Gerichtsurteil stellt Gesetz gegen Hass im Netz infrage
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Eine Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes sollte den Kampf gegen Hass und Hetze im Netz verbessern. Doch das Verwaltungsgericht Köln hat Teile des Gesetzes nun für rechtswidrig erklärt.
© Quelle: dpa
Berlin. Eine Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) sollte dafür sorgen, dass Verbreiter von Gewaltaufrufen, Hass und Hetze im Netz leichter von den Strafverfolgungsbehörden zur Rechenschaft gezogen werden können. Doch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln stellt die Zukunft dieses Gesetzes nun infrage. Das Gericht gab am Dienstag Eilanträgen von Google und dem Facebook-Betreiber Meta teilweise statt. Demnach verstößt das NetzDG in Teilen gegen EU-Recht.
Dabei geht es vor allem um die Frage, ob die Betreiber der Social-Media-Plattformen potenziell strafbare Inhalte samt dazugehöriger Nutzerdaten von sich aus an das Bundeskriminalamt (BKA) weitergeben müssen.
Eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND), die einstweilige Anordnung des Verwaltungsgerichts sei noch nicht rechtskräftig. „Der Bundesrepublik steht dagegen das Rechtsmittel der Beschwerde zu“, sagte die Sprecherin. Das werde das Justizministerium nun prüfen.
Der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Günter Krings, sagte dem RND, der Gerichtsbeschluss sei ein Rückschlag „für die Bekämpfung von Hass und Hetze im Netz“. Dadurch, dass die Anbieter sozialer Netzwerke strafbare Inhalte nun nicht an das BKA melden müssten, werde die Ermittlungsarbeit erschwert.
SPD hatte das geänderte NetzDG gemeinsam mit der Union beschlossen
„Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln erging allerdings im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren. Dort gilt ein anderer rechtlicher Maßstab als in einem ordentlichen Verfahren“, sagte Krings. Die Entscheidung im Hauptsachverfahren bleibe daher abzuwarten. Die Bundesregierung sei nun gefordert, „unverzüglich zu prüfen, wie etwaige Fehler repariert werden können“.
„Wir werden die Auswirkungen des Beschlusses nun gründlich prüfen“, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sebastian Hartmann. Die SPD hatte das geänderte NetzDG gemeinsam mit der Union beschlossen. „An dem Ziel, eine konsequente Strafverfolgung von Hasskriminalität im Netz unter strikter gerichtlicher Kontrolle und unter Wahrung rechtsstaatlicher Prinzipien zu etablieren, hat sich nichts geändert“, sagte Hartmann.
Kuhle: Gerichtsurteil gutes Signal
Der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Konstantin Kuhle, sagte, das NetzDG dürfe nicht so bleiben, wie es ist. „Es ist ein gutes Signal, dass dies durch das Verwaltungsgericht Köln bekräftigt wurde“, sagte Kuhle. „Das Gesetz verpflichtet soziale Netzwerke selbst zur Löschung strafbarer Inhalte und enthält damit seit Beginn einen entscheidenden Webfehler“, erklärte der FDP-Politiker. Über die Strafbarkeit einzelner Inhalte habe in Deutschland die Justiz zu entscheiden und nicht private Unternehmen.
„Das NetzDG kam viel zu spät und war zudem handwerklich extrem schlecht gemacht“, sagte der stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Konstantin von Notz. Dringend notwendige Nachbesserungen seien über Jahre versäumt worden. „Auch der BKA-Gesetzgebung begegneten von vornherein eklatante verfassungsrechtliche Bedenken, die dazu führten, dass der Bundespräsident das Gesetz nicht unterschrieb und es grundlegend überarbeitet werden musste“, sagte von Notz.
Spätestens mit der jüngsten Rechtsprechung sei für alle offenkundig, „dass die bestehenden Gesetze noch einmal genau unter die Lupe genommen werden müssen. Genau darauf habe sich Ampelkoalition auch in ihrem Koalitionsvertrag verständigt.