Kopierte Weltmarken in Russland: Wenn aus Ikea das Swed House wird
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Eine Filiale der Ikea-Kopie Swed House in Moskau.
© Quelle: Paul Katzenberger
Moskau. Ein Leben ohne Ikea würde manch Deutschem wohl schwerfallen, genauso wie der Verzicht auf McDonald’s, Starbucks, H&M oder Zara. Für die russischen Konsumentinnen und Konsumenten ist diese Einschränkung zur Realität geworden – sie mussten sich im Verlauf des vergangenen Jahres von diesen und anderen Marken verabschieden, die auch sie liebgewonnen hatten. Die dahinterstehenden Konzerne aus dem Westen haben sich wegen des russischen Feldzugs gegen die Ukraine aus Russland zurückgezogen.
Eine tiefergreifende Umstellung ihrer Konsumgewohnheiten wird den Menschen in Russland deswegen aber wohl nicht abverlangt werden, wie sich inzwischen immer deutlicher herausstellt.
Den Anfang bei der Wiederherstellung des gewohnten Lebensstils machte vor knapp einem Jahr die russische Kette Wkusno i Totschka (Lecker und Punkt), die alle 847 damaligen McDonald’s-Filialen in Russland übernahm und inzwischen als Klon des weltweiten Fast-Food-Branchenführers flächendeckend in Russland präsent ist. Das grün-orangefarbene Logo von Wkusno i Totschka sieht etwas anders aus als das goldene M, aber ansonsten bietet der Nachfolger genau das, was McDonald’s rund um den Globus etabliert hat: moderne und großflächige Schnellrestaurants mit digitalen Bestellpunkten, in denen der Anspruch „billig, schnell und lecker“ eingelöst wird.
Kokoschnik statt Krone
Im August 2022 öffnete zwei Monate nach Wkusno i Totschka Stars Coffee seine Pforten in Russland – ein Pendant der US‑Kaffeehauskette Starbucks. Dass der neue Anbieter das Konzept des Vorgängers einfach kopierte, wurde bei Stars Coffee noch deutlicher als bei Lecker und Punkt: Das Logo des neuen russischen SB‑Cafés zeigt im Zentrum eines Kreises das Gesicht einer Frau mit langen Haaren. Im zweiten äußeren Kreis prangen der Name der Kette und zwei Sterne – genauso wie bei dem Markenlogo, das Starbucks bis 2011 verwendet hatte. Sogar die Farben Grün und Schwarz gleichen sich.
Man muss schon sehr genau hinsehen, um zu erkennen, dass die Frau auf dem neuen Firmenzeichen nicht von Flossen flankiert wird und statt einer Krone den russischen Kokoschnik-Kopfschmuck trägt. Die berühmte Starbucks-Nixe soll sie also wohl nicht sein.
Die Filialen sind aber weitgehend dieselben. Wer in Moskau etwa bei Stars Coffee an der Metrostation Frunzenskaja einkehrt, könnte meinen, in dem Starbucks-Café gelandet zu sein, das hier bis Anfang 2022 die Gäste bewirtete: Die Atmosphäre ist zum Verwechseln ähnlich, die Qualität stimmt und der Vorname wird bei der Bestellung immer noch auf den Pappbecher geschrieben.
Markenrechte in einer Autokratie durchzusetzen ist relativ schwierig.
Karsten Kilian,
Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt
„Das entzaubert die Marke“
Starbucks hat gegen die dreiste Nachahmung bislang nichts unternommen, und das hat gute Gründe: Das Logo des Unternehmens aus Seattle sieht seit 2011 eben doch etwas anders aus – die Kreise, die Farbe Schwarz und die zwei Sterne am Rand fehlen. Eine Markenrechtsverletzung wäre juristisch kaum zu erwirken, vor allem nicht in Russland: „Markenrechte in einer Autokratie durchzusetzen ist relativ schwierig“, sagt Markenexperte Karsten Kilian von der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Zudem ist es erforderlich, mit Anwälten eines Landes im Krieg zusammenzuarbeiten. Das gestaltet sich äußerst kompliziert. Deshalb verzichten die meisten Unternehmen auf den Versuch, ihre Markenrechte zu verteidigen.“
Für die betroffenen Rechteinhaber ist das sehr unschön: „Was da passiert, ist prinzipiell der Markensupergau“, sagt der Markensoziologe Arnd Zschiesche. „Ich bin Bahlsen und in einem anderen Land nennt sich jemand plötzlich Cahlsen und stellt genau meine Kekse in meiner Qualität und mit 53 Zähnen her – und ich kann nichts dagegen tun. Das entzaubert die Marke, weil sie vom Glauben der Kundschaft lebt, einzigartig und spezifisch zu sein. Prinzipiell gilt: Wenn im Tagesgeschäft jemand unter einem leicht geänderten Branding exakt dieselbe Leistung erbringt wie eine eingeführte Erfolgsmarke, dann ist es kein Wunder, dass das funktioniert, denn Marken sind ‚nur’ kollektiv erlernte Gewohnheitsmuster. Marken existieren, weil Menschen Gewohnheiten lieben – solange die vertraute Leistung erbracht wird, klappt das bei Marken des täglichen Bedarfs auch unter einem anderen Namen.
