Gruppenbild mit Dame: Wie ein grün-liberales Selfie Geschichte schreibt

Die Zitruskoalition hält die Fäden in der Hand: Die politischen Vertreter der FDP – Generalsekretär Volker Wissing (links) und der Bundesvorsitzende Christian Lindner (Zweiter von rechts) – auf einem schon jetzt ikonischen Selfie mit dem Grünen-Spitzenduo Annalena Baerbock und Robert Habeck (rechts).

Die Zitruskoalition hält die Fäden in der Hand: Die politischen Vertreter der FDP – Generalsekretär Volker Wissing (links) und der Bundesvorsitzende Christian Lindner (Zweiter von rechts) – auf einem schon jetzt ikonischen Selfie mit dem Grünen-Spitzenduo Annalena Baerbock und Robert Habeck (rechts).

Da stehen sie und blicken verschmitzt in die Kamera, die Lippen geschlossen, ein zahnloses Lächeln umspielt Mona-Lisa-haft die Mundwinkel. Es ist nicht Euphorie, die das Quartett ausstrahlt, eher heitere Gelassenheit gepaart mit dem festen Glauben an die Macht der eigenen Ausstrahlung: Hier stehen vier Vertreter der „Generation Pragmatismus“, die über alle Differenzen hinweg Deutschlands Zukunft verhandeln – und bereit sind, sich dafür zusammenzuraufen.

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Das grün-liberale Selfie, das die Spitzen von FDP und Grünen nach ihrem ersten, vorsichtigen Viererdate am Dienstagabend synchron in den sozialen Medien verbreiteten, ist schon jetzt ein ikonisches Bild vom Werden eines politischen Großprojektes – in nur 24 Stunden tausendfach geteilt und hundertfach parodiert. Ganz links steht FDP-Generalsekretär Volker Wissing (51), rechts daneben Grünenchefin Annalena Baerbock (40), im Hintergrund dann FDP-Chef Christian Lindner (42), ganz rechts Grünen-Chef Robert Habeck (52). Politisch gesehen also: bunte Reihe, die beiden Jüngeren in der Mitte, die beiden Älteren außen. Das wichtigste Signal: Die Chemie stimmt. Schnell noch ein Selfie, dann geht die Party weiter. Jemand Bock auf Tischtennis-Rundlauf?

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Schaut her, sagt das Bild. Während die CDU sich öffentlich zerlegt, während die größeren Parteien darüber zanken, wie viel Prozent Abstand zum Nächstplatzierten tatsächlich zur Bildung einer Regierung berechtigen, bereiten vier Königsmacher in aller Stille bei kühlen Drinks und ohne allzu lautes Triumphgeheul den Boden für eine neue Republik.

Eine Bildanalyse

Das Motiv

Das Gruppenbild mit Dame ist sorgsam komponiert. Vier Menschen blicken fest in die Kamera, die Augenwinkel in listige Kompetenzfältchen gelegt. Der Bildausschnitt lässt viel Raum über ihren Köpfen, die Perspektivlinien laufen rechts außerhalb des sichtbaren Bereichs zusammen. Nach links dagegen öffnet sich die Perspektive ins Unendliche. Über dem Kopf von Habeck symbolisieren rechts oben zwei lose herabhängende Kabel dezent das Provisorische der aktuellen politischen Gemengelage, quasi sinnbildlich für die Baustelle Deutschland.

Farblich dominieren Schwarz-, Weiß- und Anthrazittöne, als wolle man sich bewusst abheben vom Getöse der politisch-medialen Farbspielereien von der Ampel über Jamaika bis zur Zitruskoalition aus Zitronengelb und Limettengrün. Die FDP-Vertreter haben weiße Hemden gewählt, Lindner trägt ein offenbar als Freizeitsakko gedachtes Etwas zum Viertagebart, die beiden Grünen wählten Schwarz – das fügt sich stilistisch zu einem unaufdringlich-modernen Fashionstatement vor einem wie zufällig gewählten Hintergrund aus weißem Nacktputz mit angedeuteter Tür (ein offenes Hintertürchen? Ein politisches Wurmloch in eine emissionsfreie Zukunft?).

