Geflüchtete aus der Ukraine: Innenministerin Faeser fordert mehr Solidarität von der EU
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Geflüchtete in der Nähe des Hauptbahnhofs in Warschau.
© Quelle: IMAGO/Aleksander Kalka
Brüssel. Fast vier Millionen Menschen sind bislang aus der Ukraine geflohen, und es könnten noch mehr werden. Die EU will sich jetzt so schnell wie möglich auf ein gemeinsames Vorgehen einigen, um die größte Fluchtbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg in den Griff zu bekommen. Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) forderte am Montag in Brüssel am Rande eines Krisentreffens der EU-Innenminister mehr Anstrengungen, um die Geflüchteten fair innerhalb der EU zu verteilen.
Es gehe ihr nicht um verbindliche Verteilquoten, sagte Faeser: „Aber wir müssen aktiver verteilen und uns solidarisch in der Aufnahme zeigen.“ Nachdem die EU-Staaten Anfang März entschieden hätten, allen Geflüchteten aus der Ukraine schnell und unbürokratisch Schutz zu bieten, dürften nun „die Lasten nicht einseitig verteilt werden“, sagte die SPD-Politikerin. Von ihrer Forderung nach einer verbindlichen Verteilquote rückte Faeser inzwischen ab. Das ist offenbar der Erkenntnis geschuldet, dass es dafür keine Mehrheit in der EU gibt.
Fast 270 000 Menschen in Deutschland angekommen
Nun soll eine sogenannte Solidaritätsplattform helfen, die von der EU-Kommission betrieben wird. Flüchtlinge, die kein spezifisches Ziel in der EU haben, sollen damit über Länder und Regionen informiert werden, die Aufnahmekapazitäten haben.
Von den mehr als 44 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainern sind nach UN-Angaben mittlerweile 3,8 Millionen vor dem russischen Angriffskrieg geflohen. Mehr als zwei Millionen sind in Polen. In Deutschland hat die Bundespolizei bislang fast 270.000 Geflüchtete erfasst, überwiegend Frauen, Kinder und ältere Menschen. Die tatsächliche Zahl dürfte allerdings höher liegen, weil keine Grenzkontrollen stattfinden.
Je nach Kriegsverlauf könnten acht bis zehn Millionen Menschen aus der Ukraine fliehen, sagten EU-Diplomaten unter Berufung auf entsprechende Schätzungen der Vereinten Nationen. Zur Frage, wie viele Geflüchtete Deutschland aufnehmen könne, wollte sich Bundesinnenministerin Faeser nicht äußern.
EU will mit Geld helfen
Es sei schwierig, einen Verteilmechanismus einzurichten, sagten EU-Diplomaten am Montag. Denn im Unterschied zu den Flüchtlingen der Jahre 2015 und 2016 wollten die meisten Menschen aus der Ukraine offenbar zunächst in der Nähe ihrer Heimat bleiben. Andere hätten mit Italien und Spanien, wo es große ukrainische Gemeinden gebe, feste Ziele.
Ein weiteres Problem, an dem Verteilquoten scheitern dürften: Die EU kann sich seit der Fluchtbewegung 2015 und 2016 nicht auf eine gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik einigen.
Deshalb will die EU nun zunächst mit Geld helfen. Es sollen 17 Milliarden Euro mobilisiert werden. Damit soll vor allem den Ländern geholfen werden, in denen besonders viele Geflüchtete ankommen. Das sind Polen, die Slowakei, Ungarn und Rumänien.
Ukrainische Währung wird nicht umgetauscht
Faeser und ihr polnischer Amtskollege Mariusz Kaminski sprachen sich in diesem Zusammenhang dafür aus, Pauschalbeträge an die Geflüchteten auszuzahlen. Die EU-Kommission könnte jedem Geflüchteten für die ersten sechs Monate einen Betrag von 1000 Euro geben, heißt es in einem gemeinsamen deutsch-polnischen Brief an die Brüsseler EU-Behörde.
Mit Blick auf die Kosten zur Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge heißt es in dem Schreiben: „Unser Finanzbedarf beläuft sich bereits auf mehrere Milliarden Euro, und zusätzliche Unterstützung ist sofort erforderlich.“
Den Geflüchteten könnte auch helfen, wenn sie ihre bislang nicht konvertible ukrainische Währung Hrywnja in Euro umtauschen könnten, sagten EU-Diplomaten. Das Problem ist allerdings, dass Banken in der EU dazu nicht bereit seien. Man denke deswegen über eine Garantie nach, die vom EU-Haushalt oder den nationalen Haushalten gedeckt werde.