Propagandaauftritte von Kim Jong Uns Tochter: Was steckt dahinter?
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/RT44YRH3N5AOTDTS5CAKGJ6VMU.jpeg)
Dieses von der nordkoreanischen Regierung zur Verfügung gestellte Bild zeigt Kim Jong Un (Mitte rechts) und seine Tochter (Mitte links), die Sportspiele der Mitarbeiter des Kabinetts und des Verteidigungsministeriums an einem ungenannten Ort in Nordkorea verfolgen.
© Quelle: -/kcna/dpa
Seoul. Am Freitag setzte Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un erneut seine mysteriöse Tochter prominent in Szene: Gemeinsam schauten die beiden von einer verglasten Stadionloge dabei zu, wie Vertreter des Ministerrats gegen ein Team des Verteidigungsministeriums Fußballderby lieferten. Kims „geliebtes Kind“, wie die Staatsmedien das Mädchen zumeist nennen, erschien in schwarzem Mantel und lächelte schüchtern in die Fernsehkameras.
Seit einigen Monaten ist sie bereits so etwas wie der neue Shooting-Star des diktatorischen Regimes. Wann immer Kim Jong Un eine Militärparade abhält, Waffentests besichtigt oder ein neues Raketenmodell präsentiert, nimmt er regelmäßig seine Tochter mit. Und als der Staat zuletzt acht neue Briefmarken ausgab, prangte ihr rundliches Konterfei auf insgesamt fünf Motiven.
Inszenierte Propagandaauftritte der Familie: Was steckt dahinter?
Fest steht: Der Machtapparat, der ansonsten vor allem für seine Verschlossenheit berüchtigt ist, möchte mit den inszenierten Propagandaauftritten ganz offensichtlich eine Botschaft an sein Volk und die Außenwelt senden. Doch um welche Signale es sich genau handelt, darüber herrscht bislang Unklarheit.
Raketentest in Nordkorea: Kim Jong Un bringt Tochter mit
Bei dem Start einer Interkontinentalrakete zeigte sich Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un erstmals mit seiner Tochter.
© Quelle: Reuters
Über Kims Tochter sind bislang nicht einmal die grundlegenden biografischen Daten bestätigt. Dass sie wohl „Ju Ae“ mit Vornamen heißt, weiß die Weltöffentlichkeit nur dank des ehemaligen NBA-Spielers Dennis Rodman, der das Land 2013 als Ehrengast besuchte – und damals in Kim Jong Uns Sommervilla an der nordkoreanischen Ostküste Cocktails schlürfte. Als wohl einziger Ausländer hatte er das Mädchen persönlich getroffen.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/EZHJQQG67RD4LOGG3ATC7MQUTQ.jpg)
Hauptstadt-Radar
Persönliche Eindrücke und Hintergründe aus dem Regierungsviertel. Immer dienstags, donnerstags und samstags.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.
Ihr Name geriet nun erneut in die Schlagzeilen: Kürzlich berichtete das von der US-Regierung finanzierte Radio Free Asia, dass sämtliche Nordkoreanerinnen mit demselben Vornamen vom Regime dazu gezwungen wurden, diesen zu ändern. Möglicherweise handelt es sich dabei, wie so viele Berichte über das hermetisch abgeriegelte Land, nur um ein haltloses Gerücht. Ebenfalls unsicher ist zudem Ju Aes Alter. Der südkoreanische Geheimdienst schätzt sie auf zehn Jahre, möglicherweise ist sie auch bereits elf.
Experten sprechen von Ju Ae als mögliche Nachfolgerin Kim Jong Uns
Und damit dürfte sie eigentlich noch viel zu jung sein, um bereits als mögliche Nachfolgerin für den Diktatorensessel in Stellung gebracht zu werden. Doch genau das vermuten einige Nordkorea-Expertinnen und -Experten. Sollte sich die Hypothese erhärten, käme dies einer geradezu feministischen Revolution gleich: Im kommunistischen Nordkorea sind Frauen zwar durchaus in die Arbeitswelt integriert und dürfen auch im Militär dienen, doch gleichzeitig werden fast alle Machtpositionen weiterhin von Männern gehalten. Eine Führerin wäre nahezu undenkbar. Und dementsprechend gilt Kim Jong Uns Sohn – er hat insgesamt drei Kinder – als wahrscheinlichster Erbe. Nur: Bislang wurde er vollkommen von der Öffentlichkeit ferngehalten.
