Lanz spricht mit Obama über dessen erste Amtszeit – und Trump ist allgegenwärtig

Markus Lanz und Barack Obama beim Interview.

Markus Lanz und Barack Obama beim Interview.

Berlin. Es ist ein Ausflug in vergangene Zeiten. Solche nämlich, in denen im Weißen Haus ein Mann mit Wortgewandtheit und Empathie wohnte. Als nicht Pöbeleien und Reden in Superlativen an der Tagesordnung waren. Sondern souveränes, staatsmännisches und zugleich lässiges Auftreten. Zeiten, in denen Barack Obama US-Präsident war.

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ZDF-Moderator Markus Lanz war eigens nach Washington gereist, um mit Obama über ebendiese Zeiten zu sprechen. Denn die erste Phase dieser acht Jahre hat das erste schwarze US-Staatsoberhaupt zum Thema seines neuen Buches gemacht. In „Ein verheißenes Land” beschreibt Obama seinen Weg ins Weiße Haus und reflektiert die Herausforderungen, die er in seiner ersten Amtszeit bewältigen musste.

Dir wird klar, dass alle Nachrichten in der Zeitung und im TV, alle Probleme weltweit jetzt deine eigenen Probleme sind.

Barack Obama, Ex-Präsident der USA

Obama: Alle Probleme weltweit jetzt eigene Probleme

Das aufgezeichnete Gespräch von Obama mit Lanz war Donnerstagnacht in dessen Sendung zu sehen. Dazu hatte sich der Moderator den strategischen Berater Julius van de Laar eingeladen, der einst Wahlkampfberater Obamas war, und die Juristin Sandra Navidi, die die globale Finanzkrise 2008 in den USA miterlebt hat.

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Die Finanzkrise prägte Obamas erste Amtszeit. Bevor er überhaupt ins Weiße Haus zog, lastete auf ihm die riesige Verantwortung, mit dem drohenden Kollaps des Bankensystems und hoher Arbeitslosigkeit umzugehen. So schildert es Obama im Gespräch mit Lanz.

Und so, erzählt er, sei ihm beim Einzug ins Oval Office vor allem eines klargeworden: „Dir wird klar, dass alle Nachrichten in der Zeitung und im TV, alle Probleme weltweit jetzt deine eigenen Probleme sind.“

Da verwundert es wenig, dass Obama sich in seinen Memoiren viel Raum nimmt, um diese Probleme zu beschreiben. Mehr als 1000 Seiten sind am Ende dabei herausgekommen. Eine Tatsache, die Lanz im Interview humorvoll verarbeitet. Er lobt das Buch und kommt dann zu dem Resümee: „Die einzige kleine Sache, die mich stört, ist, dass es ein bisschen kurz ist.”

Ein Spaß, den Obama mit einem Grinsen im Gesicht kommentiert: „Ich würde mich gern kürzer fassen können, aber die Zeit war nun mal sehr ereignisreich.”

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Plötzlich lacht Obama los

Und so pariert Obama stets lässig, souverän und mit Humor die Fragen des ZDF-Moderators. Lachen muss er gar, als Lanz ihn fragt, wie er reagieren würde, wenn sich am Ende herausstellte, dass Ehefrau Michelle mehr Exemplare ihres Buches verkauft hat als er. Denn Lanz schiebt hinterher: „Werden Sie das Ergebnis akzeptieren oder werden Sie vor Gericht ziehen und eine Nachzählung verlangen?” – und spricht damit erstmals indirekt Donald Trump an, dessen gemeinsame Geschichte mit Obama zu einem Schlüsselpunkt der Sendung gerät.

Erst einmal antwortet Obama jedoch im Stile des Mannes, der – wie Lanz sagt – Menschen auf der ganzen Welt fasziniert: „Ich habe schon kapituliert. Michelles Buch war großartig.” Zwei Sätze, die zeigen, was Obama so sehr von Trump unterscheidet: Er kann sich selbst zurücknehmen.

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Fast vier Jahre lang musste er mit ansehen, wie Trump alles einzureißen versuchte, was er aufgebaut hatte. Der Republikaner stieg aus dem Atomabkommen mit dem Iran aus, krempelte die Einwanderungspolitik um und nahm Obamas Gesundheitsreform in Beschuss.

Obama spricht über Geburtsverschwörungserzählung

Doch warum eigentlich hatte es Trump so auf Obama abgesehen, fragt sich Markus Lanz. Schon während Obamas erster Amtszeit greift der Republikaner das Gerücht auf, Obama sei nicht in den USA geboren worden und streut es über alle Medien, die ihm die Möglichkeit geben.

