Klimaschutz: Der FDP ist die Zukunft eher egal
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Die FDP möchte das Autobahnnetz weiter ausbauen – und nimmt generell mit ihrer Politik wenig Rücksicht aufs Klima.
© Quelle: Christian Charisius/dpa
Die Sitzung des Koalitionsausschusses endete, wie zu erwarten war: ohne Ergebnis. Nach über drei Stunden gingen die Spitzen von SPD, FDP und Grünen auseinander und hatten wohl kaum mehr getan, als sich hinter ihren sattsam bekannten Positionen zu verschanzen. Mag sein, dass es in ein paar Wochen anders aussieht – wenn der Rauch des Kampfes um den Weiler Lützerath endgültig verzogen ist und das Ergebnis der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus vorliegt. Einstweilen muss man sagen: Im Interesse der Bürgerinnen und Bürger ist die Blockade nicht.
Im Allgemeinen passt das Patt ins Bild. Denn auch wenn die Ampelkoalition mal angetreten war, um gemeinsam neue Positionen jenseits der jeweils eigenen zu formulieren, so ist im Laufe der Zeit doch der alte Schlendrian zurückgekehrt. Es finden Kämpfe entlang der hergebrachten Fronten statt, in der Verkehrs- und Klimaschutzpolitik in erster Linie zwischen Liberalen und Grünen.
Verschärfend kommt hinzu, dass beide Parteien unter Druck stehen. Die FDP hat bei den zurückliegenden Landtagswahlen schlecht ausgesehen. Im Bund liegt sie ausweislich der Umfragen deutlich unter dem Wahlergebnis von 2021. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner als Finanzminister und Marco Buschmann als Justizminister wirken profilbildend. Bei Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger und Verkehrsminister Volker Wissing muss man Abstriche machen. Sie können nicht ausbuchstabieren, wofür die Partei ja nach ihrem Selbstverständnis stehen soll: realistische (!) Innovation.
Die Grünen bekamen von den Klimaschützern bei Fridays for Future und der Letzten Generation im Streit um den Braunkohletagebau im Rheinischen Revier die Grenzen aufgezeigt. So hatte sich die Ökopartei in Nordrhein-Westfalen ja sehr wendig gegeben. Vor der Landtagswahl wollte sie Lützerath retten, nach der Landtagswahl wollte sie regieren. Da kommen nicht alle mit.
Und während unter Federführung der Bundes-Grünen Braunkohlekraftwerke aus der Reserve geholt und LNG-Terminals gebaut werden, um den durch den russischen Angriff auf die Ukraine entstehenden Energiebedarf zu decken, verfehlt Deutschland seine Klimaziele. Das macht der selbst ernannten Klimaschutzpartei zu schaffen. Dummerweise haben die Grünen in der Autofrage neben der FDP überdies die SPD gegen sich. Die hat, wenn sie das Wort Auto hört, nicht zuletzt die Interessen der ländlichen Bevölkerung im Auge – und die Jobs in der Autoindustrie.
Dabei sollte der Klimaschutz Priorität haben. Und hier erweckt die FDP leider zu oft den Eindruck, als sei ihr die Zukunft eher egal. Statt Klimaschützern wenigstens Kompromissangebote zu unterbreiten, setzt sie auf Provokation. Der sympathische Verkehrsminister rührt kaum eine Hand, um den CO₂-Ausstoß auf seinem Feld zu verringern. Lieber möchte er neue Autobahnen bauen – ohne Tempolimit, versteht sich.
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Gleichzeitig beschwört die FDP unrealistische Innovationen wie die Kernfusion. Zur Not ist Chefzyniker Frank Schäffler zur Stelle. Er rückt Klimaschützer in die Nähe der RAF und freut sich bei Twitter: „In Kärnten fällt aktuell ein Meter Neuschnee.“ Als würde der Klimawandel nur Luisa Neubauer und Greta Thunberg treffen, nicht aber die Spitzenleute der Liberalen, die überwiegend ja auch erst Mitte 40 sind. Den Klimaschutz überlässt die FDP jedenfalls den Grünen – frei nach dem Motto: „Dann macht mal.“ Tatsächlich hat der längst Verfassungsrang.
Man könnte selbst bei der Planungsbeschleunigung vielleicht zu vernünftigen Kompromissen kommen. Doch unter den obwaltenden Umständen ist mit ihnen bis auf Weiteres nicht zu rechnen. Das alles kann auch schon mal zornig stimmen.