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Großbritannien und Neuseeland einigen sich auf Freihandelsabkommen

Der britische Premier Boris Johnson während einer Rede.

Der britische Premier Boris Johnson während einer Rede.

Sydney. Großbritannien und Neuseeland haben sich auf ein Freihandelsabkommen geeinigt. Der britische Premierminister Boris Johnson und Neuseelands Regierungschefin Jacinda Ardern haben den Pakt nach einem 16-monatigen Verhandlungsmarathon in einem Videotelefonat am Mittwoch in trockene Tücher gebracht.

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Im Rahmen des neuen Abkommens wollen beide Länder die Zölle auf die jeweiligen Exporte des anderen abschaffen. Für die neuseeländische Wirtschaft soll der neue Pakt fast eine Milliarde Neuseeländische Dollar oder umgerechnet rund 618 Millionen Euro über 15 Jahre wert sein.

Für den Pazifikstaat lohnt es sich, wenn die Zölle auf Honig, Wein, Kiwis, Zwiebeln und vor allem eine Reihe von Milch- und Fleischprodukte wegfallen. Der Inselstaat sollte sein Bruttoinlandsprodukt damit um etwa 0,3 Prozent steigern können. Die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern nannte das Abkommen deswegen auch „einen unserer besten Deals aller Zeiten“. Er komme zu einem entscheidenden Zeitpunkt – nämlich in der Erholungsphase von den Auswirkungen der Pandemie.

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Für Neuseeland ist der Freihandel mit dem Vereinigten Königreich auch deswegen interessant, weil das Land sich beim Export dringend diversifizieren muss. Derzeit ist der Inselstaat beim Handel sehr stark von China abhängig, wohin mehr als 30 Prozent der Exporte gehen.

Kritik von Opposition und Landwirten

Für die Briten lohnt sich das neue Abkommen dagegen deutlich weniger. Zwar sollen die Kosten für britische Exporte wie Kleidung oder Schiffe sinken, und Briten sollen künftig einfacher in Neuseeland arbeiten können. Eine Analyse der britischen Regierung aus dem letzten Jahr ergab jedoch, dass der Effekt auf das britische Bruttoinlandsprodukt minimal ist. Ausgegangen wird von einem Plus von 0,01 Prozent oder sogar einem negativen Wachstum von minus 0,01 Prozent.

Die sozialdemokratische Opposition sowie die Gewerkschaft der britischen Bauern – die National Farmers Union (NFU) – kritisierten den Deal deswegen auch scharf. Ihrer Meinung nach schadet er den britischen Landwirten und könnte die Lebensmittelstandards senken. „Dieser Deal bedeutet, dass wir unsere Türen für erhebliche zusätzliche Mengen importierter Lebensmittel öffnen“, sagte die NFU-Präsidentin Minette Batters. Gleichzeitig werde den britischen Landwirten fast keine Gegenleistung geboten.

Auch nach dem Deal mit Australien hatten sich die britischen Landwirte bereits besorgt darüber geäußert, dass sie durch billige Agrarimporte unterboten werden könnten oder billigeres Fleisch auf den Markt kommen könnte, bei dem die Tierhaltung nicht den Tierschutzstandards Großbritanniens entspricht.

Postkoloniale Träume

Der britische Premier Johnson bezeichnete das neue Handelsabkommen – trotz aller Kritik – jedoch als „großartig“. Seine Regierung hatte schon nach dem Brexit angekündigt, Handelspakte mit den „Freunden aus dem Commonwealth“ schließen zu wollen. „Der Brexit macht uns frei, ein wahrhaftig globales Britannien zu schaffen“, hatte Johnson einst gesagt.

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Ein Freihandel mit den früheren britischen Kolonien Australien und Neuseeland erfüllt die postkolonialen Träume des britischen Premiers nun zumindest teilweise. In dem Telefonat mit Ardern betonte Johnson deswegen auch, dass der Deal „die lange Freundschaft mit Neuseeland“ festige. Gleichzeitig sprach er aber auch darüber, die Beziehungen seines Landes zum Indopazifik „fördern“ zu wollen.

Langfristiges Ziel – das CPTPP

Letzteres ist vermutlich sogar der Hauptbeweggrund für Großbritannien. Das britische Engagement im Indopazifik machte zuletzt Schlagzeilen, als Großbritannien mit den USA und Australien eine neue „Sicherheitspartnerschaft“ mit dem Namen Aukus schloss. Im Rahmen dieses Deals werden die USA Australien Zugang zu der streng geheim gehaltenen Technologie der Atom-U-Boote des Landes geben. Bisher waren nur die Briten „eingeweiht“ gewesen. Politische Beobachter sehen die neue Allianz als klares Bollwerk gegen den Aufstieg Chinas in der Region.

Der Aukus-Deal deutet ähnlich wie das jetzige Abkommen mit Neuseeland, das kürzlich mit Australien geschlossene Handelsabkommen oder ein Deal mit Japan aus dem vergangenen Jahr darauf hin, dass sich die Briten verstärkt in der Asien-Pazifik-Region einbringen wollen.

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Nicht umsonst verhandelt Großbritannien seit Juni auch über eine Aufnahme in das deutlich weitreichendere transpazifische Freihandelsabkommen (CPTPP) – ein Handelsblock, der unter anderem Japan, Kanada, Mexiko, Australien und Neuseeland umfasst. Auch China bemüht sich um einen Beitritt in dieses Abkommen.

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