Impfstoff­mangel? Das sagen die Hoch­rechnungen – und die Hersteller

Karl Lauterbach (rechts) und sein Amtsvorgänger Jens Spahn.

Karl Lauterbach (rechts) und sein Amtsvorgänger Jens Spahn.

Berlin. Auch zwei Tage nach den Aussagen von Bundes­gesundheits­minister Karl Lauterbach (SPD) über einen möglichen Impfstoff­mangel herrscht Verwirrung um die genauen Liefer­zahlen in den nächsten Wochen und Monaten. Insbesondere die Darstellung der Union, die sich vor Ex-Minister Jens Spahn (CDU) stellt, weicht von der Lauterbachs ab. Hier die Gegenüber­stellung der Angaben und eigene Recherchen:

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Der gesundheits­politische Sprecher der Unions­fraktion, Tino Sorge (CDU), hat vorgerechnet, dass von rund 56 Millionen Menschen, für die eine Auffrisch­impfung infrage kommt, bereits etwa 22 Millionen geboostert sind. Daraus folgt für ihn, dass in den nächsten vier bis sechs Wochen noch gut 34 Millionen Booster-Impfungen nötig sind. Dafür stehen nach Angaben Sorges allein bis Jahresende aus bereits erfolgten und noch geplanten Lieferungen mehr als zehn Millionen Dosen Biontech und 40 Millionen Dosen Moderna zur Verfügung.

Für das Jahr 2022 spricht Sorge von einer Liefer­menge von mehr als 16 Millionen Dosen mRNA-Impfstoff pro Monat. Das sei genug, um auch bei den gut 12 Millionen ungeimpften Erwachsenen in Deutschland die notwendigen Erst- und Zweitimpfungen durchführen zu können, erklärte der CDU-Politiker.

Impfstoffzahlen schwer vergleichbar

Lauterbach sprach im ZDF davon, dass in der Kalender­woche 51 (ab 20. Dezember) 1,2 Millionen Biontech-Dosen geliefert würden, ab 27. Dezember (KW 52) 800.000 Dosen und ab 3. Januar (KW 1) 1,2 Millionen. Die Liefermengen für Moderna bis zum Jahres­wechsel nannte er nicht. Ab 1. Januar sinkt die lieferbare Menge dieses Vakzins nach seinen Angaben auf 1,5 Millionen Dosen pro Woche.

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Die Zahlen weichen stark voneinander ab, sie sind allerdings auch nicht vergleichbar. So rechnet Sorge auch Impfdosen ein, die bereits ausgeliefert, aber offenbar noch nicht verimpft sind. Die genaue Größen­ordnung ist unbekannt, kann aber durchaus mehrere Millionen Dosen betragen.

Auf der Homepage des Bundes­gesundheits­ministeriums findet sich eine Liefer­tabelle vom 10. Dezember, nach der allein in den ersten beiden Dezember­wochen fast neun Millionen Biontech-Dosen und 20 Millionen Moderna-Dosen ausgeliefert wurden. Das ist mehr, als in dieser Zeit verimpft wurde.

In dieser Tabelle findet sich interessanter­weise auch die von Lauterbach genannte Liefer­menge von 1,2 Millionen Biontech-Dosen für Kalenderwoche 51 und 800.000 Dosen für KW 52. Zusätzlich sind für die laufende Woche acht Millionen Biontech-Dosen ausgewiesen. Für alle drei Wochen (KW 50 bis 52) ist zudem die Lieferung von jeweils zehn Millionen Moderna-Dosen aufgeführt.

Mehr Moderna- als Biontech-Impfdosen verfügbar

Ob nun tatsächlich in diesem Jahr Impfdosen fehlen, kann aus den Zahlen nicht sicher abgelesen werden. Es scheint allerdings so, als gäbe es unter Berücksichtigung der hohen Zahl an verfügbaren Moderna-Dosen genug. Klar ist auf alle Fälle, dass mehr Moderna zur Verfügung steht als Biontech. Das kann deshalb zu einem Problem werden, weil für Menschen unter 30 Jahren laut Ständiger Impfkommission (Stiko) nur Biontech verimpft werden soll.

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Für das nächste Jahr gibt es bisher keine veröffentlichten Prognosen des Gesundheits­ministeriums. Hier helfen die Angaben der Unternehmen weiter. Biontech teilte auf Anfrage des Redaktions­Netzwerks Deutschland (RND) mit, nach aktueller Planung werde das Unternehmen monatlich zwölf Millionen Dosen an Deutschland über den EU-Vertrag ausliefern.

Lieferungen für 2022 vorgezogen?

Moderna verwies auf Anfrage auf den EU-Vertrag, der die Lieferung von insgesamt 460 Millionen Dosen für 2022 vorsieht. Deutschlands Anteil daran beträgt nach früheren Angaben etwa 20 Prozent, also etwa 92 Millionen Dosen. Das wären etwa 7,5 Millionen Dosen monatlich.

Pro Monat wären das zusammen­gerechnet 20 Millionen Dosen an mRNA-Impfstoffen. Auch hier scheint eher die These der Union zu stimmen, dass es genug Impfstoff gibt. Unklar ist allerdings, wie viele Lieferungen für 2022 von Ex-Minister Spahn auf das laufende Jahr vorgezogen wurden. Dadurch könnte sich die Liefer­menge in den kommenden Monaten reduzieren. Klarheit könnten nur exakte Zahlen aus dem Bundes­gesundheits­ministerium bringen. Sie liegen aber bisher nicht vor.

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