Doch fest steht: Die zehnjährige Ju Ae ist für den Propagandaapparat so etwas wie ein PR-Coup. Denn das Mädchen lässt ihren diktatorischen Vater, der im Ausland vor allem wegen Menschenrechtsverbrechen und seinem Nuklearprogramm in den Schlagzeilen ist, fürsorglich und emphatisch erscheinen.
Kim Jong Uns Ehefrau Ri Sol Ju ist auch als Sängerin bekannt
Seit der 39-Jährige die Macht im Land übernommen hat, überließ er immer wieder den Frauen aus seinem engsten Umfeld die öffentliche Bühne. Seine Ehefrau Ri Sol Ju, die aus der nordkoreanischen Elite entstammt, wird so oft in den Staatszeitungen abgebildet wie sonst keine First Lady zuvor.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/PPYOCNA5B5G2JCBIR4H2HAQC5M.jpeg)
Kim Jong Un (rechts) mit seiner Frau Ri Sol Ju (links) und seiner Tochter bei einem Bankett an einem ungenannten Ort anlässlich des 75. Jahrestages der Gründung der Koreanischen Volksarmee. Diese Aufnahme wurde von der staatlichen nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA zur Verfügung gestellt.
© Quelle: Uncredited/KCNA/KNS/dpa
Ri war allerdings bereits vor ihrer Hochzeit eine kleine Berühmtheit: Als Frontsängerin des Unhasu Orchesters gab die Mittdreißigerin regelmäßig Konzerte. 2005 reiste sie zudem ins südkoreanische Seoul, um als „Cheerleaderin“ ihr Heimatland bei einer Leichtathletikveranstaltung anzufeuern. Und mit ihren Designerkleidern und edlen Handtaschen versprüht sie bis heute eine gehörige Portion weiblichen Glamour.
Kims Schwester Kim Yo Jong: Harte Rhetorik sorgt für Schlagzeilen
Als politisches Vorbild gilt zudem Kims Schwester Kim Yo Jong, die mittlerweile die Abteilung für Propaganda und Agitation leitet – und als mächtigste Nordkoreanerin überhaupt gilt. Während der Annäherungspolitik gegenüber Südkorea im Frühjahr 2018 bestand ihre Aufgabe vor allem darin, in öffentlichen Auftritten dem Regime ein menschliches Antlitz zu verpassen: Kim Yo Jong begleitete beispielsweise ihren Bruder beim historischen Gipfeltreffen mit dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump in Singapur. Ihr schüchternes Lächeln sorgte damals für unzählige Schlagzeilen.
Doch später hat sich ihre Rolle ins Gegenteil verkehrt, mittlerweile ist Kim Yo Jong vor allem für das rhetorischen Säbelrasseln zuständig. Im letzten November etwa bezeichnete sie den Präsidenten Südkoreas als „Idioten“ und verglich ihn mit einem „freilaufenden, wilden Hund“. Auch die Vereinigten Staaten, der imperialistische Erzfeind Nordkoreas, wird von der 35-Jährigen regelmäßig mit Obszönitäten versehen.
Was die heimische Bevölkerung nicht weiß: Kim Yo Jong entstammt - wie auch Kim Jong Un - aus einer möglicherweise unehelichen Beziehung des 2012 verstorbenen Machthabers Kim Jong Il. Ebenso verschweigt die staatliche Propaganda, dass sowohl Kim Yo Jong als auch Kim Jong Un während ihrer frühen Kindheit im schweizerischen Bern lebten und auf eine elitäre Privatschule gingen. Dort wurden sie größtenteils von einer Tante aufgezogen, die 1998 in einer Nacht-und-Nebel-Aktion in die USA floh.