Nach Entlassung des Verteidigungsministers

Zehntausende gehen gegen israelische Justizreform auf die Straße

Israelische Regierungsgegner und -gegnerinnen blockieren am Sonntagabend eine Straße in Tel Aviv, als sie nach der Entlassung von Verteidigungsminister Galant durch Netanjahu auf die Straße gehen.

Israelische Regierungsgegner und -gegnerinnen blockieren am Sonntagabend eine Straße in Tel Aviv, als sie nach der Entlassung von Verteidigungsminister Galant durch Netanjahu auf die Straße gehen.

Jerusalem. In Israel ist es nach der Entlassung von Verteidigungsminister Joav Galant zu neuen Massenprotesten gegen die umstrittene Justizreform und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gekommen. Netanjahu hatte Galant am Sonntag gefeuert, nachdem dieser einen zumindest vorläufigen Stopp der Justizreform gefordert hatte.

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Regierungsgegner und -gegnerinnen riefen daraufhin zu Protesten auf und allein in Tel Aviv strömten Zehntausende auf die Straßen und blockierten die zentrale Verkehrsader der Stadt, die Ayalon-Autobahn. Die Demonstrantinnen und Demonstranten schwenkten israelische Flaggen und entzündeten ein großes Feuer in der Mitte der Straße. Zu Protesten kam es auch in Beerscheba, Haifa und Jerusalem, wo sich Tausende vor dem Haus von Netanjahu versammelten.

Galant hatte tags zuvor als erstes ranghohes Mitglied der Likud-Partei von Netanjahu dazu aufgerufen, den Umbau der Justiz auf Eis zu legen. Er forderte eine Pause bis nach dem israelischen Unabhängigkeitstag Ende April und einen Dialog mit der Opposition. Der Minister argumentierte, das Vorhaben, das die größte Protestbewegung in der Geschichte Israels ausgelöst hat, habe auch zu Unruhe innerhalb des israelischen Militärs geführt. Er warnte, dass das eine klare und unmittelbare Bedrohung für die Sicherheit der Nation darstelle.

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Kulturminister stellt Reformpläne ebenfalls infrage

Durch den kurzen Prozess mit Galant machte Netanjahu deutlich, dass er entschlossen ist, die Justizreform gegen alle Widerstände aus der Bevölkerung, der Opposition und dem Ausland, aber auch der eigenen Regierung durchzudrücken. Und dennoch schickte sich nach der Entlassung Galants ein weiterer Minister an, die rasche Umsetzung der Pläne vorsichtig infrage zu stellen.

Kulturminister Micky Zohar, ein Vertrauter Netanjahus aus dessen Likud-Partei, sagte, die Partei würde den Ministerpräsidenten unterstützen, sollte sich dieser entschließen, das Reformvorhaben zu pausieren.

Derweil legte der israelische Generalkonsul in New York, Assaf Samir, sein Amt aus Protest nieder. Er sollte voraussichtlich von Avi Dichter, einem früheren Chef des israelischen Inlandsgeheimdienstes Schin Bet, ersetzt werden. Dichter hatte Berichten zufolge zuvor damit geliebäugelt, sich Galant anzuschließen, erklärte stattdessen aber am Sonntag, er unterstütze Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

Kritiker sehen Israel auf dem Weg zur Autokratie

In dieser Woche kommt es im Parlament zu einer Abstimmung über ein Kernelement der Reform, durch das die Regierung die finale Entscheidung bei der Neubesetzung von Richtern und Richterinnen erhält. Auch der Oberste Gerichtshof soll nach dem Willen der Regierung künftig weniger Einfluss haben, indem das Parlament seine Entscheidungen mit einfacher Mehrheit überstimmen kann. Die Kritikerinnen und Kritiker sehen darin eine Untergrabung der Gewaltenteilung und Israel auf dem Weg in Richtung Autokratie.

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Israels Präsident Herzog fordert Stopp von Justizreform

Israels Präsident Izchak Herzog hat nach massiven Protesten zum Stopp der umstrittenen Justizreform aufgerufen. „Um der Einheit des israelischen Volkes willen, um der Verantwortung willen, fordere ich Sie auf, die Gesetzgebung sofort einzustellen“, sagte Herzog am frühen Montagmorgen an Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sowie alle Koalitionsmintglieder gerichtet. „Die Menschen sind von tiefer Angst ergriffen.“ Die Sicherheit, die Wirtschaft, die Gesellschaft – alles sei bedroht. „Die Augen des ganzen Volkes von Israel sind auf Sie gerichtet“.

Israelischen Medienberichten zufolge soll Netanjahu am Morgen eine Rede an die Nation planen. Der israelische Regierungschef hatte mehrfach angekündigt, das Gesetzesverfahren nicht verlangsamen zu wollen. Den Berichten zufolge soll er in der Nacht mit mehreren Ministern und Ministerinnen seines Kabinetts beraten haben, das umstrittene Vorhaben zu stoppen.

USA rufen angesichts der Proteste zu Kompromiss in Israel auf

Die US-Regierung hat angesichts der breiten Proteste in Israel gegen den Kurs der rechtsreligiösen Koalition zu einem Kompromiss aufgerufen. „Wir sind tief besorgt über die heutigen Entwicklungen in Israel, die die dringende Notwendigkeit eines Kompromisses noch unterstreiche“, teilte das Weiße Haus am Sonntagabend (Ortszeit) mit. Demokratische Werte seien immer ein Markenzeichen der Beziehungen zwischen den USA und Israel gewesen und müssten dies auch bleiben. Grundlegende Änderungen an einem demokratischen System – wie sie Israels Regierung mit einer Justizreform plant – sollten mit einer möglichst breiten Unterstützung durch die Bevölkerung angestrebt werden, hieß es weiter. „Wir fordern die israelische Führung weiterhin nachdrücklich auf, sobald wie möglich einen Kompromiss zu finden.“

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RND/AP

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