO/Future Image
Berlin. Der Politikwissenschaftler Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr in München hat die Ankündigung der Lieferung weiterer schwerer Waffen an die Ukraine durch Deutschland, Frankreich und die USA begrüßt. „Das ist eine richtige Entscheidung“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
„Sie hätte früher kommen müssen. Wären die Schützenpanzer schon im Sommer geliefert worden, wäre die Ukraine heute weiter. Aber es ist gut, dass sie jetzt kommt.“ Masala fügte hinzu: „Ich würde immer noch sagen, man müsste auch über die Lieferung von Kampfpanzern reden. Aber wir sind jetzt einen Schritt weiter. Und dieses ganze Gerede von ‚Putin eskaliert, wenn wir bestimmte Waffensysteme liefern‘, ist jetzt endgültig vom Tisch. Das öffnet auch die Tür für andere Waffenlieferungen. In zwei Monaten reden wir möglicherweise über Kampfflugzeuge und Kampfpanzer.“
Der Politologe betonte: „Kriegsentscheidend ist das alles nicht. Aber es erleichtert Gegenoffensiven der Ukrainer im Osten und im Süden.“ Hintergrund: Deutschland und die USA wollen der Ukraine erstmals seit Beginn des Krieges am 24. Februar 2022 Schützenpanzer für den Kampf gegen die russischen Angreifer liefern, wie Scholz und US-Präsident Joe Biden am Donnerstag in einem Telefonat vereinbarten.
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Deutschland will den ukrainischen Streitkräften Dutzende Exemplare des Schützenpanzers Marder liefern, der vor mehr als 50 Jahren für die Bundeswehr entwickelt wurde Zusätzlich stellt die Bundesregierung der Ukraine ein Patriot-Flugabwehrsystem zur Verfügung.
Hofreiter: „ein Riesenfortschritt“
Der Vorsitzende des Europa-Ausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), sagte dem RND: „Das ist ein Riesenfortschritt und sehr zu begrüßen, weil sich die ukrainischen Soldaten mit diesen Panzern besser schützen können als mit dem alten sowjetischen Material, das bisher im Ringtausch zur Verfügung gestellt wurde. Es ist auch gut, dass weitere Luftabwehr zur Verfügung gestellt wird.“
Er fuhr fort: „Aber es wäre natürlich deutlich besser gewesen, wenn das bereits vor Monaten passiert wäre. Denn der Glaube, man könne mit relativ zurückhaltenden Waffenlieferungen dafür sorgen, dass Putin nicht weiter eskaliert, war damals falsch und ist auch heute falsch.“
Putin ordnet Feuerpause über orthodoxe Weihnachten an
Angesichts des bevorstehenden orthodoxen Weihnachtsfests hat Russlands Präsident Wladimir Putin eine anderthalbtägige Feuerpause in der Ukraine angeordnet.
© Quelle: dpa
Insgesamt haben die Grünen die geplante Lieferung von Mardern begrüßt. „Wir müssen der Ukraine beistehen, mit allem, was sie braucht, stets in Rücksprache mit unseren Partnern“, so der Parteivorsitzende Omid Nouripour am Donnerstagabend. Daher sei es richtig, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) „die Lieferung von Panzern nun freigibt“. Dies sei eine wichtige Grundlage für die Konsultationen über weitere notwendige Hilfe für die Ukraine, sagte der Co-Vorsitzende.
