Impfpflicht für bestimmte Beamtengruppen angeregt: Wo stehen wir im Kampf gegen Corona?

Ein Corona-Patient auf einer Intensivstation in Baden-Württemberg. (Archivfoto)

Ein Corona-Patient auf einer Intensivstation in Baden-Württemberg. (Archivfoto)

Berlin. Angesichts der weiter großen Zahl von Impfverweigerern wird in den Reihen der Grünen eine Corona-Impfpflicht für bestimmte Beamtengruppen ins Gespräch gebracht. „Was für das Gesundheitspersonal schon beschlossen wurde, kann grundsätzlich auch für Beamte mit Verantwortung für andere Menschen richtig sein“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion, Janosch Dahmen, der „Rheinischen Post“.

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Polizisten, Lehrer und Lehrerinnen oder Feuerwehrleute könnten berufsbedingt oftmals keinen Schutzabstand halten und hätten deshalb eine Verantwortung zum Schutz anderer Menschen. Zu dieser besonderen Schutzverantwortung gehöre dort, wo möglich, auch der Eigen- und Fremdschutz durch eine Impfung.

„Wir haben ja inzwischen letztlich die vierte unterschiedlichste Virus-Variante, die sich in diesem Land ausbreitet“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion am Freitag im ZDF-„Morgenmagazin“. „Mit dem R-Wert des ursprünglichen Wildtyps wären wir mit der Impfquote, die wir aktuell haben, hinreichend geschützt und bräuchten keinerlei weitere Maßnahmen mehr. Wir haben inzwischen aber ein anderes Virus und damit eine neue Situation.“

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Im Vordergrund müsse aber die Überzeugung stehen. Eine Erweiterung der Impfpflicht setze zudem genügend vorhandenen Impfstoff voraus, sagte Dahmen weiter. Dass die Impfpflicht einen deutlichen Kurswechsel der Politik beutet ist dem Bundestagsabgeordneten klar: „Wir tun Politik aber unrecht, wenn wir sagen, sie soll einfach, immer weiter in die gleiche Richtung laufen, auch wenn‘s die falsche ist.“ Neue Lagen würden Kurskorrekturen erfordern, um die Menschen weiterhin angemessen zu schützen. Doch wie ist überhaupt der Stand in Deutschland?

Impfpflicht

27 Prozent der Bevölkerung haben noch nicht mal eine Erstimpfung erhalten. Darunter sind allerdings auch kleine Kinder, die noch nicht geimpft werden dürfen, und mittlere, für die die Impfungen gerade erst begonnen haben, sowie Menschen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können.

Bereits beschlossen ist, dass Beschäftigte in Einrichtungen mit besonders schutzbedürftigen Menschen wie Pflegeheimen und Kliniken bis Mitte März 2022 nachweisen müssen, dass sie geimpft oder genesen sind. Über eine darüber hinaus gehende allgemeine Impfpflicht soll der Bundestag in freier Abstimmung ohne Fraktionsdisziplin erst noch entscheiden.

Der CDU-Politiker Friedrich Merz äußerte sich ablehnend dazu. „Wir sollten erst klären, ob es einfachere, bessere, verhältnismäßigere Mittel gibt, um eine wesentlich höhere Impfquote zu bekommen“, sagte Merz den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

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Angesichts der Ausbreitung der nochmal ansteckenderen Virusvariante Omikron kommt eine Impfpflicht im Frühjahr aus Sicht des Münchner Infektiologen Clemens Wendtner zu spät. „Wenn die Impfpflicht erst am 16. März für bestimmte Einrichtungen kommt und die allgemeine Impfpflicht vielleicht noch später, dann werden wir uns erst im Sommer wieder im sicheren Fahrwasser bewegen“, sagte der Chefarzt an der Klinik Schwabing der „Augsburger Allgemeinen“ (Freitag).

Corona-Lage

Die Zahl der Neuinfektionen sinkt im Hinblick auf die hohe Belastung der Intensivstationen und die bevorstehende Omikron-Welle nicht stark und nicht schnell genug, wie das Robert Koch-Institut (RKI) in seinem Wochenbericht vom Donnerstagabend schreibt. Am Donnerstag lag der Sieben-Tage-Wert je 100.000 Einwohner bei 340. Alle Maßnahmen - etwa die Reduktion von Kontakten, das Tragen von Masken oder das Einhalten der Hygieneregeln - müssten aufrechterhalten oder intensiviert werden, erklärte das RKI.

An diesem Freitag will sich der von der neuen Regierung eingesetzte Expertenrat mit den Gefahren von Omikron befassen. In dem Beratergremium sind unter anderem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Kinderärzte sowie Bildungsforscher versammelt.

Das Mitglied Stefan Sternberg (SPD), Landrat des mecklenburgischen Kreises Ludwigslust-Parchim, fordert mehr politische Verlässlichkeit. „Wir brauchen jetzt ein Grundgerüst für die nächsten sechs Monate der Pandemiebekämpfung. Daran müssen wir uns entlanghangeln“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Was die Bürgerinnen und Bürger am meisten stört, ist die Unsicherheit. Sie wissen nicht mehr, was aktuell gilt, weil sich alles viel zu kurzfristig ändert.“

Impfstoff-Versorgung

Dazu trägt möglicherweise bei, dass die Regierung erst für mehr Erst-, Zweit- und Auffrischungsimpfungen getrommelt hat und nun deutlich geworden ist, dass der bisher beschaffte Impfstoff zwar wohl noch für dieses Jahr reicht, aber nicht mehr in ausreichendem Maße für das erste Quartal des nächsten Jahres. Allerdings ist einer der Gründe wohl die stark beschleunigte Impfkampagne: Allein am Mittwoch wurden fast 1,5 Millionen Spritzen gesetzt.

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Der neue Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte den absehbaren Impfstoff-Mangel ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. Nach großer Empörung über die Tatsache stellte er klar, dass er das nicht seinem Vorgänger Jens Spahn (CDU) anlaste. Für das erste Quartal sind Lauterbach zufolge bisher 50 Millionen Dosen zu erwarten, der Bedarf liegt aber bei 70 Millionen, davon 50 Millionen für Auffrischungen (Booster). Die Regierung hatte schon angekündigt, zusätzliche 80 Millionen Dosen von Biontech zu kaufen. Nun sollen nach Angaben des Ministers noch 35 Millionen von Moderna früher kommen. Mit anderen Ländern wird über kurzfristige Übernahmen nicht benötigter weiterer Dosen verhandelt.

Der CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge warf Lauterbach Trickserei vor. „Die zusätzlichen Impfstofflieferungen sind ein alter Hut. Die Vertragsklauseln und Optionen gibt es seit Monaten. Karl Lauterbach schmückt sich jetzt mit Erfolgen, die sein Vorgänger zu verantworten hat“, sagte er der „Bild“-Zeitung (Freitag). Der CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger sagte der „Augsburger Allgemeinen“, für Auffrischungen reiche der vorhandene Impfstoff noch sechs Wochen - das wäre also bis fast Ende Januar.

Für die angelaufenen Corona-Impfungen von Kindern zwischen fünf und elf Jahren soll zu Beginn des neuen Jahres weiterer Impfstoff kommen. In den beiden Wochen vom 3. und vom 10. Januar sind jeweils Lieferungen von 1,25 Millionen Dosen des Biontech-Kinderpräparats geplant, wie eine neue Übersicht des Gesundheitsministeriums zeigt. Weitere 1,25 Millionen Dosen sollen dann im Januar außerdem noch folgen.

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RND/dpa

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