EU will Sondertribunal für russische Kriegsverbrecher einrichten
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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen fordert ein internationales Sondergericht für russische Kriegsverbrecher.
© Quelle: IMAGO/Lehtikuva
Brüssel. Die Europäische Union will sich für die Einsetzung eines internationalen Sondertribunals einsetzen, das russische Kriegsverbrechen in der Ukraine untersuchen soll. Das erklärte EU‑Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch in einem Video.
Russland und seine Oligarchen müssen die Ukraine für die Schäden entschädigen und die Kosten übernehmen, um das Land wiederaufzubauen.
Ursula von der Leyen,
EU‑Kommissionspräsidentin
Auch will die CDU-Politikerin russisches Vermögen in Milliardenhöhe, das in der EU eingefroren ist, für den Wiederaufbau der Ukraine nutzen. „Russland und seine Oligarchen müssen die Ukraine für die Schäden entschädigen und die Kosten übernehmen, um das Land wiederaufzubauen“, sagte von der Leyen. Die Schäden in der Ukraine beliefen sich vermutlich auf 600 Milliarden Euro.
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Hohe EU‑Beamte räumten kurz danach ein, dass es lange dauern könnte, bis die Pläne Realität werden. Zwar untersucht der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag mutmaßliche Kriegsverbrechen der Russen in Butscha und Mariupol. Doch Verhandlungen gegen mutmaßliche russische Kriegsverbrecher in Den Haag sind unwahrscheinlich, weil Russland den Gerichtshof nicht anerkennt.
Russland dürfte eine entsprechende Resolution im UN‑Sicherheitsrat mit seinem Vetorecht blockieren. Deswegen will die EU in der UN‑Generalversammlung für ihre Idee werben. „Wir sind bereit, mit der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten, um dieses Fachgericht möglichst umfassend international zu unterstützen“, sagte von der Leyen. Ob das Werben erfolgreich ist, lasse sich heute noch nicht sagen, so EU‑Beamte.
Wiederaufbau mit russischem Vermögen
Vor Schwierigkeiten steht die EU‑Kommission auch mit ihrer Idee, eingefrorenes russisches Vermögen für den Wiederaufbau der Ukraine zu verwenden. Nach von der Leyen wurden in der EU in den vergangenen Monaten 300 Milliarden Euro aus Reserven der russischen Zentralbank blockiert. Zudem seien Vermögenswerte russischer Oligarchen in Höhe von 19 Milliarden Euro eingefroren worden.
Kurzfristig könne mit internationalen Partnern eine Struktur geschaffen werden, um die Mittel zu verwalten und zu investieren, sagte die Kommissionspräsidentin. Die Erlöse sollten dann für die Ukraine verwendet werden.
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Nähere Details zu dieser Struktur nannte von der Leyen nicht. Das liegt daran, dass die EU‑Kommission mit ihren Ideen juristisches Neuland betritt. Staatsvermögen wie die Gelder der russischen Zentralbank dürfen bislang zwar eingefroren, aber nicht von Dritten verwendet werden. In der Brüsseler EU‑Behörde hoffen die Experten, genügend internationale Unterstützung zu bekommen, um den Plan dennoch umsetzen zu können.
Auch an das Vermögen russischer Oligarchen kommt die EU nicht problemlos heran. Um es einziehen zu können, muss der Nachweis geführt werden, dass die Oligarchen an Kriegsverbrechen beteiligt waren.
Die EU‑Kommission will es nun über einen Umweg probieren. Nach dem Vorbild von Gesetzen gegen die organisierte Kriminalität soll das Umgehen von Sanktionen ein Straftatbestand in der gesamten EU werden. Gelingt das, könnte zumindest in der Zukunft das Vermögen von russischen Oligarchen leichter enteignet werden, hieß es in Brüssel.
Trotz der hohen Hürden begrüßten Europaabgeordnete den Vorstoß von der Leyens. „Es ist nur ein erster Schritt, aber der Schritt geht in die richtige Richtung“, sagte der Grünen-Abgeordnete Sergey Lagodinsky dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Die Forderung nach einem Sondertribunal für das Verbrechen des Angriffskrieges „ist eine lange bestehende Forderung des Parlaments und mir persönlich“, so der Jurist weiter.
Auch die Finanzierung des Wiederaufbaus aus russischem Vermögen müsse organisiert werden. „Wichtig ist dabei, dass wir einen Weg finden, der rechtsstaatlich und völkerrechtlich konform ist“, sagte der in der Sowjetunion geborene Politiker.