Vizekanzler Robert Habeck bezeichnete die geplante Marder-Lieferung als gute Entscheidung. „Wir haben seit Kriegsbeginn unsere Unterstützung im Zusammenspiel mit unseren Partnern immer stärker ausgeweitet. Es ist folgerichtig, dass wir auch diesen Schritt gehen“, erklärte der Grünen-Politiker am Donnerstagabend. „Die Ukraine hat das Recht, sich selbst gegen den russischen Angriff zu verteidigen, und wir haben die Pflicht, ihr dabei zu helfen.“
„Diese bittere Lehre müssen wir für die Zukunft ziehen“
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Robin Wagener zeigte sich erfreut. „Von Deutschland, Frankreich und den USA geht heute ein erneuertes Signal der vollen Solidarität und unverbrüchlichen Partnerschaft mit der Ukraine aus“, so der Vorsitzende der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe gegenüber dem RND. Dies sei erfreulicher, wichtiger und überfälliger Schritt gewesen. „Der Marder bietet die Kampfkraft und Flexibilität, die seitens der ukrainischen Streitkräfte dringend gebraucht werden. Vor allem bietet er auch den dringend benötigten Schutz für die Soldatinnen und Soldaten.“
Aber auch Wagener betonte: „Zur Wahrheit gehört heute auch, dass wir den Marder schon seitdem Frühjahr hätten liefern müssen. Unsere Zurückhaltung hatte leider keinerlei deeskalierenden Effekt auf den Kreml, dessen Ziel weiterhin die Unterwerfung der Ukraine bleibt – diese bittere Lehre müssen wir für die Zukunft ziehen.“
Lob aus der FDP
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), hat die amerikanisch-deutsche Entscheidung zur Lieferung von Schützenpanzern an die Ukraine begrüßt. „Es ist eine große Erleichterung, dass die Bundesregierung und speziell das Bundeskanzleramt den Weg endlich frei machen für Panzerlieferungen an die Ukraine. Diese Entscheidung kommt sehr spät, aber nicht zu spät“, teilte Strack-Zimmermann am Donnerstag mit. Forderungen danach hätten gewirkt. „Aber: Wir lassen nicht locker. Nach dem Marder kommt der Leopard. Ich bleibe dran.“
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Selenskyj-Beraterin: „In der Ukraine gelten derzeit 15.000 Menschen als vermisst“
In der Ukraine gelten seit Kriegsbeginn 15.000 Menschen als vermisst. Als Ombudsfrau für die Rechte von Soldatinnen und Soldaten hilft Alona Verbytska den Angehörigen bei der Suche. Dabei trifft sie ständig auf Menschen, die psychologisch in sehr schwieriger Verfassung sind.
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr (FDP) twitterte: „Wir werden die #Ukraine weiterhin bestmöglich unterstützen. Es ist richtig, dass wir den Schützenpanzer #Marder liefern und im Einklang mit unseren Verbündeten handeln. Deutschland und die USA gehen mit dieser Entscheidung einen wichtigen gemeinsamen Schritt.“
Die Lieferung des Schützenpanzers Marder erfolge „im Einklang mit den Verbündeten“, schrieb FDP-Chef Christian Lindner auf Twitter. „Es war richtig, auf Alleingänge zu verzichten, auch wenn Entscheidungen künftig schneller getroffen werden können. Die Durchhaltefähigkeit der Ukraine muss größer bleiben als Putins Grausamkeit“, schrieb er.
Zustimmung auch aus anderen Parteien. „Endlich Freigabe für #Marder, die viele Soldaten an der Front schützen & beim Kampf zur vollständigen Befreiung der #Ukraine helfen werden. Dazu mit #Patriot! Entscheidung ist zu spät, aber richtig, denn die Schützenpanzer werden Leben retten, deshalb bin ich sehr froh“, twitterte der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter.
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Selenskyj dankt Scholz
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). „Zusammen mit dem früher gelieferten Iris-T-System und den Gepard-Flugabwehrpanzern leistet Deutschland einen wichtigen Beitrag dazu, dass alle russischen Raketen abgefangen werden!“, schrieb Selenskyj am Donnerstagabend auf Twitter.
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Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, schrieb auf Twitter unterdessen die Hashtags „#Patriot“ und „#Marder“ sowie drei schwarz-rot-goldene Herzchen und die Worte „#DankeDeutschland“.
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Ablehnend äußerte sich Jan Korte, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Links-Fraktion im Bundestag. Er twitterte: „Scholz darf sich nicht von offensichtlich freidrehenden selbsterklärten Militärsachverständigen wie Strack-Zimmermann treiben lassen. Es war vor Monaten richtig, auch mit Blick auf eine mögliche Ausweitung des Konflikts, keine #Kampfpanzer zu liefern und das ist es auch heute.“
RND/dpa/stu