Landtagswahl in Niedersachsen: Diese Themen interessieren die Bürgerinnen und Bürger
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Der Plenarsaal des niedersächsischen Landtags in Hannover.
© Quelle: Hauke-Christian Dittrich/dpa
Hannover. Am 9. Oktober wird in Niedersachsen gewählt, und der Wahlkampf kennt nur ein Thema: die Energiekrise. Alles Landespolitische ist schon vor Wochen in den Hintergrund gerückt. „Viele Niedersachsen können sich gerade gedanklich noch nicht auf diese Landtagswahl einlassen. Und das kann ich auch gut verstehen“, sagt etwa die Spitzenkandidatin der Grünen, Julia Willie Hamburg. So könnte die Landtagswahl zu einer Abstimmung über die Krisenpolitik der Ampelkoalition auf Bundesebene werden. Eine Chance sieht darin vor allem die CDU, die zwar im Land, aber nicht im Bund mitregiert.
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Diese Themen bestimmen Landtagswahl in Niedersachsen
Dabei gäbe es auch auf Landesebene viel zu diskutieren. Den eklatanten Personalmangel an Schulen und Kitas zum Beispiel. Den Umbau der Landwirtschaft im Land der Schweine- und Geflügelhalter. Die Transformation der Auto- und Zulieferindustrie, die Zigtausende Jobs auf links dreht. Die Klimaziele oder die Corona-Politik.
Doch seit Russlands Angriff auf die Ukraine dreht sich der Wahlkampf um Energieversorgung und Entlastungen. Ministerpräsident Stephan Weil von der SPD präsentiert sich dabei als erfahrener Krisenmanager, mit einem engen Draht zu Bundeskanzler Olaf Scholz. Weil will Niedersachsen als Energie-Drehscheibe Deutschlands etablieren - auch wenn er frühere Positionen dafür aufgeben muss. Denn neben dem Ausbau von Wind- und Solarenergie werden an der Küste gerade nicht nur LNG-Terminals für flüssiges Erdgas im Rekordtempo durchgedrückt, auch die Gasförderung in der Nordsee ist auf einmal gewollt. CDU und FDP versuchen zudem, mit einer Weiternutzung der Atomkraft zu punkten.
In Sachen Entlastung hat Weil zudem ein Landesprogramm von 970 Millionen Euro in Aussicht gestellt, finanziert aus höheren Steuereinnahmen. Sein Herausforderer von der CDU, Bernd Althusmann, bezeichnet das hingegen als unseriöses Wahlkampfmanöver und sieht vor allem den Bund in der Pflicht, die Energiepreise zu senken.
Diese Kandidaten treten bei der Landtagswahl in Niedersachsen an
Wie schon 2017 wird die Niedersachsen-Wahl ein Duell von Weil als Amtsinhaber und Althusmann als Herausforderer. Bei einer Wiederwahl könnte Weil, der schon seit 2013 regiert, sogar Rekordhalter Ernst Albrecht als Regierungschef mit der längsten Amtszeit in Niedersachsen ablösen. Sein Vorsprung ist aber überschaubar.
Zurückzuführen ist das Kopf-an-Kopf-Rennen indes eher auf den schwachen Bundestrend der SPD denn auf eine wiedererstarkte CDU. Deren Umfragewerte stagnieren seit Monaten. Und im direkten Vergleich von Weil und Althusmann schneidet der SPD-Mann in den Umfragen regelmäßig klar besser ab. So gaben zuletzt sogar 15 Prozent der CDU-Anhänger an, lieber Weil weiterhin im Amt zu sehen als den derzeitigen Wirtschaftsminister. Weils ruhiges, immer freundliches Auftreten gefällt offensichtlich, auch wenn seine Konkurrenz ihm diese Art als dröge und konfliktscheu auslegt.
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Wahl-O-Mat zur Landtagswahl in Niedersachsen: Welche Partei stimmt mit mir überein?
Am 9. Oktober 2022 wählen die Menschen in Niedersachsen einen neuen Landtag. Hilfe bei der Wahlentscheidung kommt wie gewohnt vom Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung. Hier können Sie das Onlinetool nutzen.
