Laschet will Lockerung der Quarantäne für Rückkehrer
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NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) mit einer Maske.
© Quelle: Bernd Thissen/dpa
Düsseldorf/Berlin. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) dringt auf eine weitere Lockerung der staatlichen Auflagen zur Eindämmung des Coronavirus. In der “Rheinischen Post” plädierte er dafür, die Quarantäne-Pflicht für Rückkehrer aus den europäischen Ländern zu lockern.
Zur Begründung verwies er auf das Ende des Lockdowns in Frankreich, wo die Menschen seit Montag wieder deutlich mehr Freiheiten haben. Zugleich bekräftigte er seine Forderung nach einer raschen Öffnung der deutschen Grenzen.
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Jeder, der aus dem Ausland nach Deutschland einreist, muss sich derzeit für zwei Wochen in Quarantäne begeben. Für Menschen, die mit einer Ausnahmegenehmigung einreisen - also etwa für Berufspendler - gilt diese Pflicht allerdings nicht.
Frankreich hatte am Montag seine strengen Ausgangsbeschränkungen gelockert. Die Bewegungsfreiheit bleibt aber eingeschränkt. Wer sich mehr als 100 Kilometer von seinem Wohnort fortbewegen möchte, braucht einen triftigen Grund.
Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff sprach sich ebenfalls gegen eine Quarantäne etwa für Rückkehrer aus Schweden und den Niederlanden aus. “Grenzen und Infektionen haben miteinander gar nichts zu tun,” sagte er im ARD-"Morgenmagazin". Er finde die Forderung von Laschet richtig.“Grenzen sollten immer nur dann geschlossen werden, wenn es ein Infektionsgeschehen gibt”, betonte Lambsdorff. Pauschale Grenzschließungen seien der falsche Weg.
Röttgen kritisiert Sorglosigkeit
Der CDU-Politiker Norbert Röttgen, wie Laschet Kandidat für den CDU-Vorsitz, kritisierte hingegen eine zu große Sorglosigkeit in Deutschland. “Durch die verfrühten Lockerungen werden die Menschen zu Verhaltensweisen ermuntert, die angesichts der Entwicklung der Pandemie nicht gerechtfertigt sind. Wenn sich das so weiter entwickelt, sind wieder Rückschläge zu befürchten - mit immensen gesundheitlichen, wirtschaftlichen und psychologischen Folgen”, sagte er der “Passauer Neuen Presse”.
Laschet war einer der ersten Spitzenpolitiker in Deutschland, der offensiv ein Ende der harten Einschränkungen gefordert hatte. Mit Blick auf die Lockerungen in Frankreich dringt er nun - ebenso wie der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) und seine rheinland-pfälzische Kollegin Malu Dreyer (SPD) - auf eine schnelle Öffnung der Grenzen zu den Nachbarstaaten.
Es schmerze ihn seit Wochen, dass die Europa-Brücke zwischen Kehl und Straßburg gesperrt sei, sagte Laschet der “Rheinischen Post”. “Dass sie ausgerechnet nicht nach Schengen über die Mosel dürfen und dort die Fahnen auf halbmast wehen, ist ebenfalls schmerzhaft.”
Rückdeckung für Seehofer
Röttgen empfahl dagegen einen Blick in die Nachbarländer: “Dort bestehen noch immer hohe Infektionszahlen. Wenn die Bundesregierung und die EU-Kommission darauf basierend weiterhin zum Verzicht auf Reisen anhalten, sehe ich keinen Grund, dass wir uns mehr Freizügigkeit erlauben können”, sagte er.
Der CDU-Innenexperte Armin Schuster äußerte sich ähnlich. „Ich unterstütze ausdrücklich den Kurs des Bundesinnenministeriums“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Wir sollten die Grenzkontrollen nicht sofort beenden, weil das nicht synchron laufen würde zu den inländischen Lockerungen. Außerdem behalten andere Länder ihre Grenzkontrollen ebenfalls bei. Würden wir die Kontrollen komplett aufheben, wäre es Gesundheitsämtern in bestimmten Landkreisen nicht mehr möglich, Infektionsketten nachzuvollziehen.“
Schuster sprach sich deshalb auch für die Fortführung der Quarantäne-Regelung aus: „Wir sollten Menschen, die sich länger als 48 Stunden im Ausland aufgehalten haben, oder Drittstaatler weiter in Quarantäne schicken. Diese Regelung sollten wir nicht lockern. So weit sind wir noch nicht.“
Der CDU-Politiker plädierte stattdessen dafür, „mehr Grenzübergänge als jetzt zu öffnen und all jene ein- und ausreisen zu lassen, die in Grenzgebieten leben. An dem Regler kann man drehen.“
Merkel und Macron für Lockerungen
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der französische Präsident Emmanuel Macron haben offenbar über Lockerungen im deutsch-französischen Grenzverkehr beraten. Laut dem Online-Portal The Pioneer streben beide eine Lösung an, die für die Bürger beider Länder gleichermaßen gilt, bestenfalls sogar darüber hinaus. Beide hätten am Montagabend miteinander telefoniert.
Seit Wochen darf nur nach Deutschland einreisen, wer einen wichtigen Grund vorweisen kann. Das sind beispielsweise Lastwagenfahrer, Angehörige medizinischer Berufe oder Berufspendler. Zudem gibt es an den Grenzen zu Dänemark, Frankreich, Luxemburg, der Schweiz und Österreich stationäre Grenzkontrollen.
Gericht setzt Quarantänepflicht aus
Am Montag hatte sich bereits das CDU-Präsidium für eine zügige Öffnung der Grenzen zu den Nachbarländern ausgesprochen - unter Beibehaltung der Sicherheitsstandards.
Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte zuletzt erklärt, es bestehe Einvernehmen in der Bundesregierung, die Kontrollen zunächst bis zum 15. Mai fortzusetzen. Im Laufe der Woche soll über das weitere Vorgehen entschieden werden.
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht setzte am Montagabend die generelle Quarantänepflicht für Einreisende aus dem Ausland außer Vollzug. Die Richter gaben damit dem Eilantrag des Eigentümers eines Ferienhauses in Schweden statt. Konkret bemängelten sie einen Paragrafen der niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen.
Das Infektionsschutzgesetz lasse eine Regelung durch Rechtsverordnung nur zu, wenn bestimmte Voraussetzungen vorlägen, argumentierten sie. Das Gesetz sehe Quarantäne nur für bestimmte Personen vor - etwa Kranke oder Krankheitsverdächtige. Im Hinblick auf die weltweiten Fallzahlen könne aber auch bei Berücksichtigung einer hohen Dunkelziffer ein aus dem Ausland Einreisender nicht pauschal als Krankheits- oder Ansteckungsverdächtiger angesehen werden.
RND/mdc/dpa