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Kommentar zu Waffenlieferungen

Deutschland in der Defensive

Die Panzerhaubitze 2000 ist das modernste Artilleriegeschütz in der Bundeswehr. Im Rahmen der Waffenlieferungen in die Ukraine sollen sieben Stück aus Deutschland geliefert werden.

Die Panzerhaubitze 2000 ist das modernste Artilleriegeschütz in der Bundeswehr. Im Rahmen der Waffenlieferungen in die Ukraine sollen sieben Stück aus Deutschland geliefert werden.

Der Krieg in der Ukraine steht an einem Wende­punkt, und Deutschland zaudert. Das hilft Putin. Zugleich wird Scholz’ wiederholte Aussage, Russland dürfe den Krieg nicht gewinnen und die Ukraine dürfe ihn nicht verlieren, zu einem Lippen­bekenntnis.

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+++ Alle Entwicklungen zum Krieg gegen die Ukraine im Liveblog +++

Allein um das von Scholz ausgegebene Ziel zu erreichen, eine Unterwerfung der Ukraine durch Russland zu vermeiden, wird der Westen mehr Unterstützung leisten müssen. Denn in diesen Tagen droht die militärische Auseinander­setzung zugunsten des Angreifers Russlands zu kippen. Die Nachrichten über das Wüten einer durch eigene Verluste umso aggressiveren russischen Armee in der Ostukraine und über die Verluste der Ukrainer sind nieder­schmetternd.

Da stößt es international auf Befremden, wenn der Kanzler beim Welt­wirtschafts­forum in Davos das Vermeiden der ukrainischen Niederlage wie ein Mantra wiederholt, ohne auch nur mit einer Silbe zu erwähnen, was Deutschland tut, um dieses Ziel zu erreichen. Hilfreich ist auch nicht, dass Deutschland Wochen braucht, auch nur einen kleinen Teil der versprochenen Gepard-Flug­abwehr­panzer zu liefern, während es im Kriegs­gebiet bereits um Tage geht. Andere europäische Länder agieren in dieser entscheidenden Frage schneller und präziser. So lieferte das kleine Estland mit 1,3 Millionen Einwohnern im ersten Kriegs­monat mehr Waffen an die Ukraine als Deutschland. Die Unterstützung der Ukraine reicht bis Australien.

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Die ersten 15 Stück im Juli: Deutschland will insgesamt 30 ausgemusterte Flugabwehrkanonenpanzer des Typs „Gepard“ mit 60.000 Schuss an die Ukraine liefern.

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Scholz spricht immer wieder öffentlich von deutschen Waffen­lieferungen. Dabei hat sich Deutschland längst in eine Außenseiter­position gebracht – es wird zu wenig und zu zögerlich geliefert. Die neue von der SPD angeschobene Debatte um angebliche Absprachen in der Nato über Zurück­haltung bei schweren Offensiv­waffen ist angesichts der amerikanischen Erwägungen zur Lieferung von Langstrecken­raketen wenig glaubhaft.

Es ist nachvollziehbar, dass Scholz nie von einem Sieg der Ukraine gesprochen hat. Der Westen will sich aus gutem Grund nicht aktiv in diesen Krieg hineinziehen lassen. Wegen der Ukraine will und wird man keine atomare Auseinander­setzung mit Russland riskieren. Es ist aber überflüssig, dass Scholz die russischen Kriegs­verbrecher ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt verbal als „Großmacht“ adelt. Aktuell ist Russland vor allem ein imperialistischer mit Atom­waffen ausgestatteter Schurken­staat. Ökonomisch ist Russland ein Zwerg.

Scholz muss einen Plan vorlegen

Der Kanzler des ökonomischen Riesen Deutschland muss endlich deutlicher machen, wohin die defensive deutsche Haltung führen soll. Wird Deutschland gemeinsam mit Frankreich das Normandie­format für Waffen­stillstands­verhandlungen wieder­beleben? Will man dabei helfen, die große Kluft zu überbrücken, die zwischen diesem grausamen Krieg und den geplanten Hilfen für einen Wieder­aufbau der Ukraine liegt?

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Zu all dem sagt Scholz nichts. Das ist für den Regierungs­chef der größten europäischen Nation zu wenig. Das ist auch für einen deutschen Kanzler zu wenig, der drei Tage nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine von einer Zeiten­wende gesprochen hat. Wenden müssen hart am Wind gefahren werden – dafür braucht es einen Steuer­mann, der das Manöver beherzt durchzieht.

Es lohnt auch ein Blick auf das Agieren des französischen Präsidenten Macron. Bei den Waffen­lieferungen sind die Franzosen großzügiger als Deutschland. Wie Scholz hat Macron es allerdings bislang vermieden, nach Kiew zu reisen. Beide stehen immer wieder im Kontakt mit Putin. Macron und Scholz könnten also als Vermittler auftreten. Von alleine wird dieser Krieg jedenfalls nicht enden. Weiter auf Zeit zu spielen wird die Ukraine teuer zu stehen kommen.

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