Ein bisschen Kritik, ein bisschen Frieden: Das entspannte Verhältnis der Jusos zu Olaf Scholz

Olaf Scholz stellt sich den Fragen von Juso-Chefin Jessica Rosenthal.

Olaf Scholz stellt sich den Fragen von Juso-Chefin Jessica Rosenthal.

Frankfurt. Die Juso-Vorsitzende Jessica Rosenthal will es wissen. Wie er sich die Zusammenarbeit mit den Jusos künftig vorstelle, fragt sie den kommenden Bundeskanzler. „Zunächst mal stelle ich mir vor, dass ihr oft begeistert seid über das Regierungshandeln“, sagt Olaf Scholz – wohl wissend, dass er damit Lacher unter den Juso-Delegierten erzielt.

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Es ist ein Lachen, das zeigt: Ganz so wird es sicher nicht kommen. Aber es zeigt eben auch, dass die Jusos und der künftige sozialdemokratische Kanzler angesichts des Wahlerfolgs bei der Bundestagswahl entspannt und heiter miteinander umgehen.

Die Jusos sind ein Machtfaktor in der SPD. Vor allem dank ihrer Unterstützung sind Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken vor zwei Jahren Parteivorsitzende geworden – wobei die beiden Kandidaten in einer Mitgliederbefragung Olaf Scholz besiegten. Und: 49 Abgeordnete, ein Viertel der neuen SPD-Bundestagsfraktion sind im Juso-Alter, auch wenn sie nicht alle für den dezidiert linken Juso-Kurs stehen.

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„Es ist wichtig, dass ihr alle schön auf euren Plätzen sitzt, wenn Olaf kommt“, lautet die Ansage vom Tagungspräsidium an die Delegierten beim Juso-Bundeskongress in Frankfurt. Es klingt ein bisschen wie der Wunsch eines Lehrers an seine Klasse, dass alles ein bisschen nett aussehen soll, wenn Unterrichtsbesuch durch den Direktor ansteht.

Hybrider Kongress

Wegen der aktuellen Corona-Situation findet das Treffen hybrid statt. Das heißt: Nur ein Teil der Juso-Vertreter ist bei dem Kongress in einer Halle von Eintracht Frankfurt dabei, unter 2G-plus-Bedingungen: also nicht nur geimpft oder genesen, sondern auch getestet. Die meisten sitzen zu Hause vor den Bildschirmen. Dass Scholz sich im Saal dafür feiern lassen kann, dass er noch mal seine Wahlkampfklassiker – wie die Erzählung davon, dass er sich mehr Respekt in der Gesellschaft wünsche – vorträgt, ist keine Selbstverständlichkeit.

Vor vier Jahren las der gerade gewählte Juso-Chef Kevin Kühnert Martin Schulz auf dem Juso-Bundeskongress die Leviten, weil der damalige SPD-Chef begann, von seinem Nein zur großen Koalition abzurücken. Schulz – schwer erkältet und politisch angeschlagen – rief den Jusos damals zu, er strebe keine große Koalition, keine Minderheitsregierung und keine Neuwahlen an. „Ich strebe gar nix an“, sagte er. Applaus gab es dafür nicht.

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Wird Hartz IV überwunden?

Als Olaf Scholz am Samstag in den Saal kommt, sitzen die Jusos tatsächlich brav auf ihren Plätzen. Ein paar kritische Botschaften an den kommenden Kanzler haben sie aber auch. Der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende der Jusos, Konstantin Aichinger, sagt zu dem Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, Hartz IV werde überwunden: „Schön wär‘s.“ Bei dem, was da als neues Bürgergeld angekündigt sei, gebe es „einen Interpretationsspielraum, der so groß ist wie das Selbstbewusstsein von Friedrich Merz“. Es müssten zwingend die Regelsätze erhöht werden, fordert Aichinger.

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Ein weiterer Kritikpunkt vieler Jusos ist, dass es der Ampel nicht gelinge, mehr Verteilungsgerechtigkeit herzustellen, etwa durch eine Vermögenssteuer. Es gibt aber immer wieder auch den Zusatz, es sei ja klar gewesen, dass dies mit der FDP nicht gehe. So viel Verständnis hätten sich Scholz und die frühere SPD-Chefin Andrea Nahles sicher auch im Umgang mit der großen Koalition gewünscht.

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Juso-Chefin Jessica Rosenthal wird auf dem Kongress als Vorsitzende wiedergewählt – mit 73 Prozent. Das ist etwas weniger als beim letzten Mal, aber in der Tradition der streitlustigen Jusos ein gutes Ergebnis. Die Jusos dringen auf eine allgemeine Impfpflicht in der Corona-Pandemie – und treiben dabei die eigene Partei tatsächlich ein Stück vor sich her. Insgesamt steht ihnen nach der erfolgreichen Bundestagswahl aber der Sinn nach ein bisschen Frieden: im Jugendverband und auch im Verhältnis zur SPD. Es ist eine spannende Frage, ob das im Regierungsalltag der Ampel über längere Zeit halten kann.

Bei den Jusos sind keine Erfolgsfans, wir sind die Dauerkartenbesitzer

Eine Juso-Delegierte

Sie sei vor zehn Jahren in die SPD eingetreten und bis vor Kurzem habe sie keine Wahl gewonnen, so beschreibt eine Delegierte die Gefühlslage von vielen. „Bei den Jusos sind keine Erfolgsfans, wir sind die Dauerkartenbesitzer“, ruft sie in den Raum. Und Dauerkartenbesitzer wollten den eigenen Verein nun einmal immer verbessern.

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Scholz verspricht, dass Gespräche zwischen ihm und den Jusos beständig stattfinden sollten. Er wisse aus seiner eigenen Zeit als Juso, dass das keine Selbstverständlichkeit sei.

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