Klimakonferenz – Es ist zum Heulen
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Der Perito-Moreno-Gletscher im Los-Glaciares-Nationalpark in der Nähe von El Calafate in Argentinien. Schmelzende Gletscher sind ein Sinnbild für den Klimawandel.
© Quelle: Natacha Pisarenko/AP/dpa
Berlin. Selten enden große Ereignisse so ungeplant symbolisch: Der Präsident der Weltklimakonferenz, Alok Sharma, kämpfte mit den Tränen, bevor er mit einem Hammerschlag das Verhandlungsergebnis besiegelte. Es mag Erschöpfung mitgeschwungen haben nach zwei Wochen aufreibender Verhandlungen. Aber eines macht die Aufgewühltheit Sharmas vor allem deutlich: die Enttäuschung darüber, dass auch der Klimapakt von Glasgow weit hinter dem zurückbleibt, was eigentlich nötig wäre. Es ist schlichtweg zum Heulen.
Denn der Klimawandel ist mittlerweile als Fakt anerkannt. Es ist ja auch nicht mehr zu übersehen: Gletscher gehen zurück, die Polkappen schmelzen, der Meeresspiegel steigt, es gibt Kälteeinbrüche, Hitzeperioden, sintflutartige Regenfälle. Die verhandelnden Staaten sind sich bewusst, welche Gefahren das birgt und dass es nötig ist, sich mit aller Kraft gegen die Entwicklung zu stemmen. Aber gereicht hat es wieder einmal nur dafür, die Backen aufzublasen, etwas kräftiger als bisher immerhin.
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In der Konferenzblase
Das ist bei Weitem nicht genug. UN-Generalsekretär António Guterres hat das so formuliert: Es sei jetzt Zeit, „in den Notfallmodus zu gehen“.
Dass sich ausgerechnet die deutsche Umweltministerin Svenja Schulze traute, von einem „weltbewegenden“ Ergebnis zu sprechen, verwundert daher sehr. Es lässt sich nur damit erklären, dass Schulze etwas zu tief in die Konferenzblase abgetaucht war, in der die Minimalbewegungen diplomatischer Gefechte Glücksgefühle auslösen. Eine gewisse Abgebrühtheit mag auch mitspielen: Wenn die Weltklimakonferenz den Ehrgeiz der Klimaschutzdemonstranten übernommen hätte, wäre dies eine gehörige Überraschung gewesen.
Es gibt auch Lichtblicke
Und natürlich lassen sich auch positive Punkte finden: Es gibt etwas strengere Ziele für die Vorlage von Klimaschutzplänen. Die Treibhausgase sollen bis 2030 um 45 Prozent reduziert werden. Und erstmals haben sich die 200 verhandelnden Staaten überhaupt um das Thema Kohle gekümmert. Immerhin. Aber die Ernüchterung folgt auf dem Fuß: In letzter Minute fiel das Wort vom Ausstieg doch wieder unter den Tisch. Von Abbau ist jetzt weit weniger verbindlich und endgültig die Rede.
Natürlich ist es gut, dass China und die USA, die sich auf so vielen Ebenen belauern, wenigstens beim Thema Klima zusammengefunden haben. Aber auch das ist aber ein Erfolg auf wackeligem Grund. Sollte Donald Trump oder einer seiner nicht minder faktenresistenten Apologeten in drei Jahren erneut Präsident werden, wird die Vereinbarung hinweggespült werden wie ein Inselstaat vom steigenden Meeresspiegel.
Trump hat schon einmal ein Klimaabkommen aufgekündigt. Schon um seiner Zerstörungswut etwas entgegenzusetzen, wäre also mehr Verbindlichkeit nötig. Das gilt auch für Finanzzusagen an die Länder, die den Klimawandel als Erstes existenziell zu spüren bekommen werden.
Eisberge, Eisbären, Enkelkinder
Dafür sollten die Bilder von den Eisbären, Eisbergen und die auf der Konferenz geschwenkten Fotos von Enkelkindern eigentlich reichen. Wenn das nicht der Fall ist, weil die Gegenwart den Protagonisten wichtiger ist als die Zukunft, muss – so schnöde es klingt – das Geld die Überzeugungsarbeit leisten.
Wenn Klimaschutz als Wettbewerbsvorteil begriffen wird, wenn es sich lohnt, Treibhausgase zu reduzieren, dann geht mit Sicherheit etwas voran.
Dass der Bundesverband der Deutschen Industrie das Ergebnis von Glasgow als enttäuschend kritisiert, lässt hoffen.
Die nächste Bundesregierung entbindet das nicht von der Aufgabe, ein ernsthaftes Klimapaket auf die Beine zu sein. Im Gegenteil. Es sollte tatsächlich weltbewegend sein, im wahrsten Sinne des Wortes.