Lindner und die Schuldenbremse: So spart er das Land weiter kaputt
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Christian Lindner, Bundesfinanzminister, will von 2023 an wieder an der Schuldenbremse festhalten – zumindest offiziell.
© Quelle: IMAGO/Chris Emil Janßen
Christian Lindner (FDP) hat sein Ziel erreicht, zumindest auf dem Papier: Nach drei Haushaltsjahren, in denen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie die Geldschleusen weit offen waren, soll im kommenden Jahr wieder strikte Etatdisziplin herrschen und die Schuldenbremse eingehalten werden. Zumindest offiziell.
De facto hat die Ampelkoalition die Verfassungsvorschrift der begrenzten Kreditaufnahmen längst verletzt: Nur durch den Trick, die notwendige Aufrüstung der Bundeswehr über einen Schattenhaushalt zu finanzieren, hat Lindner überhaupt die Chance, sich als harter Sanierer der Staatsfinanzen darstellen zu können. Ehrlicher und konsequenter wäre es hingegen gewesen, die Modernisierung der Bundeswehr über den normalen Haushalt zu finanzieren und dafür die Schuldenbremse intelligent anzupassen.
Die guten Zeiten sind vorbei
Natürlich ist es jetzt notwendig, zu einer soliden Haushaltspolitik zurückzukehren. Zwar war es richtig, in den Pandemiekrisenjahren Unternehmen und Beschäftigte zu unterstützen und dafür Schulden in dreistelliger Milliardenhöhe aufzunehmen. Doch die Folgen für den Staatshaushalt in den folgenden Jahrzehnten sind dramatisch: Wenn ab der nächsten Legislaturperiode die Kredite getilgt werden, muss der Staat fortlaufend Überschüsse erwirtschaften, um diese Rückzahlungen leisten zu können.
Die Zeiten, in denen der Bund sogar Negativzinsen für seine Kredite bekommen hat und damit Geld verdiente, sind auch vorbei. Musste der Bund im vergangenen Jahr nur knapp 5 Milliarden Euro für Zinsen ausgeben, werden es 2023 schon wieder 30 Milliarden Euro sein.
Die Folgen von Schäubles Sparpolitik
Weil Lindner jedoch so stark auf die Schuldenbremse fixiert ist, besteht die große Gefahr, dass er die Fehler seines Amtsvorvorgängers Wolfgang Schäuble wiederholt. Mit dem ökonomisch völlig unsinnigen Kurs, die Schuldenbremse mit der „schwarzen Null“ auch noch über zu erfüllen, hat der CDU-Minister (unter Führung von Kanzlerin Angela Merkel) das Land kaputt gespart.
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Wolfgang Schäuble (CDU) bei einer Sitzung im Deutschen Bundestag Anfang Juni.
© Quelle: IMAGO/Fotostand
Die Folgen sind überall sichtbar: marode Brücken, Straßen, Schienen und Schulen. Auch die verschleppte Energiewende muss dazugerechnet werden – angesichts des billigen russischen Gases sparte man sich zum Beispiel den Bau von LNG-Terminals.
Einiges wurde durch die Ampelkoalition korrigiert, aber das Grundproblem bleibt. Die Schuldenbremse hemmt Investitionen oder macht sie gar unmöglich – siehe Bundeswehr. Es besteht außerdem das Risiko, dass bei einer erneuten Verschlechterung der Konjunkturlage durch eine Energiekrise oder ein erneutes Aufflammen der Corona-Pandemie zu lange gezögert wird, bevor die Regel zum Ankurbeln der Wirtschaft aufgegeben wird.
Vor allem Gutverdiener würden von Steuersenkungen profitieren
Lindner denkt aber gar nicht daran, eine Reform der unflexiblen Schuldenbremse anzugehen. Schließlich nutzt sie ihm auch, um Ausgabenwünsche leichter abzuwehren und damit ein FDP-Herzensanliegen umzusetzen, nämlich Steuersenkungen.
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Ein russischer Staatsbankrott, der keiner ist
Erstmals seit 1918 kann Russland die Zinsen für Staatsanleihen nicht mehr zahlen – dabei ist mehr als ausreichend Geld in Putins Kasse. Sein Finanzminister spricht von einer Farce, weil Zahlungen durch Sanktionen unmöglich gemacht werden. Wie geht es jetzt weiter?
Im Haushaltsentwurf 2023 sind bereits Reserven angelegt, um Inflationsgewinne des Staates bei der Steuer wieder an die Bürger zurückzugeben. Das ist aber nur auf den ersten Blick gerecht. Schließlich fehlt das Geld, um Kranken- und Pflegeversicherung zu stützen, die tief in den roten Zahlen stecken und wo deshalb Beitragserhöhungen nötig sind. Dann entsteht eine soziale Schieflage, weil steigende Sozialbeiträge insbesondere Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen belasten, während von Steuersenkungen vor allem Gutverdiener profitieren.
Ausgerechnet dann, wenn zum nächsten Jahreswechsel saftige Energienachzahlungen anstehen, kommt es für viele Menschen also noch dicker. Das können, das dürfen SPD und Grüne als Koalitionspartner nicht mittragen.