Lauterbach schmettert Forderungen nach neuen Corona-Beschränkungen ab: „Müssen handeln, nicht klagen“
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Karl Lauterbach (SPD) ist Bundesminister für Gesundheit.
© Quelle: Christoph Soeder/dpa Pool/dpa
Berlin. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat am Montag mit den Gesundheitsministern und -ministerinnen der Länder über die Anwendung der Eingriffsmöglichkeiten beraten, die sie nach Änderungen des Infektionsschutzgesetzes haben. Angesichts anhaltend hoher Infektionszahlen kommen die Länder zusehends unter Druck, weitergehende Corona-Beschränkungen festzulegen. Für einen nahtlosen Anschluss müssten noch in dieser Woche Entscheidungen gefällt werden.
Nach der Gesundheitsministerkonferenz sagte Lauterbach, dass einige Länder zwar den Antrag gestellt hätten, das Infektionsschutzgesetz noch einmal anzupassen, dies sei aber abgelehnt worden. „Das überarbeitete Infektionsschutzgesetz bleibt die Grundlage der Maßnahmen, die wir in den nächsten Wochen und Monaten ergreifen werden.“
Lauterbach fordert Länder zur Anwendung der Hotspot-Regelung auf
Gegen geballten Protest der Länder hatte die Ampelkoalition eine neue bundesweite Rechtsgrundlage durchgesetzt, die nur noch wenige allgemeine Schutzregeln etwa zu Masken und Tests in Einrichtungen wie Kliniken und Pflegeheimen erlaubt. Die Länder können nach einer Übergangsfrist bis kommenden Samstag (2. April) aber für regionale Hotspots weitergehende Beschränkungen etwa mit mehr Maskenpflichten und Zugangsregeln verhängen, wenn das Landesparlament für die Hotspots eine kritische Lage feststellt. Mehrere Länder beklagen, dass mangels konkreter Kriterien dafür keine rechtssichere Regelung möglich sei.
Lauterbach betont hingegen nach der Gesundheitsministerkonferenz, die Länder erneut „ausdrücklich aufgefordert“ zu haben, von der eingeführten Hotspot-Regelung auch Gebrauch zu machen. Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern seien bereits auf dem Weg der Umsetzung. Auch ganze Bundesländer könnten, sollte dort die gesundheitliche Versorgung gefährdet sein, unter die Hotspot-Regelungen fallen. „Es ist also nicht so, dass die Hotspot-Regelung automatisch begrenzt ist auf Landkreise oder Städte.“
Das Nutzen der Hotspot-Regelung wäre auch noch einmal ein Zeichen in die Gesellschaft, dass die Corona-Pandemie noch nicht vorbei sei, sagte Lauterbach in Berlin. „Wir müssen handeln, nicht klagen.“ Man habe ein gutes Gesetz, das zu wenig genutzt wird.
Schwellenwerte, ab wann eine Region ein Hotspot ist, sind im Gesetz nicht beziffert. Generelle Voraussetzung ist, dass eine Überlastung der Klinikkapazitäten droht. Lauterbach hatte vier Kriterien dafür genannt und wollte sie auch seinen Länderkollegen und Länderkolleginnen erläutern: Erstens, wenn Kliniken die Notfallversorgung nicht mehr leisten könnten – wegen zu vieler Corona-Patienten oder Personalausfälle; zweitens, wenn sie planbare Eingriffe absagen oder drittens Patienten in andere Häuser verlegen müssten – sowie viertens, wenn Vorgaben zu einer Mindestpräsenz von Pflegekräften nicht eingehalten werden könnten.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr machte deutlich, dass die Hotspot-Regel auf Situationen ziele, wenn „in einzelnen Städten oder Kommunen“ eine Überlastung des Gesundheitssystems drohe. Sie sei „an strenge Voraussetzungen geknüpft und darf eindeutig nicht pauschal angewandt werden“, sagte er in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Länder seien nicht wehrlos. „Wer etwas anderes behauptet, hat entweder das Gesetz nicht verstanden oder scheut sich, Verantwortung zu tragen.“
Mecklenburg-Vorpommern hat bereits das ganze Land bis Ende April zum Hotspot erklärt, der Stadtstaat Hamburg plant dies ebenfalls.
Lauterbach aus rechtlichen Gründen gegen Verlängerung der Maskenpflicht
Lauterbach lehnte Forderungen des bayerischen Gesundheitsministers Klaus Holetschek (CSU) nach einer bundesweiten Verlängerung der Maskenpflicht bereits am Wochenende ab. „Es geht rechtlich nicht“, betonte er und stützt sich auf die juristische Bewertung des Justizministeriums. Lauterbach betonte aber, dass auch er selbst gerne die Maskenpflicht beibehalten hätte, wenn es rechtlich möglich gewesen wäre. Er appellierte an die Länder, dies in den Hotspots zu regeln, und forderte die großen Supermarktketten auf, in ihren Filialen bundesweit per Hausrecht die Maskenpflicht durchzusetzen.
Ein Großteil der Menschen in Deutschland will laut einer YouGov-Umfrage weiter Maske in Innenräumen tragen. 41 Prozent gaben an, dies etwa in Geschäften oder im Bahnverkehr auch ohne Maskenpflicht tun zu wollen. 27 Prozent sagten, sie würden dann hin und wieder Maske tragen, 9 Prozent selten. 17 Prozent der 714 Befragten gaben an, nie mehr eine Maske in Innenräumen aufsetzen zu wollen, wenn es keine Pflicht mehr gibt.
Lauterbach zur aktuellen Corona-Lage: „Pandemie bei weitem nicht vorbei“
„Die Pandemie ist bei weitem nicht vorbei. Von einem Freedom Day kann keine Rede sein, ganz im Gegenteil“, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.
© Quelle: Reuters
Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz blieb laut Robert Koch-Institut (RKI) zum Wochenstart auf hohem Niveau von nun 1700,6 nach 1714,2 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Einwohnerinnen in sieben Tagen am Vortag. Allerdings meldeten Baden-Württemberg und Brandenburg praktisch keine Fälle. Registriert wurden 20 Tote in 24 Stunden. Die Zahl der in Kliniken gekommenen coronainfizierten Patienten je 100.000 Einwohner in sieben Tagen gab das RKI mit 6,94 an (Freitag 7,39). Am höchsten war die Rate mit 16,39 in Mecklenburg-Vorpommern, am niedrigsten in Berlin mit 2,73.
RND/fw/dpa