Kommentar

Finnland wird Nato-Mitglied: kein Anlass für Häme oder Jubel

Helsinki: Die Flaggen der Nato (links) und von Finnland wehen beim Treffen von Generalsekretär Stoltenberg und Finnlands Ministerpräsidentin Marin während des Besuchs des Nordatlantikrats (NAC).

Helsinki: Die Flaggen der Nato (links) und von Finnland wehen beim Treffen von Generalsekretär Stoltenberg und Finnlands Ministerpräsidentin Marin während des Besuchs des Nordatlantikrats (NAC).

Würde die Nato einen Verdienst­orden für das Anwerben neuer Mitglieder vergeben, sie müsste ihn an Wladimir Putin vergeben. Ein Jahrzehnt lang hat niemand stärker als der Kremlchef dafür gesorgt, dass das westliche Verteidigungs­bündnis sich so kräftig ausdehnt und militärisch erstarkt.

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Nato-Beitritt von Finnland: Türkei stimmt als letztes Mitglied zu

Damit haben alle 30 Nato-Mitglieder die finnische Mitgliedschaft abgesegnet.

Denn während die Aufnahme ehemaliger Ostblock­staaten in den 2000er-Jahren deren Wunsch entsprach, aus dem russischen Einfluss­bereich unter die Fittiche des Westens zu wechseln, hatten das Finnland und Schweden nie vor.

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Die Finnen waren stolz auf ihre acht Jahrzehnte währende Neutralität, die zugleich für Deeskalation wie für Kooperations­bereitschaft stand. Allein Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine verkehrte die Stimmung ins Gegenteil – kein Wunder bei einem so unberechenbaren wie aggressiven Nachbarn.

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Indem nun die Türkei – nach den ärgerlichen Macht­spielchen des Staats­präsidenten – zumindest dem Beitritt Finnlands zugestimmt hat, räumte sie die letzte Hürde davor ab, dass sich die Nato-Grenze zu Russland sehr bald mehr als verdoppelt. Zudem tritt kein hilfsbedürftiges, sondern ein militärisch agiles Land bei.

Niederlage für Putin

Egal, ob Putin das im Vorfeld einkalkuliert oder falsch eingeschätzt hat – er hat sich schwer verzockt. Dass er in seiner jüngsten Kriegsansprache dennoch den Vorwurf wiederholte, die Nato-Erweiterungen hätten ihn zum Gegen­angriff gezwungen, entlarvt sich da von selbst als Paranoia oder Lüge.

Doch es ist nicht die Zeit für Häme oder Jubel. Zum einen, weil Schweden noch immer unter Erdogans Spielchen leiden und zusehen muss. Vor allem aber, weil für alle, die nach dem Fall des Eisernen Vorhangs auf eine Ära ohne Block­konfrontation gehofft hatten, ein Traum stirbt.

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Besonders ernüchternd ist, dass daran kein Werben der Nato, kein Druck der USA, keine Kriegstreiber in Helsinki schuld sind – sondern die bittere Einsicht, dass das Recht des Stärkeren eben doch die Welt dominiert.

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