Vor dem Parteitag: Grüne wollen der Atomkraft nur eine Gnadenfrist gewähren
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Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Freitag im Bundestag.
© Quelle: Britta Pedersen/dpa
Berlin. Die Politische Bundesgeschäftsführerin der Grünen ließ zuletzt keinen Zweifel daran, wohin die Reise der Partei geht – nämlich wie schon seit über 40 Jahren in Richtung Atomausstieg. „Die rote Linie ist für uns als Partei ganz klar: Wir wollen keine neuen Brennelemente“, sagte Emily Büning vor dem am Freitag beginnenden Parteitag in Bonn und angesichts des aktuellen Streits in der Ampelkoalition.
Ein Antrag des Bundesvorstandes der Grünen ist ebenso unmissverständlich. „Für uns ist klar: Der Atomausstieg bleibt. Atomkraft ist und bleibt eine Hochrisikotechnologie“, steht darin.
Streit um Waffenexporte
Zwar gilt der coronabedingt erste grüne Präsenzparteitag seit 2019 als in Teilen durchaus unwägbar. Doch in der Atomfrage steht die Partei, und zwar recht geschlossen.
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Für innerparteilichen Unmut sorgt, dass die Bundesregierung kürzlich Rüstungsexporte an Saudi-Arabien genehmigt hat – in der Erwartung, im Gegenzug Öl und Wasserstoff von der Diktatur am Golf zu bekommen, die im Jemen Krieg führt. Kurz vor dieser Entscheidung hatte Grünen-Chef Omid Nouripour einen Vorstoß von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) zur Lockerung der Rüstungsexportregeln noch zurückgewiesen.
Strittig ist ebenfalls, dass die grünen Wirtschaftsministerien im Bund und in Nordrhein-Westfalen den Kohleausstieg im Rheinischen Revier von 2038 auf 2030 vorziehen wollen, um angesichts der aktuellen Energiekrise zwei Braunkohlekraftwerke länger als bisher geplant laufen zu lassen. Die Siedlung Lützerath, die ein Symbol für die Klimaschutzbewegung ist, soll weichen.
Der Sprecher der Grünen Jugend, Timon Dzienus, sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Wir erwarten vom Parteitag ein deutliches Signal, dass wir die Krisen solidarisch bewältigen wollen und die Probleme nicht gegeneinander ausspielen. Wir können die Energiekrise nicht lösen, indem wir die Klimakrise befeuern, und wir können die Klimakrise nicht lösen, indem wir die soziale Krise befeuern.“ Lützerath abzubaggern, sei falsch.
Nur: Bei dem seit Jahrzehnten eingeübten Motto „Atomkraft? Nein danke!“ wird es kein grünes Wanken geben. Das dürfte sich schon am Freitagabend zeigen, wenn das Thema auf der Tagesordnung steht. Die Grünen wollen den Meilern Isar 2 und Neckarwestheim 2 in Bayern und Baden-Württemberg eine Gnadenfrist bis zum Frühjahr 2023 gewähren. Das Atomkraftwerk Emsland soll hingegen, wie es das geltende Atomgesetz vorsieht, bereits am 31. Dezember stillgelegt werden.
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Was die Grünen nicht wollen, ist eine Laufzeitverlängerung aller drei Werke bis zum Frühjahr 2024. Sie würde den Kauf neuer Brennstäbe voraussetzen. Erst recht nicht wollen sie stillgelegte Atomkraftwerke reaktivieren. Für beides plädiert die FDP. Im Gegenteil: Der grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat die Liberalen mehrfach ermahnt. Wenn sie dem Streckbetrieb und einer entsprechenden Änderung des Energiesicherungsgesetzes nicht zustimmen würden, dann sei mit der Atomenergie bereits zum Jahresende Schluss, sagte er.
„Keine neuen Brennelemente“
Verhandlungsspielraum existiert nur insofern, als auch im Vorstandsantrag steht: „Entscheidend ist für uns, dass keine neuen Brennelemente beschafft werden.“ Das würde einen Streckbetrieb des Meilers im Emsland zumindest nicht völlig ausschließen.
Zwar gibt es Einzelne in der Partei, denen schon der Streckbetrieb zu viel ist. Doch Habeck wird am Freitagabend ans Rednerpult treten und auch hier dagegenhalten. Die Unterstützung der 800 Delegierten dürfte ihm sicher sein.