Sein schwieriges Erbe

Britischer Premier Sunak: Hält er bis zur nächsten Wahl durch?

Der britische Premierminister Rishi Sunak.

Der britische Premierminister Rishi Sunak.

London. Journalisten verfolgen den konservativen Generalsekretär Nadhim Zahawi und früheren Schatzkanzler am frühen Dienstagmorgen bis zu seinem Auto. Sie wollen von ihm wissen, ob er zurücktreten wird. Er lässt die Frage unbeantwortet, schlüpft in die schwarze Limousine und fährt davon. Viele haben ihn jedoch längst abgeschrieben: „Er ist erledigt“, soll ein früherer konservativer Minister gesagt haben. Die britische Boulevardzeitung „Daily Star“, die während der Amtszeit von Ex‑Premierministerin Liz Truss im September und Oktober vergangenen Jahres einen Salatkopf in ihrer Redaktion aufbewahrte, um auf humoristische Art zu vergleichen, wer sich länger hält, verzichtete gleich ganz auf den Gang zum örtlichen Gemüsehändler. Es sei ohnehin klar, wie das für Zahawi endet, titelte sie am Dienstag.

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Premierminister Rishi Sunak, der zu Beginn seiner Amtszeit Wandel, Integrität sowie mehr Ehrlichkeit und Transparenz versprochen hatte, sieht sich dieser Tage mit einem handfesten Skandal in den eigenen Reihen konfrontiert, wieder einmal. Denn Zahawi soll ausgerechnet während seiner Zeit als Finanzminister im Sommer vergangenen Jahres eine Strafe an die Steuerbehörde HMRC gezahlt haben. Und das, obwohl er damals öffentlich bestritten hatte, dass er mit den Behörden über die Beilegung einer millionenschweren Affäre verhandelt habe. Er hat damit gelogen, betonen Expertinnen und Experten.

Sunak weigerte sich diese Woche dennoch, den 55-Jährigen von seinem Amt zu entheben. Er übergab den Fall an die Ethikkommission. Die Opposition deutet dies als Schwäche. „Jeder weiß, dass es falsch ist, dass Zahawi nicht in der Lage war, seine Steuerangelegenheiten zu klären, obwohl er die dafür verantwortliche Behörde leitete“, sagte der Labour-Chef Keir Starmer.

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Debakel bei nächsten Parlamentswahlen droht

Sunak hat den sprichwörtlichen „vergifteten Kelch“ geerbt, erklärt Tim Bale, Politologe an der Queen-Mary-Universität, im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Johnson und Truss ließen die Partei richtungslos und tief gespalten zurück.“ Sie sei schwer zu führen. „Viele Dinge, für die er nun die Verantwortung übernehmen muss, passierten eigentlich vor seiner Amtszeit“, betont auch Sophie Stowers von der Denkfabrik UK in a Changing Europe gegenüber dem RND. Ein Durchgreifen sei schwierig, weil die Partei nicht in sich geschlossen sei, er viele sehr unterschiedliche Grüppchen zufriedenstellen müsse. Um in der Gunst der Britinnen und Briten zu steigen, hätte Sunak Zahawi feuern sollen, meint sie. Er riskiere mit einer harschen Reaktion gegenüber einem Minister jedoch immer auch eine Rebellion der Hinterbänkler.

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Ein Rücktritt Sunaks vor den nächsten Parlamentswahlen, die regulär spätestens im Januar 2025 stattfinden werden, halten die Expertinnen und Experten jedoch für unwahrscheinlich. „Schließlich ist bis dahin nicht mehr viel Zeit und ein erneuter Wechsel an der Spitze deshalb nicht ratsam“, sagt Stowers. Das sei auch den rebellischen Hinterbänklern der Partei klar. Bale vergleicht die Strategie Sunaks mit der eines Schiffskapitäns, der versucht, den Kurs zu halten. „Solange die Crew nicht meutert, sollte er bis zu den nächsten Parlaments­wahlen überleben“, betont er. Angesichts der wirtschaftlichen Lage und wegen der vielen Skandale erwarte die Tories jedoch wohl ein katastrophales Ergebnis, wenn die Menschen schließlich zu den Urnen schreiten. „Er wurde im perfekten Sturm zum Kapitän ernannt.“

Was plant Boris Johnson?

Einer, der das Schiff zusätzlich ins Wanken bringt, ist Ex‑Premierminister Boris Johnson. Vergangenes Wochenende reiste er nach Kiew, um den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu treffen. „Sie saßen sich gegenüber, hinter ihnen war der Union Jack zu sehen. Er vermittelte damit den Eindruck, die britische Regierung zu vertreten – ein cleverer Schritt“, betont Stowers. Trotz der Bemühungen Johnsons, positiv in Erscheinung zu treten, hält sie ein Comeback des 58-Jährigen für unwahrscheinlich. Wegen der vielen Skandale und weil gegen ihn ermittelt wird.

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Der Tory-Spender Richard Sharp soll dem Ex-Premier dabei geholfen haben, ein Darlehen von umgerechnet über 900.000 Euro zu erhalten. Kurz darauf schlug Johnson Sharp für den Posten des BBC-Vorsitzenden vor. Johnson werde die Hoffnung auf ein Comeback nicht aufgeben, meint Bale. „Aber die Umfragen deuten stark darauf hin, dass die Öffentlichkeit froh ist, ihn endlich los zu sein.“

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