„Werden Klimaziele definitiv nicht erreichen“: Expertenrat fordert Regierung zum Handeln auf
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Prof. Dr. Thomas Heimer, Ratsmitglied ERK, Hochschule RheinMain, Prof. Dr. Hans-Martin Henning, Vorsitzender Expertenrat für Klimafragen ERK, Dr. Brigitte Knopf, Stellv. Vorsitzende ERK, Generalsekretärin am Mercator Research Institute.
© Quelle: IMAGO/Metodi Popow
Berlin. Deutschland wird die für 2030 gesteckten Klimaziele nicht erreichen, wenn die Politik weitermacht wie bisher. Das analysiert der von der Bundesregierung eingesetzte Expertenrat für Klimafragen in seinem ersten Bericht, den die Kommission am Freitag in Berlin veröffentlichte. Damit erscheint er gerade pünktlich zu der 27. UN-Klimakonferenz COP27, die am Sonntag in Ägypten startet. „Mit einem ‚Weiter so‘ werden wir die Klimaziele definitiv nicht erreichen“, sagte Brigitte Knopf, stellvertretende Vorsitzende des Rats. Dafür brauche es einen „Paradigmenwechsel“.
In dem Gutachten untersucht das unabhängige Gremium, wie sich die Treibhausgasemissionen in den vergangenen zwei Jahrzehnten entwickelt haben und wie wirksam die Maßnahmen der Regierung sind, um die Klimaziele zu erreichen.
Handlungsempfehlungen des Klimaexpertenrats an die Politik
„Wir müssen alle Hebel in Bewegung setzen, wenn wir die Ziele erreichen wollen“, mahnte Brigitte Knopf. Sie kritisierte, dass sich die Regierung bislang auf „nur einen Hebel“ konzentriert habe: den Aufbau neuer energieeffizienter Technologien. Dies habe zwar dazu geführt, Treibhausgasemissionen zu senken. Doch der Effekt sei konterkariert worden, so zum Beispiel durch das Konsumverhalten der Bürgerinnen und Bürger. Darauf müsse die Regierung mit gezielten Maßnahmen wie Preisanreizen und Informationskampagnen Einfluss nehmen, wenn sie die Klimaziele erreichen wolle, sagte Knopf.
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Thomas Heimer (v. l.), Hans-Martin Henning und Brigitte Knopf von dem Expertenrat für Klimafragen veröffentlichen den ersten Bericht zur Klimapolitik in Deutschland. Sie fordern einen Paradigmenwechsel.
© Quelle: IMAGO/Metodi Popow
Ein weiterer Hebel sei der Rückbau alter Technologien. Gerade Autos und Heizungen, die auf fossile Energieträger angewiesen seien, sollten abgebaut werden. „Wir müssen die fossilen Kapitalstücke vom Markt nehmen“, betonte Thomas Heimer vom Expertengremium. „Die Erde ist ein in sich geschlossenes System. Da bringt es nichts, sie in Drittländer zu transferieren“, so Heimer.
Industrie müsste Treibhausgasemissionen stark reduzieren
Von 2000 bis 2021 seien die Treibhausgasemissionen in Deutschland um knapp ein Drittel zurückgegangen. Zu dieser Reduzierung hätte der Energiesektor am stärksten beigetragen: Er sei für gut die Hälfte der Minderungen verantwortlich. Zurückzuführen sei dies auch auf den Ausbau erneuerbarer Energien. Das Wirtschaftswachstum und das Konsumverhalten hätten die Emissionen in den vergangenen 20 Jahren hingegen in die Höhe getrieben. Das zeigen die Untersuchungen der Forscherinnen und Forscher.
Um die Klimaziele bis 2030 tatsächlich zu erreichen, müsste sich der durchschnittliche Rückgang der Emissionen laut Expertenrat bis 2030 verdoppeln, in der Industrie sogar verzehnfachen und im Verkehr vervierzehnfachen.
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Gerade im Verkehr müsste sich noch viel verändern, um die Klimaziele bis 2030 zu erreichen. Dem Bericht des Expertenrats zufolge haben Pkw den größten Anteil an den Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor in Deutschland.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr und der Sektor Gebäude machten 2021 laut Gutachten des fünfköpfigen Expertenrats rund 90 Prozent der Treibhausgasemissionen aus. Die verbleibenden 10 Prozent entfielen unter anderem auf die Landwirtschaft sowie auf die Abfallwirtschaft.
Ökonomische versus ökologische Ziele
„Die Herausforderung der Klimapolitik liegt darin, energiepolitische Ziele mit sozialpolitischen und wirtschaftlichen Zielen in Einklang zu bringen“, sagt Hans-Martin Henning, Vorsitzender des Gremiums und Institutsleiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme.
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Während der Pandemie seien deutlich weniger Treibhausgase ausgestoßen worden. Das habe hauptsächlich daran gelegen, dass Menschen weniger Auto gefahren und weniger geflogen seien. „Wir wollen aber auch nicht, dass alle Menschen zu Hause bleiben und keiner mehr fährt oder fliegt“, stellte die stellvertretende Vorsitzende des Expertenrats Brigitte Knopf klar.
Gaspreisbremse könnte für steigende Emissionen sorgen
Laut Gutachten des Expertenrats sanken die Emissionen von Privathaushalten vor allem zwischen 2000 und 2010. Das seien auch die Jahre gewesen, in denen Energiepreise vergleichsweise hoch waren. Wenn diese wieder sinken, sei es wahrscheinlich, dass der Verbrauch steige und damit auch die Emissionen. Diesen Effekt könnte auch die von der Regierung geplante Gaspreisbremse haben, befürchtete die Klimakommission.