Wie Sunak und Macron das französisch-britische Verhältnis kitten wollen
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/EJWVKGDB7BAMLCAGGJF2PP4NF4.jpg)
Emmanuel Macron (rechts) und Rishi Sunak.
© Quelle: Getty Images
Paris. Die Gemeinsamkeiten stachen ins Auge, als Frankreichs Präsident am Freitag den britischen Premierminister im Hof des Élysée-Palastes in Paris begrüßte. Nur zweieinhalb Jahre trennen den 42-jährigen Rishi Sunak und den 45-jährigen Emmanuel Macron. Beide sind Ärztesöhne, ehemalige Geschäftsbanker und Finanzminister. Nach einem kometenhaften Aufstieg in der Politik befinden sie sich jeweils an der Spitze ihres Landes, stehen dort aber momentan Massenprotesten gegenüber. Positive Schlagzeilen können sie gebrauchen. Als gute Gelegenheit dazu erschien der franko-britische Regierungsgipfel, an dem sieben Minister von jeder Seite teilnahmen. Es war der erste seit fünf Jahren.
Beide Männer einte auch der Wille, neue Töne in den bilateralen Beziehungen anzuschlagen. Macron sprach von einem „guten Austausch“ mit Sunak, den er siezte, und einem „Neubeginn“ der Beziehungen. Auch begrüßte er den kürzlich getroffenen „Windsor-Deal“ zwischen der EU und London bezüglich Nordirland.
Mit Wohlwollen war in Paris vernommen worden, dass Sunak im Vorfeld Frankreich als „Freund, Partner, Alliierten“ bezeichnet hatte. Das klang ganz anders als das taktische Zögern seiner Vorgängerin Liz Truss im vergangenen Jahr auf die Frage hin, ob das Nachbarland ein Freund oder ein Feind sei. Truss befand sich damals im Wahlkampf um das Premierminister-Amt und blieb eine klare Antwort schuldig. Macron, der wiederum deren Vorgänger Boris Johnson einmal als „Clown“ bezeichnet hatte, reagierte verschnupft.
Abkommen zur Migration über Ärmelkanal
Nun wollte die französische Seite mithilfe des Treffens in erster Linie die angeschlagene Beziehung zu London kitten. Vor allem durch den Brexit und seine Umsetzung, bei der sich Macron oft als unnachgiebiger Gesprächspartner erwies, hat das nachbarschaftliche Verhältnis stark gelitten. Heftige Streitigkeiten gab es bezüglich der Fangrechte im Ärmelkanal, die inzwischen beigelegt wurden. Auch fühlte Paris sich infolge des U‑Boot-Deals „Aukus“ zwischen dem Vereinigten Königreich, den USA und Australien hintergangen, durch den ein bestehender Vertrag zwischen Frankreich und Australien ausgehebelt wurde.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/EZHJQQG67RD4LOGG3ATC7MQUTQ.jpg)
Hauptstadt-Radar
Persönliche Eindrücke und Hintergründe aus dem Berliner Regierungsviertel. Immer dienstags, donnerstags und samstags.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.
Ein ewiger Zankapfel zwischen beiden Ländern ist außerdem der Umgang mit den Migrantinnten und Migranten, die von Frankreich aus in kleinen Booten über den Ärmelkanal nach Großbritannien kommen. 2022 wurden 45.000 Menschen gezählt, so viele wie nie zuvor. Sunak will nun auf Abschreckung setzen, indem er Geflüchteten mit Internierung und sofortiger Abschiebung drohte – ohne das Recht auf Asyl. Alan Manning von der London School of Economics wies darauf hin, dass London „die Situation letztlich nur mit der Hilfe Frankreichs in den Griff bekommen kann“. So soll ein Abkommen, nach dem London verschärfte Grenzkontrollen auf französischer Seite mitfinanziert, nun noch ausgebaut werden. Sunak kündigte ein neues Aufnahmezentrum in Nordfrankreich, mehr Personal sowie den Einsatz von Drohnen und anderen technologischen Überwachungsmitteln an.
Ukraine als einendes Thema
Peter Ricketts, Ex-Botschafter Großbritanniens in Frankreich, zufolge erklärt sich die Annäherung beider Länder durch ein einziges Schlagwort: Ukraine. „Wir sind die beiden großen militärischen Mächte in Europa, da erscheint es irrsinnig, nicht stärker zusammenzuarbeiten“, sagte er. Verstärkt kooperieren will man unter anderem bei der Ausbildung ukrainischer Streitkräfte. Diese erhielten dadurch „einen entscheidenden Vorteil auf dem Schlachtfeld“, betonte Sunak. Fortgeführt werden soll zudem ein gemeinsames Rüstungsprojekt für einen Anti-Schiffs-Marschflugkörper.
Nicht zuletzt riefen der Premier und der Präsident eine „strategische Partnerschaft im Energiebereich“ aus, insbesondere hinsichtlich der Rolle der Kernenergie bei der Dekarbonisierung. Diese ist Macron, der mindestens sechs neue Atomreaktoren bauen lassen will, auf EU-Ebene ein Anliegen. Dort stößt er vor allem auf Widerstand der Deutschen.
Frankreich rühmt sich, in ein- und demselben Monat den britischen Premierminister zu empfangen und zugleich den ersten ausländischen Staatsbesuch von König Charles III. auszurichten. Ende März werden er und seine Frau Camilla in Paris und Bordeaux erwartet, bevor sie nach Deutschland weiterreisen.