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„Diese rassistische Verschwörungserzählung geisterte da schon ein paar Jahre lang durchs Internet”, sagt Obama. Für ihn sei es frustrierend gewesen, dass er sich mit diesen Vorwürfen auseinandersetzen musste.

Wann hat Trump entschieden, Präsident werden zu wollen?

Und es kommt zu einem Ereignis, das viele als den Moment ansehen, in dem Trump entschieden hat, für die Präsidentschaft zu kandidieren, wird Strategieberater van de Laar später nach der Ausstrahlung des Interviews sagen.

Während einer alljährlich stattfindenden Medienveranstaltung steht Obama 2011 im Weißen Haus auf der Bühne und macht sich über Trumps Fixierung auf die Geburtenverschwörungserzählung lustig. Ein in der Sendung eingespielter Clip zeigt, wie Obama damals ein Video von seiner Geburt ankündigt. „Niemand hat es in den letzten 50 Jahren gesehen – nicht mal ich”, sagt Obama. Dann folgt eine Szene aus „König der Löwen“ und die Menge johlt.

Obama fungierte als eine Art Stand-up-Comedian, wie es bei diesem Event üblich ist, sagt van de Laar. Alle hätten dort über Trump gelacht und ihn verhöhnt, während parallel Osama bin Laden ausgeschaltet wurde.

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„Es ist ja bekannt, dass Trump keinen guten Humor hat”, sagt Juristin Navidi. „Er hat das vermutlich als große Kränkung empfunden.”

Obama selbst äußert sich im Interview ebenfalls kritisch über Trump. Vor allem mit Blick auf dessen Verweigerung, den Wahlsieg Joe Bidens anzuerkennen. „Schaut man auf sein Verhalten der letzten vier Jahre, verwundert es nicht, dass er nicht die Größe hat, seine Niederlage anzuerkennen”, sagt er.

Lanz fragt Obama nach Drohnenangriffen

Doch nicht nur Trump wird kritisch beleuchtet. Irgendwann geht Lanz zu den ernsten Fragen über. Eine Sache, für die Obama immer wieder kritisiert wird, sind die vielen Drohnenangriffe, die er in seiner Zeit als Präsident genehmigt hat. Ob er deshalb je schlaflose Nächte hatte, will Lanz wissen.

„Ich habe mich damit nie wohlgefühlt und nie abgefunden, dass es Menschenleben kostete”, sagt Obama. In jedem Krieg aber gebe es Tragödien. Auch bei gerechtfertigten Kriegen. Doch schlaflose Nächte habe er deshalb nur selten gehabt. „Meistens war ich von der Arbeit so erledigt, dass ich sofort einschlief.”

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Zum Schluss wechselt Lanz dann wieder zu einem deutlich angenehmeren Thema für Obama. Wie die Tatsache, dass er ständig von Frauen umgeben ist, seinen Charakter geformt habe, fragt Lanz.

„Dass ich stets von starken Frauen umgeben war, hat mir klar gezeigt, wie wichtig es ist, Frauen Gehör zu schenken”, antwortet Obama. Auch sei es wichtig, dass sie Führungsverantwortung bekämen. Frauen, so Obama, würden weniger von ihrem Ego angetrieben als Männer.

Seine Frau Michelle und seine Töchter hätten ihn gerade in „dieser verrückten Zeit” als Präsident davor bewahrt, den Verstand zu verlieren.

Obama: Merkel eine meiner liebsten Partnerinnen auf der Weltbühne

Und auch zu einer weiteren Frau äußert er sich. Kanzlerin Angela Merkel, sagt er, sei eine seiner liebsten Partnerinnen auf der politischen Weltbühne gewesen.

Am Ende des Interviews bleibt der Eindruck: Lanz hat es geschickt hinbekommen, zwischen lockeren und inhaltlich härteren Fragen zu variieren. In rund 40 Minuten hat er viele Themen angesprochen, Tiefe konnte in der Kürze der Zeit gleichwohl nicht entstehen.

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Obama zeigt sich reflektiert, selbstkritisch und differenzierend. Lanz attestiert ihm am Ende der Sendung Humor, Charisma und die Lässigkeit eines Sportlers.

Die Sendung erinnert daran, wie schwer die Vorzeichen vor Obamas erster Amtszeit waren. Doch Joe Biden erwartet nun vielleicht eine noch schwierigere Aufgabe. Denn, so bringt es Navidi abschließend auf den Punkt, anders als 2008 in der Finanzkrise geht es in der Corona-Krise nicht nur um wirtschaftliche Existenzen, sondern auch um Menschenleben.

RND

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