Personal bei den Streitkräften

Bundeswehr? Nein danke! Zahl der Kriegsdienstverweigerer hat sich fast verfünffacht

Bundeswehr­soldaten in der Slowakei, an der Ostflanke der Nato.

Bundeswehr­soldaten in der Slowakei, an der Ostflanke der Nato.

Berlin. Die Zahl der Kriegsdienst­verweigerer in Deutschland hat sich im vorigen Jahr unter dem Eindruck des russischen Angriffs auf die Ukraine gegenüber dem Vorjahr fast verfünffacht. Das teilte ein Sprecher des Bundes­amtes für Familie und zivil­gesellschaftliche Aufgaben dem Redaktions­Netzwerk Deutschland (RND) mit.

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„Im Jahr 2021 sind im Bundesamt für Familie und zivil­gesellschaftliche Aufgaben 201 Anträge auf Kriegsdienst­verweigerung eingegangen, im Jahr 2022 waren es insgesamt 951 Anträge“, sagte der Sprecher. Im September hatte die Zahl noch bei 657 gelegen. Damals hatte eine Sprecherin des Bundesamtes für das Personal­management der Bundeswehr überdies erklärt, dass auch „die tatsächlichen Bewerber­zahlen für den militärischen Dienst in der Bundeswehr seit Anfang 2022 rückläufig“ seien.

Truppe soll wachsen

Viele Kriegsdienst­verweigerer begründen ihre Anträge angesichts des Krieges gegen die Ukraine und einer möglichen Eskalation mit dem Hinweis, dass sie damit nicht gerechnet hätten. „Den Antrag können auch Ungediente und Reservisten stellen“, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums allerdings. Sie machten im vorigen Jahr den größten Anteil aus. „Wir hatten 223 Anträge von Soldatinnen und Soldaten, 266 von Reservistinnen und Reservisten und 593 von Ungedienten.“ Als Ungediente bezeichnet man Männer und Frauen mit deutscher Staatsbürgerschaft, die keinen Wehrdienst geleistet haben.

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Für die Bundeswehr ist die Entwicklung so oder so schmerzlich – auch wenn sie sich, was die absoluten Zahlen angeht, auf einem niedrigen Niveau bewegt. Denn die Streitkräfte brauchen qualifiziertes Personal und konkurrieren darum mit der Wirtschaft und anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes. Zudem sollen sie nicht wie meistens seit 1990 weiter schrumpfen, sondern wieder wachsen, von jetzt 183.000 auf 203.000 Soldatinnen und Soldaten. Da fällt jeder Abgang ins Gewicht.

Verteidigungs­ministerin Christine Lambrecht (SPD) erklärte bei der jüngsten Bundeswehr­tagung deshalb, die Streitkräfte müssten „mehr qualifiziertes Personal gewinnen und auch halten“ sowie „Abbrecher­quoten weiter reduzieren“. „Ein Blick auf die Demografie zeigt, dass wir hier besser werden müssen“, betonte sie.

Anerkennung „extrem schwer“

Der Politische Geschäftsführer der „Deutschen Friedens­gesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“, Michael Schulze von Glaßer, sagte dem RND hingegen: „Soldatinnen und Soldaten, die in dieser sicherheits­politisch brisanten Zeit zu der Erkenntnis kommen, doch nicht auf andere Menschen schießen und sie töten oder verletzen zu wollen, muss ein einfacher Ausweg aus der Armee geboten werden. Viele der heutigen Bundeswehr­angehörigen wurden mit Werbe­versprechungen in die Armee gelockt, die mit der Realität nichts zu tun haben. Nun sind viele unzufrieden, und es ist nachvollziehbar, dass sie die Armee verlassen wollen.“

Die Anerkennung als Kriegsdienst­verweigerer sei für aktive Soldatinnen und Soldaten extrem schwer, fuhr er fort. „Am Ende bleibt nur noch die Möglichkeit, zu desertieren.“ Bundeswehr und Bundes­regierung sollten jedoch kein Interesse an Soldatinnen und Soldaten haben, die innerlich bereits gekündigt hätten, und sie „daher freigeben“.

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