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Kommentar zur Leopard-Lieferung

Das Kommunikationsdebakel des Kanzlers

Nicht vor einem Leopard-Panzer, sondern vor einem Gepard stand Olaf Scholz beim Besuch auf dem Truppenübungsplatz Putlos in Schleswig-Holstein (Archiv).

Nicht vor einem Leopard-Panzer, sondern vor einem Gepard stand Olaf Scholz beim Besuch auf dem Truppenübungsplatz Putlos in Schleswig-Holstein (Archiv).

Dass Bundeskanzler Olaf Scholz kein Meister der Kommunikation ist, ist kein Geheimnis. Die Debatte über Panzerlieferungen an die Ukraine aber ist selbst nach diesen Maßstäben bemerkenswert schlecht gelaufen. Erst sieht sich die Bundesregierung gezwungen, beim Schützenpanzer Marder den Franzosen nachzuziehen. Dann eiert sie bei der Frage herum, ob Deutschland den Kampfpanzer Leopard liefern soll – während die befürchtete russische Frühjahrsoffensive in der Ukraine mit jedem Tag näher rückt. Dass Scholz sich nun zur Lieferung durchgerungen hat, ist begrüßenswert. Auf dem Weg dahin ist allerdings unnötig viel Porzellan zerschlagen worden.

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Am Ende hat Scholz mit seiner zögerlichen Haltung Befürworter und Gegner von Waffenlieferungen verprellt. Natürlich muss der Bundeskanzler schwierige Entscheidungen abwägen. Verheerend ist aber der Eindruck, dass die Bundesregierung elf Monate nach Kriegsbeginn keine vorausschauende strategische Planung bei der militärischen Unterstützung der Ukraine verfolgt. Hilfreich wäre auch, der Öffentlichkeit die Gründe für und wider solche Entscheidungen darzulegen, statt sich in Argumente zu flüchten, die am Ende wie Ausreden wirken. Etwa jenes vom Alleingang, den Scholz vermeiden wollte: Es war spätestens mit dem Angebot Polens hinfällig, Leopard-2-Panzer zu liefern.

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Danach knüpfte die Bundesregierung eine Leopard-Lieferung an die Ukraine daran, dass die USA Abrams-Kampfpanzer liefern – ein Affront gegenüber Washington. Nun sieht es zwar so aus, als hätte Scholz sich damit durchgesetzt, aber um welchen Preis. Die „Washington Post“ kommentierte, Kremlchef Wladimir Putin habe sich darin geirrt, die Ukraine schnell erobern und den Westen spalten zu können – bis die Blockadehaltung Deutschlands beim Thema Leopard-Panzer „den ersten ernsthaften Riss in der bis dahin stabilen Nato-Front öffnete“.

Scholz: Müssen Krieg zwischen Russland und der NATO verhindern

Der Kanzler sagte, es sei richtig, dass Deutschland sich bei der Entscheidung, Leopard-Kampfpanzer in die Ukraine zu liefern, nicht habe treiben lassen.

Sorge um Eskalation ist nachvollziehbar – aber kein Argument

Dass die Bundesregierung es nicht wagt, ohne die Amerikaner zu handeln, lässt den von Scholz’ SPD formulierten Anspruch auf eine deutsche Führungsrolle in der Außenpolitik wenig glaubwürdig erscheinen. Auch liefern die USA bereits mit Abstand die meisten Waffen – für einen Krieg mitten in Europa, wohlgemerkt. Mit den Leopard-Panzern verfügen die Europäer nun selbst über eine wichtige Fähigkeit zur Unterstützung der Ukraine, und Berlin hat sich wieder einmal als Bremser profiliert.

Die Sorge, dass Kampfpanzer zu einer Eskalation führen könnten, ist nachvollziehbar. Als Argument dagegen können solche Bedenken aber nicht gelten. Nicht der Westen ist es, der eskaliert, sondern Putin. Zynisch wirkt es, wenn die Linken-Abgeordnete Sahra Wagenknecht im Deutschlandfunk sagt: „Nachdem die Ukraine gewisse Geländegewinne im Herbst hatte, haben die Russen ja erst begonnen, die Infrastruktur zu zerstören.“ Als wäre der legitime Versuch der Ukrainer, die Besatzer zu vertreiben, ursächlich dafür, dass Putin Zivilisten dem Kältetod aussetzen möchte.

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