Fünf Fragen und Antworten zum sexuellen Missbrauch durch Kirchenangehörige
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/C4KHUAAMFBDNHAGVUTB7ECLOKY.jpg)
(Symbolbild)
© Quelle: imago images/Christian Ohde
Wie sehr bremsen Verjährungsvorschriften die Strafverfolgung?
Der Gesetzgeber hat zuletzt im Jahr 2015 dafür gesorgt, dass bei der Verfolgung von Sexualdelikten das Problem der Verjährung eine geringere Rolle spielt denn je. Für sexuellen Missbrauch von Kindern beträgt die Verjährungsfrist 20 Jahre. Und sie beginnt erst ab dem 30. Lebensjahr zu laufen. Eine Erstattung von Strafanzeigen ist also noch bis zum 50. Geburtstag auch jemandem möglich, der etwa als Zehnjähriger missbraucht wurde. Problematisch ist freilich nach so langem Zeitablauf oft die praktische Beweislage.
Droht einem Kirchenvertreter eine staatliche Strafe wegen Mitwisserschaft?
Nein. Denn im deutschen Strafrecht gibt es generell keine allgemeine Anzeigepflicht unter Bürgerinnen und Bürgern wegen des Verdachts einer Straftat. Ausnahmsweise muss nach § 138 des Strafgesetzbuchs nur Anzeige erstatten, wer von geplanten schweren Delikten wie Landesverrat, Mord und Totschlag etwas erfahren hat – und zwar „zu einer Zeit, zu der die Ausführung noch abgewendet werden kann“.
Ist das Untätigwerden in einem solchen Fall nicht Strafvereitelung?
Nur wer durch absichtliche, aktive Handlungen verhindert, dass ein anderer für eine rechtswidrige Tat bestraft wird, macht sich nach § 258 StGB der Strafvereitelung schuldig. Beispiel: Jemand lässt vorsätzlich Akten verschwinden mit dem Ziel, die Bestrafung unmöglich zu machen. Nicht strafbar ist dagegen ein lediglich nachlässiges Verhalten, etwa im Sinne einer insgesamt schlampigen Aktenführung.
Für Strafvereitelung im Amt drohen bis zu fünf Jahre Haft - gilt das auch für Bischöfe?
Nein. Bischöfe mögen zwar vielen als wichtige öffentliche Figuren erscheinen. Sie sind aber keine Amtsträger im Sinne des Paragrafen 258a StGB. Der bezieht sich nur auf Mitarbeiter von Strafverfolgungsbehörden wie Kriminalpolizistinnen und -polizisten, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte oder Richterinnen und Richter.
Hatte die katholische Kirche nicht neue interne Regelungen für mehr Strenge in Fällen sexuellen Missbrauchs erlassen?
Ja, der Effekt blieb aber mangelhaft. Schon seit 2002 schreiben Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz den Bistümern vor, „in erwiesenen Fällen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger“ die Staatsanwaltschaft zu informieren. Seit 2019 untersagt zudem eine Vorschrift aus dem Vatikan „Handlungen und Unterlassungen“, die darauf abzielen, weltliche oder kirchliche Untersuchungen zu umgehen. Vertuschung ist demnach neuerdings immerhin eine Pflichtwidrigkeit, die innerhalb der Kirche disziplinarisch geahndet werden kann. Es ist jedoch keine Straftat.