So nutzt die Reederei Cosco europäische Häfen als „Türöffner“ für China
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Das Containerschiff „Cosco Pride“ der Reederei Cosco Shipping liegt am Containerterminal Tollerort. Das Bundeskabinett hat sich im Streit um einen chinesischen Einstieg bei einem Containerterminal im Hamburger Hafen auf einen Kompromiss verständigt.
© Quelle: Jonas Walzberg/dpa
Berlin. Im Streit um den Einstieg des chinesischen Staatskonzerns Cosco bei einem Containerterminal im Hamburger Hafen hat das Bundeskabinett einer Kompromisslösung zugestimmt – die allerdings weiter für Kritik sorgt. Wie das Wirtschaftsministerium am Mittwoch mitteilte, wurde eine sogenannte „Teiluntersagung“ beschlossen. Demnach können die Chinesen nur einen Anteil unterhalb von 25 Prozent an dem Containerterminal Tollerort erwerben. Coscos ursprünglicher Plan, einen Anteil von 35 Prozent zu kaufen, wurde untersagt.
Ausgeschlossen seien zudem Sonderrechte sowie eine künftige Ausweitung der Beteiligung, sodass eine strategische Beteiligung am Terminal verhindert und der Erwerb auf eine reine Finanzbeteiligung reduziert werde, hieß es. Grund für die Auflagen sei, dass eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit vorliege. Damit reagierte das SPD-geführte Bundeskanzleramt auf Kritik von den Koalitionspartnern FDP und Grüne, die vor neuen Abhängigkeiten gewarnt hatten.
„Fatale Abhängigkeiten von Peking“
Doch auch die Kompromisslösung bleibt umstritten. „Dem Bundeskanzler ist die Kompassnadel verrutscht“, sagte etwa Linksfraktionschef Bartsch dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Nach Waffenlieferungen an Saudi-Arabien wird jetzt kritische Infrastruktur an China verkauft. Damit drohen gegen alle Warnungen fatale Abhängigkeiten von Peking, die sich für Deutschland bitter rächen können“, so Bartsch. „Der Bundestag wird sich mit diesem Kanzler-Alleingang befassen müssen.“ Auch CDU-Chef Friedrich Merz und sogar Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier riefen zu einem Umdenken im Umgang mit chinesischen Staatsunternehmen auf.
Bundeskabinett findet Kompromiss zum China-Einstieg im Hamburger Hafen
Ein chinesischer Konzern kann bei einem Hamburger Containerterminal einsteigen – aber zu einem geringeren Anteil als geplant.
© Quelle: dpa
Tatsächlich ist der Staatskonzern Cosco seit Jahren dabei, den chinesischen Einfluss in aller Welt auszuweiten. Aus seiner Strategie macht das Unternehmen kein Geheimnis: Ziel seien Mehrheitsbeteiligungen an Häfen und Terminals, ist auf der Website von Cosco zu lesen. Man wolle mit Investitionen in Betreiberkonzernen den Einfluss in ganzen Häfen steigern. „China errichtet sich durch ein Portfolio an strategisch wichtigen Häfen eine ständige Präsenz“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler und China-Experte Jens Bastian von der Stiftung Wissenschaft und Politik dem RND. „Am Ende des Tages geht es China um Vernetzung“, sagt er – Stichwort neue Seidenstraße. Für ihn sei es nur eine Frage der Zeit gewesen, wann ein chinesischer Konzern in den Hamburger Hafen als größten Deutschlands einsteigt.
Cosco verkauft Anteile in Duisburg
Chinesische Konzerne würden zweigleisig fahren, sagt der Wissenschaftler: Neben direkten Hafenbeteiligungen investiert Cosco in die strategisch wichtigen Terminals, ohne den Hafen zu betreiben oder Eigentümeranteile zu erwerben. So auch in Hamburg. Dieser „Türöffner“ für weitere Vorstöße, wie Bastian es nennt, sei in Deutschland schon längst da – etwa der Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven und Duisport als größter europäischer Binnenhafen. Am Mittwoch wurde bekannt, dass Cosco Anteile für ein Duisburger Terminalprojekt bereits im Sommer verkauft hatte. Für Bastian keine Kehrtwende: „Das heißt nicht, dass China sich aus dem Hafen zurückzieht.“
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Nach Entscheidung in Hamburg: So viel China steckt schon im Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven
Offiziell gab es nie Gespräche über eine chinesische Beteiligung am einzigen deutschen Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven, doch Staatsunternehmen haben bereits ihren Fuß in der Tür. Die neue rot-grüne Koalition will Verkäufe kritischer Infrastruktur künftig verhindern.
Seit einigen Jahren gebe es eine geografische Ausweitung von China, ausgehend von Südosteuropa in den Westen Europas, so Bastian. So hält Cosco Mehrheitsbeteiligungen an den spanischen Häfen Valencia und Bilbao. Für die Chinesen offenbar ein Erfolgsmodell: Im Sommer 2021 kündigte Cosco laut dem Hafen Valencia an, die Beziehungen zu ihm zu stärken. Er sei aufgrund seiner Lage eine „strategische Enklave“ für den internationalen Handel. Auch die Bestellung von elf neuen Kränen für die beiden Häfen im Wert von 20 Millionen Euro spricht dafür: Cosco ist gekommen, um zu bleiben.
„Leuchtturmprojekt“ für Griechenland?
Als abschreckendes Beispiel für eine Cosco-Beteiligung in Europa diente in der jüngsten Debatte der griechische Hafen Piräus. Der Staatskonzern ist dort Mehrheitseigner. Im vergangenen Jahr kam es nach dem Unfalltod eines Terminalmitarbeiters zu Streiks. Es gab Beschwerden der Belegschaft über die Arbeitsbedingungen. Dennoch ist der Hafen für Bastian ein „Leuchtturmprojekt“. Wenn ein Hafen derartig wachse – eine direkte Folge der chinesischen Investitionen – änderten sich die Arbeitsbedingungen unweigerlich, das Arbeitstempo steige. Cosco habe Nachholbedarf bei der Transparenz und öffentlicher Kommunikation. Allerdings sei die Hafenübernahme mit den vielen geschaffenen Arbeitsplätzen für das krisengeplagte Griechenland insgesamt eine Erfolgsgeschichte, meint Bastian.
Den Vertrag mit dem belgischen Hafen Zeebrugge hat Cosco erst Anfang dieses Jahres verlängert, um 15 Jahre bis 2055. Das zeige, dass China sich langfristig in Europa engagieren wolle, sagt der Ökonom Bastian. Während China eine europäische Hafenstrategie habe, gebe es die in Europa noch nicht. „Es wird für Europa schwierig, das nachzuholen, was China in der vergangenen Dekade geleistet hat“, sagt er. Denn: „China hat seine Pflöcke schon strategisch eingeschlagen.“