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Wie ukrainische Kinder zu russischen Patrioten umerzogen werden
Verschleppt und umerzogen: In eigenen Lagern, auf der Krim und in Russland, werden Tausende ukrainische Kinder einer Gehirnwäsche unterzogen, die ihre Identität ausradieren soll. Viele Eltern sind verzweifelt. Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft ermittelt wegen Kriegsverbrechen in Tausenden Fällen.
Warum es schlau sein könnte, die Nachahmer gewähren zu lassen
Allerdings schlössen die Unternehmen offensichtlich nicht aus, eines Tages auf den russischen Markt zurückzukehren: „Es wäre total spannend, die Verträge zu lesen, die McDonald’s und Starbucks mit Lecker und Punkt sowie Stars Coffee abgeschlossen haben“, sagt Zschiesche. „Ich halte es für denkbar, dass man sich Vorkaufs- und Rückkehroptionen gesichert und intern gesagt hat: ‚Die Wahrscheinlichkeit, dass Russland nach Kriegsende zum Kommunismus zurückkehren wird, ist sehr gering. Und wir wissen, wie schnell und flüchtig die Weltpolitik ist.’“
Deswegen glaubt der Marketingexperte, dass eine zweite strategische Überlegung eine Rolle gespielt haben könnte: „Sollte es zu einer Wiederbelebung des früheren Geschäfts in Russland kommen, ist es speziell für Alltagsmarken besser, in der Zwischenzeit nicht komplett aus dem Straßenbild verschwunden zu sein. Dass eine Marke erfolgreich kopiert wird, ist schlecht für sie. Aber es ist für sie vielleicht noch schlimmer, wenn sie vergessen und durch eine komplett anders auftretende Alternative ersetzt wird. Und letztere Überlegung war wohl die stärkere strategische Karte, die dann gezogen hat. Oder die bittere Pille, die man zwangsweise schlucken musste.“
Insofern ist nun offensichtlich auch Yum! Brands, US‑Inhaber der Markenrechte an Kentucky Fried Chicken (KFC), schmerzfrei, wenn die im April wiederbelebte russische Kette Rostic’s mit ihrem Branding deutlich darauf verweist, dass man bei ihr von nun an dasselbe paniert-frittierte Hähnchenfleisch serviert bekommt wie bisher von KFC. Die 1930 als Sanders & Court Café in Kentucky gegründete Kette zieht sich im Augenblick Schritt für Schritt aus Russland zurück, wobei die von ihr aufgegebenen Schnellrestaurants von Rostic’s übernommen werden.
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Bei Rostic’s heißen die meisten Speisen sogar weiterhin wie bisher bei Kentucky Fried Chicken.
© Quelle: Paul Katzenberger
Das bekannte rot-weiß-schwarze KFC-Firmenlogo mit dem ikonischen Konterfei von Oberst Harold Sanders dient offensichtlich als Vorlage des neuen Rostic’s-Markenzeichens. Das zeigt natürlich nicht den KFC-Firmengründer sondern nur ein R, doch die Farben, die Schriftart und die geometrische Anordnung beider Logos sind sehr ähnlich. Die angebotenen Speisen sollen nicht nur dieselben sein wie bei Kentucky Fried Chicken, sie sollen sogar weiterhin so heißen wie bisher. Nur die KFC-Verkaufsschlager Twister und Boxmaster darf Rostic’s nicht mehr unter dem Namen anbieten. Sie heißen nun Schefroll und Rostmaster.
