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Kommentar zu Olaf Scholz

Die Kriegssprache des Kanzlers

Der Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Der Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Berlin. Olaf Scholz hat das wirklich alles gesagt. Klar, ernst, martialisch. Vielleicht wird seine „Wage es nicht!“-Warnung an den russischen Präsidenten erst langsam seine Wirkung in Deutschland entfalten, weil die grauenvollen Bilder aus der Ukraine Seele und Geist so sehr in Beschlag nehmen. Worte kommen dagegen manchmal schwer an. Und der Bundeskanzler ist auch kein Mensch des dramatischen und emotionalen Auftritts.

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Aber man sollte sich nichts vormachen – der SPD-Politiker hat bei „Anne Will“ seinen Ton verschärft und deutlich gemacht, dass die Gefahr einer Eskalation von Putins Krieg gegen die Ukraine groß und ein Übergreifen auf den Westen nicht mehr ausgeschlossen ist.

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Erstens: Scholz und die anderen Nato-Partner trauen Putin einen Einsatz von Bio- und Chemiewaffen in der Ukraine zu. Sie scheuen sich zwar davor, von einer „roten Linie“ zu sprechen, die dann überschritten wäre. Denn damit würden sie eine militärische Reaktion ankündigen.

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Der frühere US-Präsident Barack Obama hatte im Syrien-Krieg einer entsprechenden Drohung keine Taten folgen lassen. Mit Moskau wird deshalb jetzt eine andere Form der Kommunikation gewählt. Aber wenn der Kanzler den Kremlchef vor einem Giftgasangriff warnt und dann betont, „wir sind stark genug“, hat das nichts mehr mit möglichen weiteren Wirtschaftssanktionen zu tun.

Der Westen weiß, dass es seine Bürgerinnen und Bürger nicht aushalten würden, wenn im Nachbarstaat dreier Nato-Länder völkerrechtswidrige Waffen gegen Männer, Frauen und Kinder eingesetzt würden und die transatlantische Militärallianz, die Grund zur Sorge auch um das eigene Territorium haben muss, tatenlos zusähe.

Scholz sagt zwar, dass die Nato keine Kriegspartei in der Ukraine werde. Aber das schließt nicht aus, dass die Nato bereits darüber berät, wie sie im Ernstfall reagieren könnte, ohne in den Krieg zwischen Russland und der Ukraine hineingezogen zu werden.

„Wir werden jeden Zentimeter Nato-Territorium verteidigen“

Und zweitens: Die Nato traut Putin inzwischen alles zu, Scholz spricht davon, dass es auch um die „eigene Sicherheit“ geht. Eigentlich müsste einem beim Zuhören die Luft wegbleiben. Der Kanzler erklärt, Deutschland müsse sich darauf vorbereiten, dass Putins Russland bereit sei, seine Interessen mit Gewalt durchzusetzen.

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Denn wer einmal Grenzen verschiebe wie mit der Krim, der werde das auch wieder tun. Deshalb erwägt Scholz jetzt die Errichtung eines Raketenschutzschilds nach israelischem Vorbild Iron Dome. Diese „Eisenkuppel“ wehrt palästinensische Raketenangriffe ab.

Iron Dome für Deutschland? Russlands Krieg gegen die Ukraine löst Debatte aus

In der Ukraine führt Russlands Präsident Putin Krieg.

Wovor sollte ein solches Raketenschutzschild Deutschland schützen? Vor Raketen aus Russland. Das ist Scholz‘ Botschaft. Und wer es immer noch nicht glauben mag nach so vielen Jahrzehnten des Friedens in Deutschland, sollte noch dieses Zitat von Scholz beachten: „Wir werden jeden Zentimeter Nato-Territorium verteidigen.“ Die Eisenkuppel würde auch nicht nur allein von Deutschland angeschafft. Es wäre ein Rüstungsprojekt zumindest wohl mit osteuropäischen Staaten.

Es darf bloß keiner die Nerven verlieren

Es ist nun eine kriegerische Sprache des Bundeskanzlers, der nicht dazu neigt, seine Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzen zu wollen. Aber eben weil er stets beherrscht und sachlich auftritt, haben seine Erklärungen für die deutsche Aufrüstung eine neue Dimension.

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Sie zeugen auch von einem zutiefst besorgten Bundeskanzler, der selbst davon spricht, dass ihn Putins Geopolitik – sofern man sein Machtstreben so nennen kann – „geängstigt“ habe.

Nach Joe Bidens irritierender Äußerung, Putin könne doch nicht an der Macht bleiben, haben aber auch Nato-Mitglieder am Wochenende kurz den Atem angehalten. Es darf jetzt nur kein Regierungschef oder Präsident die Nerven verlieren.

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