Gipfel-Tag zwei in Elmau: Was fordert Selenskyj?
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Informelles Gruppenbild nach dem Abendessen (von links): Mario Draghi (Ministerpräsident Italien), Ursula von der Leyen (EU-Kommisionspräsidentin), Joe Biden (US-Präsident), Olaf Scholz (Bundeskanzler), Boris Johnson (Premierminister Großbritannien), Justin Trudeau (Premierminister Kanada), Fumido Kishida (Premierminister Japan), Emmanuel Macron (Präsident Frankreich), Charles Michel (Präsident des Europäischen Rates).
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Elmau. Es ist der 124. Kriegstag in der Ukraine. Russland bombardiert das Land ununterbrochen. Auch in der der Umgebung der ukrainischen Hauptstadt Kiew schlagen wieder Raketen ein. Auf Schloss Elmau setzen die G7-Staaten unter deutscher Präsidentschaft ihren Gipfel am Vormittag fort.
Konferenz mit Selenskyj
Zwei Stunden haben die Staats- und Regierungschefs für ihre vierte Arbeitssitzung und den Austausch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj angesetzt. Gern hätten sie direkt mit ihm in dem Luxushotel in Bayern gesprochen. Gipfel-Gastgeber, Bundeskanzler, Olaf Scholz (SPD), hatte ihn eingeladen. Es ist aber zu gefährlich für ihn zu reisen. Selenskyj wird digital zugeschaltet.
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© Quelle: RND
Er steht auf Russlands Feindesliste ganz oben. Außerdem will Selenskyj sein Land auch nicht verlassen, sondern es beschützen in diesem russischen Angriffskrieg. Als die USA ihm zu Beginn der Überfalls eine Evakuierung angeboten hatten, ließ er wissen, er brauche keine Mitfahrgelegenheit, sondern Waffen.
Selenskyj wird in dem Gespräch weitere Lieferungen fordern. Die USA hatten erst am vergangenen Donnerstag Waffen im Umfang von 450 Millionen Dollar (etwa 428 Millionen Euro) angekündigt. Seit Beginn des Krieges vor vier Monaten hat die US-Regierung der Ukraine nach eigenen Angaben Waffen und Ausrüstung im Wert von rund 6,1 Milliarden US-Dollar (5,8 Milliarden Euro) zugesagt oder bereits geliefert. Deutschland legte vor einer Woche eine lange Liste der Zusagen vor.
Die Ukraine braucht aber auch Milliarden von Euro, um zu überleben. Der Internationale Währungsfonds (IWF) geht davon aus, dass das Land fünf Milliarden benötigt – monatlich. Für den Wiederaufbau des Landes nach dem Krieg wird mit mehreren hundert Millionen Euro gerechnet. Über einen von vorgeschlagenen Marshall-Plan dürfte gesprochen werden. Für Entscheidungen ist es aber viel zu früh.
Die anderen Demokratien
Scholz hat auch die Staats- und Regierungschefs von Indien, Indonesien, Senegal, Südafrika und Argentinien nach Elmau eingeladen. Er will den Club der westlichen Demokratien öffnen für widerstandsfähige Demokratien, die besondere Beziehungen zu Russland haben.
Senegal und Südafrika, die Scholz im Mai besuchte, zählten etwa zu den 35 Staaten, die sich bei der Abstimmung über die UN-Resolution zur Verurteilung des Angriffskriegs enthalten haben.
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© Quelle: dpa
Sie machen mit Russland Geschäfte und fürchten um Nachteile für ihre Länder, wenn Moskau gegenüber sie zu kritisch auftreten. Scholz will versuchen, sie nicht weiter in die Arme Russlands zu treiben, sondern mehr an den Westen zu binden. 141 Staaten hatten für die Verurteilung gestimmt.
Es wird im G7-Kreis als diplomatisches Geschick von Scholz gewertet, dass er diese Gäste dazu gebeten hat. Und sie selbst fühlen sich dem Vernehmen nach auch aufgewertet. Das sagt zwar noch nichts über Gemeinsamkeiten aus, hilft aber beim gegenseitigen Verständnis. Und den russischen Präsidenten und Kriegsherrn Putin dürfte es missfallen. Insofern macht Scholz alles richtig.
Gemeinsam werden sie über Investitionen für eine bessere Zukunft, den menschengemachten Klimawandel, Energie und Gesundheit sprechen.
Die Ernährung der Welt
Bevor es zum Abendessen mit ihren Partnerinnen und Partner der Gipfel-Chefs – einschließlich EU-Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen – geht, sprechen sie über die Welternährungslage. Womit man wieder bei Russlands Krieg gegen die Ukraine ist. Sie kann kein Getreide mehr exportieren, unter anderem weil sie Seezugänge im Schwarzen Meer selbst vermint hat, damit Moskau nicht darüber angreifen kann.
So kommen aber auch keine Schiffe aus den Häfen, ohne in die Luft zu fliegen. Auf dem Landweg lassen sich nur wesentlich geringere Mengen transportieren. Die Ukraine als Kornkammer der Welt geht zugrunde und damit auch die fragile Ernährungssicherheit in etlichen Staaten. In Afrika wird das zu Hungersnöten führen.
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© Quelle: RND/Kristina Dunz
In dieser sechsten Arbeitssitzung soll UN-Generalsekretär Antonio Guterres zugeschaltet werden, um über drohende Hungerkatastrophen zu berichten.
Die Demos
Gegnerinnen und Gegner des G7-Gipfels wollen ihren Protest gegen das Treffen der Spitzenpolitiker fortsetzen. Es ist ein Sternmarsch ab 10 Uhr auf mehreren Routen zum Tagungsort auf Schloss Elmau geplant. Letztlich wird aber nur ein Teil der Demonstranten überhaupt in die Nähe des Schlosses kommen.
Die Polizei soll eine 50-köpfige Delegation in Bussen in Sichtweite des Gipfelortes bringen. Dort können die Demonstrierende dann eine Kundgebung abhalten. Die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden ihre Protestmärsche in größerer Entfernung zum Schloss beenden müssen. 18.000 Polizistinnen und Polizisten sichern den Gipfel, zum Teil versteckt im Wald.
Bereits am Wochenende hatten mehrere Tausend Menschen in Garmisch-Partenkirchen und in München demonstriert. Es kamen aber weniger Personen als erwartet. (So nah dürfen die Demonstranten ans Schloss Elmau heran)
In der Nacht forderte Selenskyj die G7-Länder zu mehr Hilfe im Kampf gegen Russlands Angriffstruppen auf. Die russische Aggression lasse sich nur stoppen, „wenn wir alles bekommen, worum wir bitten, und in der Zeit, in der wir es brauchen - Waffen, finanzielle Unterstützung und Sanktionen gegen Russland“, erklärte Selenskyj in seiner Videoansprache. Alle Entwicklungen im Liveblog.