Der Nachfolger kommt aus Udmurtien
Der weltgrößte Systemgastronomiekonzern Yum! Brands betrieb in Russland bislang 70 Filialen in Eigenregie. Circa 1000 KFC-Schnellrestaurants waren darüber hinaus in der Hand der spanischen Amrest Holdings SE (215 Filialen) oder von Franchisenehmern. Bei dieser komplizierten Eigentümerstruktur bedurfte es einiger Zeit, den Abzug von Kentucky Fried Chicken aus Russland zu organisieren. Das erklärt, warum er erst jetzt und nicht auf einen Schlag erfolgt. Denn Amrest fand erst nach einigem Hin und Her einen geeigneten Käufer für seine Standorte. Im Dezember hieß es noch, sie seien an den russischen Immobilieninvestor Almira LLC gegangen, doch im Februar meldeten russische Medien, dass dieses Geschäft storniert worden sei. Als neuer Eigentümer wurde nun vielmehr das Unternehmen Smart Service genannt, das bereits die 70 KFC-Schnellrestaurants von Yum! Brands übernommen hatte.
Eigentümer von Smart Service sind Konstantin Kotow und Andrej Oskolkow, die mit ihrer Firma bislang 41 KFC-Filialen als Franchisenehmer unter anderem in der russischen Region Perm sowie in der Udmurtischen und Tatarischen Republik im europäischen Teil Russlands betrieben. Nach dem Abschluss aller bisherigen Transaktionen verfügt Smart Service nun russlandweit über 326 Standorte.
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Herr Scholz, was muss geschehen, damit der Krieg durch Verhandlungen beendet werden kann?
Die Koalition verhakt sich im Heizungsstreit und im kommenden Bundeshaushalt müssen noch 20 Millionen Euro eingespart werden. Im Interview erklärt Bundeskanzler Olaf Scholz, welche Antworten er auf die Probleme gibt, und er sagt, dass es keinen „kalten Frieden“ mit Russland geben werde, in dem der jetzige Frontverlauf zur neuen Grenze erklärt werde.
Schmecken tut’s genauso wie bei den Vorgängern aus den USA
Der Flagship-Store von Rostic’s liegt an der Moskauer Metrostation Majakowskaja. Von dort sind es nur zehn Gehminuten bis zu der weltberühmten Ex‑McDonald’s-Filiale am Puschkinplatz, die als erster russischer Ableger das goldene M in der Sowjetunion erstrahlen ließ, und in der nun Lecker und Punkt sitzt. Wer von Heißhunger auf Fast Food geplagt ist, kann sich hier also sowohl mit paniert-frittiertem Hähnchenfleisch als auch mit Rindfleischburgern versorgen. Schmecken tut’s in beiden Filialen ziemlich genauso wie bei den Vorgängern aus den USA.
Firmenchef Kotow kündigte an, dass es bis zum Ende des Sommers 100 Rostic’s-Filialen in Russland geben soll, innerhalb von fünf Jahren sollen es 1000 werden.
Ganz so stürmisch wird das Wachstum von Swed House in Russland nicht ausfallen. Wie Rostec’s eröffnete die weißrussische Möbelkette im April ihren ersten Laden in Moskau. Dass er als eine Art von Ikea-Ersatz gedacht ist, wird allein durch den Namen und das blau-gelbe Logo der Kette zum Ausdruck gebracht, die die Nähe zum Herkunftsland des schwedischen Möbelriesen symbolisieren sollen.
Noch ist Swed House kein Ikea
Doch so ganz gelingt es Swed House mit der Filiale nicht, in die Fußstapfen zu treten, die Ikea in Moskau hinterlassen hat. Die sind ja auch riesig: Es gibt wohl kaum eine Wohnung in der russischen Hauptstadt, in der sich nicht irgendwelche Möbel oder Haushaltsgegenstände aus einer der drei großflächigen Niederlassungen finden lassen, die Ikea bis zum Ausbruch des Kampfes in der Ukraine hier betrieb. Die Filiale von Swed House im Moskauer Schtschjokowskij-Einkaufszentrum fällt mit ihren 330 Quadratmetern nun deutlich kleiner aus als etwa der 11.800-Quadratmeter-Möbelmarkt, den Ikea noch 2020 in der Nähe des Botanischen Gartens in Moskau eröffnet hatte.
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Deutlich kleiner als Ikea: Die Swed-House-Niederlassung in Moskau.
© Quelle: Paul Katzenberger
Das Einkaufserlebnis verändert sich dadurch erheblich: Statt der riesigen Möbellandschaften wie bei Ikea stehen bei Swed House nur wenige Ausstellungsstücke. Wer das Sofa, die Kommode oder den Schrank erwerben will, die da präsentiert werden, muss es per telefonischer Bestellung tun und das erworbene Mobiliar in einer Lagerhalle im südöstlichen Rajon Ljublino abholen oder es sich liefern lassen.
