Kommentar

Die Abschaffung von Paragraf 219a beendet gleich mehrere Stigmata

"150 km zum nächsten Schwangerschaftsabbruch? Weg mit §219" - Mit Plakaten wie diesem demonstrierten in Hamburg Frauen gegen die zunehmenden Probleme, einen Arzt für einen Schwangerschaftsabbruch zu finden. Auch in Flensburg sorgt das Thema für Streit, weil das neue Klinikum dort keine Abbrüche mehr vornehmen will.

„150 km zum nächsten Schwangerschaftsabbruch? Weg mit Paragraf 219a“: Mit Plakaten wie diesen demonstrierten Frauen im Februar dieses Jahres gegen die zunehmenden Probleme, einen Arzt für einen Schwangerschaftsabbruch zu finden. Das gesetzliche Werbeverbot gilt als eine der Ursachen für den Mangel an Praxen und Kliniken, die einen solchen Eingriff vornehmen.

Das Wort Freiheit ist in den vergangenen zwei Jahren zu einem strapazierten Begriff geworden. Die richtige Entscheidung der Ampelregierung, den Paragrafen 219a aus dem Gesetz zu streichen, jedoch bedeutet tatsächlich Freiheit, und zwar Freiheit der Information. Frauen können sich endlich da über einen Schwangerschaftsabbruch informieren, wo sie im besten Fall seriöse und wissenschaftlich fundierte Auskünfte erhalten: bei einer Ärzteschaft, die Erfahrung mit diesem Eingriff hat.

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Die Streichung von 219a befreit Mediziner, die Abtreibungen vornehmen, vom absurden Stigma der Kriminalität. Sie müssen nicht mehr fürchten, schon durch ein Beratungsgespräch straffällig zu werden. Die Novelle räumt außerdem auf mit dem absurden Fehlschluss, die bloße Information einer Praxis oder Klinik über die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen könnte massenhaft Anreize für Abtreibungen setzen, so, als wären Frauen unmündig und naiv.

Das Gegenteil ist der Fall: Wer die Not von Frauen kennt, die abtreiben, weiß, was dahinter steht: sexueller Missbrauch innerhalb der Familie oder der Beziehung, finanzielle oder seelische Not, körperliche Beschwerden und ja, manchmal auch mangelnde sexuelle Aufklärung, was im Jahr 2022 eigentlich nicht mehr vorkommen sollte. Keine Frau, das lässt sich tatsächlich so pauschal sagen, treibt leichtfertig ab.

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Wer das Ende von 219a nutzt, den Schutz des ungeborenen Lebens infrage zu stellen, liegt also grundfalsch und macht nicht viel mehr, als die Debatte zu treiben.

Doch wer das ungeborene Leben schützen will, muss Frauen, die in Not sind, auch wirklich helfen, und zwar präventiv. Alleinerziehende dürfen nicht mehr finanziell und gesellschaftlich am Rand stehen, sie gehören in die Mitte, um dort gestützt und geschützt zu werden. Frauen brauchen dringend einen wirksamen Schutz vor männlicher Gewalt, Frauenhäuser, Raum und Geld.

Und Frauen brauchen die Freiheit, fernab moralischen Drucks Entscheidungen treffen zu können. Denn ihr Bauch, ihr Körper, ihr Leben – all das gehört noch immer ihnen und ist ebenso schützenswert.

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