Umfragen zur Landtagswahl in Niedersachsen
In den jüngsten Umfragen lag die SPD bei 29 bis 32 Prozent, gefolgt von der CDU mit 26 bis 28 Prozent. Mit Werten um die 20 Prozent dürften die Grünen das Zünglein an der Waage sein, wenn es um die Regierungsbildung geht. Für die von Weil angepeilte Neuauflage von Rot-Grün gab es bisher eine hauchdünne Umfrage-Mehrheit. Vorsorglich hat sich der SPD-Kandidat aber auch schon zu einer Ampel mit der FDP bereit erklärt. Die war 2017 noch an den Liberalen gescheitert.
Eine Koalition von CDU und Grünen - wie seit diesem Jahr in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein - dürfte in Niedersachsen wohl nur dann eine ernsthafte Option werden, wenn die CDU die SPD noch als stärkste Kraft ablöst. Womöglich müsste Schwarz-Grün dann auch noch auf die FDP als dritten Partner setzen.
Allerdings sind die Liberalen auf Talfahrt: Von 10 Prozent und mehr vor einem Jahr sind sie bis auf 5 Prozent abgestürzt und müssen sogar noch um den Einzug in den Landtag bangen. Die AfD kann mit 7 bis 9 Prozent damit rechnen, den 2020 nach internen Streitigkeiten wegen mehrerer Austritte verlorenen Fraktionsstatus wiederzuerlangen. Die Linke (3 bis 4 Prozent) könnte den Einzug erneut verpassen.
Noch völlig offen ist, was der Fokus auf die Energie- und Bundespolitik für die Wahlbeteiligung bedeutet. Treibt er die Menschen an die Urne oder hält er sie fern? Erwartet wird in jedem Fall ein hoher Anteil an Briefwählern.
Landtagswahl in Niedersachsen: Der Blick aus Berlin
Die Bundes-SPD blickt der Niedersachsen-Wahl demonstrativ gelassen entgegen und gibt sich extrem siegessicher. Über eine Niederlage von Weil will niemand laut nachdenken. Sollte die Wahl doch verloren gehen, wäre die Erschütterung aber sicher bis Berlin zu spüren. Der latente Frust über den Absturz in den bundesweiten Umfragen seit der Bundestagswahl könnte sich Bahn brechen.
Mindestens genauso gefährlich für den Koalitionsfrieden wie eine SPD-Niederlage wäre ein Scheitern der FDP an der Fünf-Prozent-Hürde. Das könnte den Krawallfaktor gerade zwischen Liberalen und Grünen weiter erhöhen – vor allem mit Blick auf eine mögliche Zuspitzung der Energiekrise im Winter, mögliche weitere Entlastungsmaßnahmen, den Streit um die Atomkraft und die Schuldenbremse.
CDU-Chef Friedrich Merz hofft indes, dass seine Partei die Serie von Wahlerfolgen seit seinem Amtsantritt Ende Januar fortsetzen kann. Nachdem die CDU Ende März im Saarland aus der Regierung geflogen war, konnte sie im Mai in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen die Ministerpräsidentenposten verteidigen. Auch für Merz bedeutete das Rückenwind für seinen Kurs der Erneuerung der CDU in der Opposition.
Würde in Niedersachsen nun auch noch Althusmann gewählt, dürfte das für Merz der perfekte Ausstieg aus der Wahlserie dieses Jahres sein. Ob er sich allerdings einen Gefallen getan hat, als er am Montagabend bei Bild TV über einen angeblichen „Sozialtourismus“ von Ukraine-Flüchtlingen in Deutschland räsonierte, dürfte sich erst am Wahlabend bei den Analysen zeigen. Zwar entschuldigte sich Merz am Morgen danach. Ob dies allerdings Anhänger von SPD und Grünen beeindruckt, die die CDU wohl für einen Wahlsieg bräuchte?
Weitere Wahlkämpfe werden die Bundespolitik nach der Niedersachsen-Wahl erst einmal nicht begleiten. Erst im Mai 2023 wird wieder in einem Bundesland gewählt und dann auch nur in dem kleinsten: Bremen. Die nächsten größeren Wahlen finden erst im Herbst 2023 in Bayern und Hessen statt.
RND/dpa