Auf der Suche nach einer neuen Regierung loten wir Gemeinsamkeiten und Brücken über Trennendes aus. Und finden sogar welche. Spannende Zeiten.

Begleittext zum Instagram-Selfie

der grünen und liberalen Spitzenduos

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Der Text

Flankiert wird das Foto, das alle vier auf ihrem jeweiligen Instagram-Account mit unterschiedlichen Filtern angehübscht haben, von einem kärglich-schnörkellosen Poem. Die asketische Kirchentagslyrik bleibt vage, aber zuversichtlich: „Auf der Suche nach einer neuen Regierung loten wir Gemeinsamkeiten und Brücken über Trennendes aus. Und finden sogar welche. Spannende Zeiten.“ Allein Lindner signiert den Text mit „CL“, die übrigen drei verzichten auf ihre Initialen. Der Text „Brücken über Trennendes“ klingt wie ein Refrain von Reinhard Mey oder Peter Maffay. Auf der Suche. Trennendes. Brücken. Spannende Zeiten. Es sind existenzielle Begriffe aus der Mitte des Lebens, gleichsam eine moderne Neufassung großer linksliberaler Erbauungsklassiker wie „Erst wenn der letzte Baum gerodet …“, „Das weiche Wasser bricht den Stein“ oder „Sag mir, wo die Blumen sind …“. Man wird den Text dereinst auf Postkarten drucken.

Die Wirkung

Frei von jeder Aufdringlichkeit scheint sich das Dokument in seiner spartanischen Nüchternheit und dem meisterlichen Licht- und Schattenspiel gegen jedes grelle Wahlkampf­marketing zu stemmen. Keine Sonnenblumen, keine pinkfarbenen Slogans. Es ist ein Arbeitsnachweis von karger Ästhetik – mit leichten Anklägen an Britpop-Albumcover aus den Neunzigern, nur ohne schmale Lederschlipse und Sonnenbrillen. Hier macht sich ein beflissenes Quartett an die Neugestaltung des Landes. Die leichte Glasigkeit der Blicke verrät den zuvor vollzogenen Genuss von spannungslockernden Kaltgetränken. Es ist die Fortsetzung der Politik mit den Mitteln von Aperol Spritz.

Die friedens­stiftende Wirkung des Bildes speist sich vor allem aus der Tatsache, dass das grüne und das liberale Duo sich darin willens zeigen, jeden Dissens hintanzustellen. So keimt die Möglichkeit auf, dass aus dem Zusammenklang von grünen und liberalen Ideen womöglich neue, bisher ungedachte Perspektiven auch für den Klimaschutz entstehen könnten. Es könnte ein ideologiearmer Raum entstehen, in dem sich technologischer Fortschritt und Ökologie die Hand reichen.

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Die Politik

Und genau darin besteht die politische Sprengkraft des Bildes: Mag die CDU weiter von der ewigen Regentschaft träumen, mag die SPD sich glücksbesoffen für Sondierungs­gespräche präparieren: Eine Koalition ohne das Personal auf dem ikonischen Selfie ist so unwahrscheinlich wie eine Minderheitsregierung des Südschleswigschen Wählerverbandes in Berlin. Die Großen hadern noch, die kleinen haben da schon mal etwas vorbereitet. Gewiss gibt es grün-liberale Kooperationen bereits auf Landesebene (etwa in Rheinland-Pfalz, wo Wissing bis Mai Vizeministerpräsident war). Doch auf Bundesebene wäre ein solcher politischer Spagat neu. Die Botschaft des Bildes: Wir schaffen das. Es ist ein Blick in ein politisches Zukunftslabor, in dem der Schwanz mit dem Hund wedelt und die Kleinen die Großen vor sich hertreiben.

Die Witze

Auf den digitalen Spielwiesen löste das Bild Spontanverzückung aus.

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Hunderte beteiligten sich am kollektiven Gesellschaftsspiel „name this band“, fühlten sich an steife Urlaubsselfies erinnert oder nutzten den Text für alternative Bildmotive.

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Neben Neid ist eben auch Spott eine der höchsten Formen der Anerkennung.

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