Immerhin: Sie geben sich die Hand
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US-Präsident Joe Biden (r), schüttelt dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping bei ihrem Treffen vor dem G20-Gipfel die Hand.
© Quelle: Alex Brandon/AP/dpa
Peking. Es sind die kleinen Details, auf die es bei einem Gipfeltreffen von solch historischer Bedeutung ganz besonders ankommt: Als Joe Biden geraden Schrittes auf Xi Jinping zuschreitet, reichen sich die beiden Staatschefs lächelnd ihre rechte Hand entgegen. Eine Selbstverständlichkeit ist dies nicht: Dem deutschen Kanzler Olaf Scholz ist während seines Peking-Besuchs zu Beginn des Monats kein Handschlag mit Xi vergönnt gewesen.
Mit maximaler Spannung wurde das erste persönliche Gespräch zwischen Xi und Biden antizipiert. Von den bilateralen Beziehungen zwischen den USA und China hängt schließlich maßgeblich ab, ob die internationale Staatengemeinschaft erneut in zwei Machtblöcke zerfällt, oder ob eine multipolare Weltordnung auch friedlich gelingen kann.
Treffen verläuft überraschend positiv
Gemessen an der niedrigen Erwartungshaltung ist das Treffen in Bali überraschend positiv gestartet. Der Ton während der ersten öffentlichen Stellungnahme war ohne jeden Zweifel versöhnlich. Joe Biden sagte etwa, man müsse sicherstellen, dass aus der Konkurrenz zwischen den zwei Ländern kein Konflikt werden dürfe: „Die Welt erwartet, dass China und die Vereinigten Staaten eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung globaler Herausforderungen spielen und dass wir in der Lage sind, zusammenzuarbeiten“.
Auf der anderen Seite des Konferenzzimmers, getrennt durch ein riesiges Blumengesteck, sprach Xi Jinping davon, für ein „freimütiges Gespräch“ bereit zu sein, und dass beide Seiten „die richtige Richtung“ für die gemeinsamen Beziehungen finden müssen.
US-Präsident Joe Biden trifft Xi Jinping in China
Die beiden Staatschefs kamen am Montag vor dem G20-Gipfel der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer auf der indonesischen Insel Bali zusammen.
© Quelle: Reuters
Bei diesem Prozess hilft durchaus, dass die beiden Staatschefs langjährige Wegbegleiter sind. Biden hat – damals als Vizepräsident unter Obama – knapp 70 Stunden Gesprächszeit mit Xi angehäuft, so viel wie wohl kein anderer westlicher Politiker. Einst hat Xi Jinping den US-Demokraten sogar „lao pengyou“ genannt: einen „alten Freund“.
Beziehungen zwischen China und den USA eskalierten zuletzt
Doch jenes Bonmot wirkt wie aus einer weit entfernten Vergangenheit. Seither nämlich haben sich die bilateralen Beziehungen nicht nur verschlechtert, sondern sind regelrecht eskaliert. Nicht wenige Leitartikler halten langfristig eine militärische Auseinandersetzung zwischen den zwei Systemrivalen für denkbar, ja vielleicht sogar unausweichlich. Im Pekinger Regierungssitz Zhongnanhai hat sich längst die Wahrnehmung etabliert, dass die USA den chinesischen Aufstieg mit allen erdenklichen Mitteln verhindern wollen.
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Umso wichtiger ist das Etablieren von gemeinsamen Kommunikationskanälen. Allein dieses erste persönliche Treffen wurde bereits seit Juli von Regierungsvertretern der zwei Staaten vorbereitet, nachdem Xi und Biden während eines Telefonanrufs ihren Willen dazu geäußert hatten. Dass man in Bali jedoch während des knapp dreieinhalbstündigen Gesprächs bilaterale Differenzen ausmerzen werde, sollte nicht die Erwartungshaltung sein, hieß es aus Washingtoner Regierungskreisen. Denn die Gräben sind dafür schlicht zu tief.
Einige positive Signale – immerhin
Zumindest einige positive Signale ließen sich dennoch vernehmen. Bei den Stellungnahmen nach dem Treffen hat sich Xi Jinping „höchst besorgt über die gegenwärtige Situation in der Ukraine“ geäußert, und dass man die Wiederaufnahme der Friedensgespräche zwischen der Ukraine und Russland unterstütze.
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Scholz, Xi – und eine Botschaft an Putin
Der Bundeskanzler trägt in China eine ganze Liste von Kritikpunkten vor. Kein leichter Gang für einen Antrittsbesuch. Staatspräsident Xi lässt Scholz aber überraschend eine wichtige Botschaft verkünden. Der kriegführende Kremlchef Putin sollte genau hinhören.
Enttäuschend aus europäischer Sicht war, dass Xi die zuvor in Anwesenheit von Olaf Scholz getätigte Äußerung, dass man das Drohen mit Nuklearwaffen nicht dulden werde, nicht wiederholt hat. Jene Worte von Anfang November galten als bislang deutlichste Kritik Chinas an Russland – und sie fanden sich am Montag nur in der Stellungnahme der US-Amerikaner wider, nicht jedoch im Papier der Chinesen.
Nur USA erwähnen lange Liste der Streitthemen
Ebenfalls erwähnte ausschließlich Biden die lange Liste an Streitthemen, bei denen die beiden Seiten wohl auf keinen gemeinsamen Nenner kommen werden: von der Menschenrechtslage in China bis hin zum Taiwan-Konflikt.
Immerhin gibt es zumindest auch etliche Felder, die die zwei Weltmächte zur Zusammenarbeit zwingen: allen voran der gemeinsame Kampf gegen die globale Erderwärmung. Ein großer Gewinn wäre es von daher, wenn die zwei Länder ihre offiziellen Klimagespräche, die im Grunde nie richtig Fahrt aufgenommen hatten, endlich wieder fortsetzen würden. Doch bis Redaktionsschluss sah es nicht danach aus.