EU kämpft gegen Klimawandel: Finanzierung des „Green Deals“ sorgt schon jetzt für Streit
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Der Ausstieg aus der Kohleverstromung ist ein Kernelement in den Klimaplänen der EU.
© Quelle: imago/Future Image
Straßburg. Es ist eine Eins mit zwölf Nullen: Eine Billion Euro will die EU-Kommission im kommenden Jahrzehnt für den Kampf gegen den Klimawandel aufbringen. Ein Zehntel davon, also 100 Milliarden Euro, soll in Regionen fließen, die noch von der Kohle abhängig sind und die der Strukturwandel besonders schwer treffen wird. Doch ob die gewaltige Summe ausreicht, um Europa bis 2050 zum ersten CO₂-neutralen Kontinent zu machen, ist noch ebenso unsicher wie die Frage, ob das Geld überhaupt aufgebracht wird. Der Verteilungskampf hat am Dienstag im Europaparlament in Straßburg begonnen.
EU: „Wir haben keine Wahl“
Frans Timmermans, Vizepräsident der EU-Kommission, erging sich während seiner kurzen Rede im Straßburger Parlament weitgehend in Allgemeinplätzen. Die EU habe die Fähigkeiten und das Wissen, um den sogenannten „Green Deal“ durchzusetzen und niemanden dabei zurückzulassen, sagte der Niederländer. Sein Kommissionskollege Valdis Dombrovskis aus Lettland assistierte mit den Worten: „Wir haben ohnehin keine Wahl.“
Der Kampf gegen den Klimawandel wird die Amtszeit der neuen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen prägen. Die ehemalige deutsche Verteidigungsministerin hat die gewaltige Aufgabe bereits mit der Mondlandung vor mehr als einem halben Jahrhundert verglichen.
Konflikt ist programmiert
Doch schon die Finanzierung des sogenannten „Mechanismus für einen gerechten Übergang“ dürfte für viel Streit im EU-Betrieb sorgen. Denn von den 100 Milliarden Euro sind lediglich 7,5 Milliarden frisches Geld aus der EU-Kasse. Der Rest soll aus bereits bestehenden Regional- und Strukturfonds kommen beziehungsweise von privaten Investoren.
Ziel sei es, so EU-Vertreter am Dienstag in Straßburg, den Ausstieg aus den klimaschädlichen fossilen Energien so sozial verträglich wie möglich zu machen. Neue Jobs sollen mit dem Geld geschaffen, umweltfreundliche Unternehmen angesiedelt, Umschulungen bezahlt und ehemalige Kohleabbau-Gebiete rekultiviert werden. Die EU hat 108 Regionen definiert, in denen es heute noch knapp 250.000 Arbeitsplätze in der fossilen Energieindustrie gibt. Darunter fallen auch die Kohleregionen in der Lausitz und in Nordrhein-Westfalen.
CDU: Deutschland nicht vergessen
Die Verteilung des Geldes auf die Regionen ist allerdings noch unklar. Peter Liese, Europaabgeordneter der CDU, warnte bereits davor, die Kohleregionen im vergleichsweise wohlhabenden Deutschland nicht zu berücksichtigen. Es sei ein „Skandal“, dass offenbar einzelne Mitglieder der EU-Kommission diese Position vertreten hätten, so Liese.
Kritik kam auch vom Grünen-Abgeordneten Niklas Nienaß. Er sagte, dass die von der EU-Kommission vorgeschlagenen 7,5 Milliarden Euro bei Weitem nicht ausreichten, „um die wirtschaftliche Wende sozial zu gestalten und alle Kohleregionen ausreichend zu unterstützen“. Die EU-Kommission dürfe nicht mit Taschenspielertricks Geld von einem Fonds in den anderen wirtschaften und eine strukturschwache Region gegen die andere ausspielen.
Im Ziel sind sich alle einig: Um Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 zu erreichen, ist eine Abkehr von Kohle, Öl und Gas nötig. Auch müssen Wirtschaft, Landwirtschaft, Verkehr und private Energienutzung komplett umgebaut werden.
Einigkeit über das Ziel, Streit um den Weg
Doch der Weg dahin ist umstritten. Während Grüne, Sozialdemokraten und Liberale im Europaparlament auch mit Verboten arbeiten wollen, lehnen das die europäischen Konservativen weitgehend ab. Sie setzen auf die Kräfte des Marktes und den Emissionshandel, damit sich neue Technologien durchsetzen können.
Zudem ist unklar, ob die gewaltige Summe von einer Billion Euro zusammenkommt. Deutschland etwa wehrt sich noch vehement gegen eine Erhöhung des mehrjährigen EU-Haushaltes für die Jahres 2021 bis 2027. Das aber wäre nach Ansicht von EU-Kommission und EU-Parlament eine Bedingung für einen Erfolg im Kampf gegen den Klimawandel.