„Längst überfällig“: Russlands Militärkonvoi ist plötzlich verschwunden – Warnung vor Angriff auf Kiew
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Dieses von Maxar Technologies zur Verfügung gestellte Satellitenbild zeigt russische Bodentruppen mit Militärfahrzeugen in einem Konvoi nordöstlich von Iwankiw in der Ukraine, der sich in Richtung Kiew bewegt.
© Quelle: Uncredited/Maxar Technologies/AP
Mehr als zwei Wochen nach Beginn des russischen Kriegs auf die Ukraine hat sich der kilometerlange Militärkonvoi vor der ukrainischen Hauptstadt Kiew aufgelöst. Wie Satellitenbilder zeigen, haben sich die russischen Panzer, Artilleriegeschütze und gepanzerte Fahrzeuge nun in kleineren Orten und Wäldern nördlich von Kiew zurückgezogen. Russische Einheiten wurden in der Nähe des Antonow-Flughafens gesehen, Haubitzen wurden in Stellung gebracht.
Für Ex-Nato-General Hans-Lothar Domröse sei dies aus russischer Perspektive ein „längst überfälliger“ Schritt, wie er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) sagte. Denn für das ukrainische Militär habe der lange Konvoi ein einfaches Ziel dargestellt. In Fachkreisen hätten sich die russischen Truppen laut Domröse als „völlig inkompetent“ erwiesen.
Der Konvoi kam in den vergangenen Tagen kaum voran. Die ukrainischen Truppen beschossen die Fahrzeuge mit Panzerabwehrraketen, und es gab massive Versorgungsengpässe. „Schon jetzt sehen wir, dass Russland die logistische Versorgung der Truppen mit Sprit, Essen und Medizin nicht hinbekommt“, sagte der ehemalige Nato-General.
Die russischen Truppen konnten bisher kaum Gebiete unter ihre Kontrolle bringen, so der Bericht des ukrainischen Generalstabs. Auch Domröse stellt fest, dass die Fortschritte Russlands sehr gering seien. „Zwei Wochen nach Beginn der Angriffe ist klar, dass Putin diesen Krieg nicht gewinnen kann“, so seine Bilanz.
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Russland kämpft an vier großen Fronten und sei laut dem Experten nur im Süden rund um die Krim erfolgreich. „Dort gibt es am meisten Landgewinne, aber die Kämpfe in Mariupol und anderen Städten gehen trotzdem weiter“, so Domröse. Nun hat das russische Militär nach eigenen Angaben den Ring um Mariupol enger gezogen. Hunderttausende sitzen dort fest, es fehlt an Strom, Lebensmitteln und Wasser.
Nahe Kiew: Ukrainische Soldaten auf dem Weg ins Gefecht
Journalisten haben eine Einheit in der Nähe von Kiew begleitet und wurden dabei in ein Feuergefecht verwickelt.
© Quelle: Reuters
Laut ukrainischem Generalstab versuchen russische Streitkräfte, die Kontrolle über die Stadt Mykolayiw zu erlangen und sich in östliche Richtung zu den Städten Krywyj Rih und Saporischschja vorzukämpfen. „Die russischen Truppen kämpfen sich brutal durch die Ukraine“, beobachtet Domröse. Aber sie würden es kaum schaffen, die einmal eroberten Gebiete über einen längeren Zeitraum zu kontrollieren. An den Fronten im Donbass und in Charkiw und Kiew konnte Russland zuletzt auch keine größeren Raumgewinne machen, so der Experte. Die Stadt Wolnowacha haben russische Streitkräfte erst nach einer elftägigen Belagerung in der Nacht zu Freitag einnehmen können.
In Londoner Regierungskreisen geht man jedoch davon aus, dass Russland in den nächsten Tagen die Angriffe auf Kiew ausweiten wird. „Russland wird seine Kräfte für weitere Offensiven neu aufstellen. Das wird voraussichtlich auch Angriffe auf die Hauptstadt Kiew einschließen“, heißt es in einer Mitteilung des britischen Verteidigungsministeriums.
Die ukrainische Armee hat am Freitag nach eigenen Angaben russische Soldaten an mehreren Orten zurückdrängen können. Demnach wurden russische Streitkräfte im Norden der Ukraine nahe der Stadt Tschernihiw gestoppt, und im Osten rund um Charkiw wehrt sich die ukrainische Armee ebenfalls weiter gegen russische Angriffe. Militärexperte Domröse macht unter anderem die mangelnde Vernetzung der Soldaten für die Rückschläge verantwortlich. „Es gibt praktisch keine Digitalisierung.“ Der Häuserkampf in den Städten begünstige zudem die ukrainischen Verteidiger, die durch U-Bahn-Schächte und die Kanalisation schnell russische Truppen angreifen und wieder verschwinden können.
Russland hatte vor mehr als zwei Wochen einen Krieg gegen das Nachbarland Ukraine begonnen. Nach UN-Angaben sind mehr als 500 Zivilisten getötet worden, mehr als 2,5 Millionen Menschen sind auf der Flucht.