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„Wir sind exzellent aufgestellt“

Deutsche Gasspeicher fast voll: Wie sinnvoll ist der Bau neuer Speicher?

Die Anlage des Erdgasspeichers im niedersächsischen Rehden.

Die Anlage des Erdgasspeichers im niedersächsischen Rehden.

Berlin. Die deutschen Gasspeicher sind zu rund 95 Prozent gefüllt. Am späten Mittwochabend betrug der Füllstand 94,97 Prozent. Die Speicher sollen helfen, damit Deutschlands Unternehmen, Behörden und Haushalte in der anstehenden Heizsaison genug Energie bekommen. Da Deutschland in der Vergangenheit das meiste Erdgas aus Russland importiert hatte, bleiben Importe über Flüssiggasterminals und das Energiesparen laut der Bundesnetzagentur essenziell.

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Rechnerisch würden die vollen Gasspeicher ohne weitere Speisung nur für ungefähr zwei Wintermonate ausreichen, um den inländischen Bedarf zu decken. Ist es aufgrund der fast vollen Speicher also sinnvoll, weitere zu bauen – und würden diese noch in diesem Winter helfen?

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Die aktuelle Speicherlage sei sehr positiv, sagt Frank Dietzsch, Leiter Ordnungsrahmen Gastechnologien und Energiesysteme beim Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW), dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. „Das Ziel zum 1. November wird noch diese Woche erreicht.“

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Bei den zu 95 Prozent gefüllten Erdgasspeichern sind die unterirdischen Speicher gemeint. „Das sind beispielsweise ehemalige Salzkavernen oder andere geologische Formationen, die mit Gas aufgefüllt werden“, erklärt Dietzsch. Die meisten Gasspeicher gibt es in Norddeutschland und vor allem in Niedersachsen. „Die Standorte ergeben sich durch die Geologie. Deutschland verfügt über die europäisch größte Speicherkapazität gemessen an dem Verbrauch“, führt der Experte aus. Die Standorte und Füllgrade der Untertage-Gasspeicher sind auf der Website des DVGW zu sehen.

Nutzung von Kugelgasspeicher, um „Spitzenbedarf zu decken“

Ein stillgelegter Kugelgasspeicher der Rheinenergie steht im Kölner Stadtteil Ehrenfeld.

Ein stillgelegter Kugelgasspeicher der Rheinenergie steht im Kölner Stadtteil Ehrenfeld.

Überirdische Gasspeicher, oftmals Kugelgasspeicher oder Gasometer, sind im Vergleich zu den großen Untergrund-Gasspeichern direkt am Verteilnetz beispielsweise von Stadtwerken angeschlossen. „Diese oberirdischen Speicher können im Winter zur Spitzenlastdeckung verwendet werden, um das Netz optimal zu fahren“, erklärt Dietzsch.

Experte: Oberirdische Gasbehälter würden uns nicht aus einer Versorgungskrise retten

Über die Jahre habe sich aber herausgestellt, dass der Betrieb dieser oberirdischen Speicher zu regulatorischen Ineffizienzen im Netzbetrieb führe und aufgrund des liquiden Gasmarktes auch gar nicht in dem Maße benötigt werde. Deshalb wurden in der Vergangenheit viele dieser Speicher aus wirtschaftlichen oder regulatorischen Gründen abgeschaltet. „Es gibt nur noch relativ wenig dieser aktiven Spitzengasbehälter, sie würden uns aber auch nicht aus einer nationalen Versorgungskrise retten. Dafür sind die Untergrundspeicher da“, so der Experte. Die möglichen Füllmengen von Kugelgasspeichern seien zudem deutlich geringer. „Sie dienen als zusätzliche Einspeisemöglichkeit im Verteilnetz, um Spitzenbedarfe zu decken und das Netz zu optimieren. Die Füllmengen der deutschen Untergrundspeicher sind aber eine wesentliche Säule für die Sicherung der Versorgung im Winter“, so Dietzsch.

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Standorte von unterirdischen Gasspeichern befinden sich an ehemaligen Lagerstätten oder Gebieten mit natürlichen Hohlräumen. Die Geologie bestimme meist die Lage und die Größe der Speicher, so Dietzsch. Es sei unwahrscheinlich, dass noch weitere Untergrundspeicher erschlossen werden können. Das hält der Experte auch nicht für notwendig: „Wir sind in Deutschland exzellent aufgestellt“, betont er.

Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V.

Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. (DVGW) ist laut eigenen Angaben anerkannter Regelsetzer für die Gas- und Wasserwirtschaft, technisch-wissenschaftlicher Know-how-Träger sowie Initiator und Förderer von branchenbezogenen Forschungsvorhaben und Innovationen. Der DVGW ist die im Energiewirtschaftsgesetz benannte Institution für Wasserstoffinfrastrukturen.

Bau von Gasspeichern aktuelle Diskussion in der Schweiz

Um die Versorgungssicherheit zu decken, wird beispielsweise in der Schweiz aktuell über den Bau von Gasspeichern diskutiert. Dies hatte der Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG) angeregt. Der VSG sieht darin eine Investition in die Zukunft, da die Speicher langfristig betrachtet auch für erneuerbares Gas genutzt werden könnten. Da die Schweiz selbst kein Erdgas fördert und auch keine kommerziell betriebenen saisonalen Gasspeicher hat, ist sie von den Reserven anderer Länder abhängig. Das meiste Gas bezieht die Schweiz derzeit aus Deutschland.

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Gasspeicher-Füllstand von 95 Prozent so gut wie erreicht

Die Befüllung von Deutschlands Gasspeichern machte trotz ausbleibender Lieferungen aus Russland weiter Fortschritte. Wie aus der Webseite von Europas Gasinfrastruktur-Betreibern (GIE) am späten Mittwochabend hervorging, stieg der Füllstand binnen 24 Stunden um 0,28 Prozentpunkte auf 94,97 Prozent.

Laut einer Verordnung des Bundes müssen die Anlagen am 1. November zu 95 Prozent voll sein. Dieser Wert ist im Durchschnitt aller Anlagen nun fast erreicht. Allerdings sieht die Verordnung vor, dass jeder Speicher die 95-Prozent-Vorgabe einhält. Dies ist nicht der Fall – manche Anlagen liegen bereits darüber, andere aber noch darunter.

Mit Material der Deutschen Presse-Agentur.

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