Der größte Teil des Swed-House-Ladens besteht aus einem sich labyrinthartig dahinwindenden Gang, zu dessen beiden Seiten Produkte wie Bettwäsche, Decken, Geschirr, Badezimmer- und Küchenzubehör in Regalen ausliegen. Die 700 Artikel, die angeboten werden, sind zu 15 bis 20 Prozent original Ikea-Ware, der Rest unterscheidet sich kaum: Das Regal „Fora“ von Swed House entspricht ungefähr dem Ikea-Regal „Kallax“, der Besteckständer „Redskapshallare“ ist ähnlich wie Ikeas „Ordning“, und die Servierschüssel „Serveringsskal“ stimmt mit Ikeas „Blanda Blank“ so gut wie überein, wenn man über geringfügige Größenunterschiede hinwegblickt.
Sehnsucht nach Köttbullar-Fleischbällchen mit Preiselbeersoße
Die Nähe zum Original erklärt sich dadurch, dass der Haushaltswarenhersteller Merdem aus Belarus, der hinter Swed House steht, für Ikea bis letztes Jahr produzierte und nun die Chance ergreifen will, die Weltmarke selbst vertreiben zu können. Rechtliche Schwierigkeiten sieht Swed-House-Generaldirektor Mamedali Kasymov dabei keine: „Wir sind nicht Ikea. Wir wollen zwar wie Ikea sein, doch wir haben eigene Produkte und eigene Marken“, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters bei der Eröffnung der Filiale in Moskau. Er räumte sofort ein, dass bei Swed House auch Original-Ikea-Produkte verkauft werden würden, und fügte hinzu: „Niemand hat uns verboten, das zu tun.“ Dass Ikea dagegen vorgehen würde, in Russland und Belarus, wo Swed House zwei Filialen betreibt, nun kopiert zu werden, ist bislang nicht bekannt. Bis Ende 2023 will das belarussische Ikea-Double mit zehn Filialen in Moskau und Sankt Petersburg vertreten sein.
Wir sind nicht Ikea. Wir wollen zwar wie Ikea sein, doch wir haben eigene Produkte und eigene Marken.
Swed-House-Generaldirektor Mamedali Kasymov
Ob das gelingt, wird abzuwarten sein. Denn bei der Eröffnung des Ladens in der Schtschjokowskij-Mall mischte sich in die frohe Erwartung der herbeigeströmten Kundinnen und Kunden auch ein bisschen Enttäuschung: „Wir haben Ikea in letzter Zeit sehr vermisst. Dieses neue Geschäft ist, sagen wir mal, ein schöner Anfang“, sagte Natalia zu Reuters. Andere wurden direkter und kritisierten, dass die Verkaufsfläche zu klein sei.
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Krisen-Radar
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In den sozialen Netzwerken vermissten die Ikea-Fans vor allem das spezielle Einkaufserlebnis beim schwedischen Möbelriesen. „Bei Ikea ging ich gern ins Restaurant“, schreibt Sergej. „Vor allem mochte ich die Köttbullar-Fleischbällchen mit Preiselbeersoße. Nachdem die Schweden Russland den Rücken gekehrt haben, hat mir mein Lieblingsessen sehr gefehlt. Doch anstatt eines Restaurants, in dem Fleischbällchen, Refill-Drinks und Eiscreme serviert werden, gibt es bei Swed House nur die üblichen Imbissstationen der Mall im Stock darüber.“
Mode aus den Emiraten
Markenexperte Zschiesche glaubt trotzdem, dass Swed House eine Chance hat: „Ideal wäre es natürlich, wenn das Unternehmen so schnell wie möglich alle entscheidenden Punkte des genetischen Codes der Marke Ikea aktivieren könnte. Jetzt sofort ist Swed House dem Anschein nach aber nicht in der Lage, solche Riesenhäuser wie Ikea aufzumachen, und deckt damit diesen Teil des genetischen Codes nicht ab. Das ist sicher schlecht, aber im Augenblick ist es relevanter, dass die Belarussen bestimmte Leistungsaspekte von Ikea offensichtlich darstellen können, die die Menschen wiedererkennen: Geschirrspül-Handtücher, Sofas und so weiter, also die Produktleistung. Wenn sie es jetzt sukzessive schaffen, auch die Ladenleistung ähnlich auf die Beine gestellt zu bekommen, haben sie alles richtig gemacht.“
Auch der neue Fast-Fashion-Filialist Maag ging im April in Russland an den Start – als Nachfolger der spanischen Kette Zara. Maag gelingt es allem Anschein nach allerdings noch nicht, diese Weltmarke hinsichtlich ihrer Vielfalt und ihrer Nähe zu aktuellen Trends zur Zufriedenheit der Kundinnen und Kunden zu ersetzen.
