Dienstpflicht, Soli, Umwelthilfe – auch darüber debattiert die CDU
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Interessiert sich noch wer für die Inhalte – oder bleiben die auf dem Hamburger CDU-Parteitag in den Mäppchen?
© Quelle: dpa
Hamburg. Personalfragen dominieren den 31. Bundesparteitag der CDU in Hamburg. 1001 Delegierte entscheiden am Freitag über die Nachfolge Angela Merkels; als aussichtsreichste Kandidaten gelten die bisherige CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer und der frühere Unions-Fraktionschef Friedrich Merz. Zur Wahl stehen zudem die stellvertretenden Parteivorsitzenden, das Präsidium und der Bundesvorstand.
Bei der Vielzahl zu erwartender Bewerbungsreden drohen die Inhalte außer Acht zu geraten. Dabei wollen die Christdemokraten am Samstag auch drei Leitanträge beraten und beschließen – einen über die Leitfragen für ein neues Grundsatzprogramm, einen zur sozialen Marktwirtschaft und einen zur Stärkung der Bundeswehr. Außerdem stehen 226 „sonstige Anträge“ zur Debatte, die in der Partei teils sehr umstritten sind – und deren Annahme Folgen für die große Koalition haben könnte. Die wichtigsten Anträge im Überblick:
Dienstpflicht
CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer hat in ihrer Partei offenbar einen Nerv getroffen, als sie im Sommer die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht zum Thema machte. Gleich zwölf Anträge aus unterschiedlichen Lagern der Union greifen die Dienstpflicht auf; sie unterscheiden sich vor allem im Grad der Verbindlichkeit, den ein solcher Dienst haben sollte. Die Antragskommission der Partei rät zum recht vagen Vorschlag, den die Frauen-Union eingebracht hat: Sie spricht sich für mehr zivilgesellschaftliches Engagement aus – und für eine "Debatte" darüber, wie dies erreicht werden soll.
Doppelte Staatsbürgerschaft
Eigentlich ist zu dem Thema in der CDU alles gesagt. Seit 2016 liegt ein von der Jungen Union initiierter Parteibeschluss vor, der den Doppelpass ablehnt. Doch unter Verweis auf die Zwänge der damaligen Koalitionsvereinbarung mit der SPD setzte sich Kanzlerin Merkel damals darüber hinweg. Damit wollen sich viele Delegierte nicht abfinden – das Thema kommt jetzt wieder zur Sprache. Im Passus, der bei den Delegierten Aussicht auf Erfolg hat, heißt es: „Die CDU Deutschlands bekräftigt ihre im gemeinsamen Regierungsprogramm von CDU und CSU zum Ausdruck gebrachte Ablehnung einer generellen doppelten Staatsangehörigkeit.“ Mehrstaatlichkeit soll vermieden werden und nur im Ausnahmefall möglich sein. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird aufgerufen, „einen Zeitplan für entsprechende Änderungen des Staatsangehörigkeitsrechts in der laufenden Legislaturperiode zu entwickeln“.
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Betriebsrenten
Wer über eine Betriebsrente vorsorgt , muss sowohl in der Anspar- als auch in der Auszahlungsphase Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zahlen. Diese seit 2004 geltende Doppelverbeitragung in der betrieblichen Altersversorgung will die Unions-Mittelstandsvereinigung abstellen. Zudem soll die bisher mit 152 Euro bemessene Freigrenze für beitragspflichtige Einnahmen versicherungspflichtig Beschäftigter in einen Freibetrag umgewandelt werden. Diese "Problematik" will die Parteispitze "erneut prüfen".
Solidaritätszuschlag
Die Mittelstandsvereinigung hat dazu eine klare Meinung: „Der Solidaritätszuschlag muss noch in der laufenden Legislaturperiode vollständig abgeschafft werden“, fordert die vom Bundestagsabgeordneten Carsten Linnemann geführte Gruppe. Die Parteiführung ist da zurückhaltender: „Die CDU Deutschlands will den Solidaritätszuschlag bis Ende 2021 vollständig abschaffen. Dabei halten wir am Ziel eines ausgeglichenen Haushalts ohne neue Schulden fest“, heißt es im Kompromissvorschlag der Antragskommission. Auch dies weicht vom Koalitionsvertrag ab, in dem sich Union und SPD zur Abschaffung des Soli für 90 Prozent der Steuerzahler verpflichtet haben.
Umwelthilfe
Die von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) in vielen Städten erfolgreich angestrengten Klagen für Diesel-Fahrverbote sind vielen in der Union ein Dorn im Auge. Die Mittelstandsvereinigung würde der DUH die Mittel aus dem Bundeshaushalt am liebsten umgehend streichen. Die Antragskommission empfiehlt zu prüfen, ob die DUH noch die Kriterien für die Gemeinnützigkeit erfüllt. Auch soll für sie die Möglichkeit von Verbandsklagen abgeschafft werden.
UN-Migrationspakt
Der Kandidat für den CDU-Vorsitz Jens Spahn hatte eine Debatte über den UN-Migrationspakt gefordert, die rechtskonservative Werteunion hatte einen kritischen Antrag dazu eingereicht. Doch mit der kürzlich von der Unionsfraktion im Bundestag vereinbarten Zusatzerklärung, wonach das Anfang kommender Woche in Marrakesch formal anzunehmende Abkommen keine rechtlichen Auswirkungen auf Deutschland haben werde, hat sich das Thema aus Sicht der Parteispitze erledigt. Die Werteunion will nun in Hamburg über den UN-Flüchtlingspakt debattieren. Sie fordert, dass auch zu diesem die Bundestagsfraktion eine Erklärung verabschiedet, ehe dessen Annahme durch die UN-Vollversammlung Mitte Dezember ansteht.
Von Marina Kormbaki/RND