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Die Moskauer Maag-Filiale will das Geschäft von Zara weiterführen.
© Quelle: Paul Katzenberger
Hinter Maag steht die Daher-Gruppe aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, die dem Zara-Mutterkonzern Inditex 245 seiner 514 Filialen in Russland abkaufte. Weil Daher schon lange mit Inditex in Nordafrika und im Nahen Osten als Vertriebspartner kooperiert, hofften viele Russinnen und Russen, dass Mahers neue Maag-Filialen unter dem veränderten Namen letztendlich Zara-Produkte anbieten würden. Solchen Gerüchten widersprach Inditex schon, kurz nachdem die Transaktion mit dem Unternehmen aus den Emiraten publik geworden war: „Die Daher-Unternehmensgruppe wird in der Russischen Föderation unter ihren eigenen Marken und mit ihren eigenen Kollektionen tätig sein, die nichts mit Inditex zu tun haben“, sagte der spanische Konzern dem Moskauer Stadtportal „Afischa Daily“ im vergangenen November.
„Gebt uns Zara zurück!“
Tatsächlich wollte sich Inditex mit dieser Aussage wohl nicht nur aus Imagegründen von Maag abgrenzen, sondern hat sich wirklich aus Russland zurückgezogen – allerdings zum Leidwesen der Kundschaft.
Denn als neugierige Zara-Fans Ende April in den neuen Maag-Flagship-Store bei dessen Eröffnung in der Moskauer Neglinnaja-Straße strömten, machte sich schnell Ernüchterung breit. „Wir hatten erwartet, dass sie hier etablierte Kollektionen gemischt mit neuen Maag-Sachen verkaufen würden. Aber das ist hier gar nicht Zara-like, sagte die Kundin Daria Wasiljewa der Abendzeitung „Wetschernjaja Moskwa“. „Es gibt überhaupt keine trendigen Sachen.“ Noch deutlicher fiel die Kritik in den sozialen Netzwerken aus: „Dieser Laden ist enttäuschend, er ist kein Ersatz für Zara“, schrieb eine Userin. Eine andere forderte: „Gebt uns Zara zurück, wir brauchen euer Maag oder Maga Zaga nicht!“
In Jekaterinburg am Ural ging das Stadtportal „e.1“ mit der Stylistin Anna Makarowa in den dort neu eröffneten Maag-Store, um ihn beurteilen zu können. Der Expertin fiel sofort auf, dass es dem Sortiment an den vielen Schuhen und Accessoires fehlt, die in den Zara-Geschäften stets zu bekommen waren.
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Sandalen beim Zara-Nachfolger.
© Quelle: Paul Katzenberger
„Jetzt ist alles sehr schlicht“
Makarowa betonte außerdem, dass Zara schon immer dafür bekannt gewesen sei, schnell auf Modetrends zu reagieren und diese in seine Kollektionen zu integrieren. Zu Maag sagte sie: „Die haben viele Basics, aber es gibt praktisch keine Highlights, die den Vorgänger auszeichneten. Diese Jacke zum Beispiel könnte in jedem anderen Laden hängen. Bei Zara gab es immer irgendeinen Schnickschnack – Sachen in einem seltsamen Stil oder in ausgefallenen Farben, aber jetzt ist alles sehr schlicht.“
Wie auch viele Kundinnen und Kunden in Moskau lobte Makarowa die Qualität der Maag-Kleidung insgesamt als solide und empfand die Herrenkollektionen als ansprechender als die für die Damen.
Herstellen lässt Maag überwiegend in der Türkei, in Bangladesch, Pakistan und China. Genau in diesen Ländern produziert auch Inditex, und es ist davon auszugehen, dass es dieselben Firmen sind, die nun auch die Maag-Outfits herstellen. Maag hat also dieselben Läden, dieselben Verkäuferinnen und Verkäufer und dieselben Hersteller wie Zara. Auch das Corporate Design der Verkaufsstellen und der Webseiten ähnelt sich. Doch gleich gute Designer scheinen dem Doppelgänger der Spanier aus dem Nahen Osten zu fehlen. Vielleicht funktioniert das Klonen von Burger, Pommes und Cappuccino doch etwas einfacher, als eine gestalterische Kreativleistung zu reproduzieren.