Der Papst sagt der Mafia den Kampf an

Papst Franziskus

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Rom. Am Wochenende ist im sizilianischen Agrigent der frühere Anti-Mafia-Richter Rosario Angelo Livatino seliggesprochen worden – als erster Richter überhaupt, der sich gegen die Cosa Nostra aufgelehnt hatte.

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Der strenggläubige Livatino, der sich mit harten Urteilen gegen die Mafiosi profiliert hatte, war im September 1990 im Alter von nur 37 Jahren von einem Killerkommando der Clans unweit von Agrigent erschossen worden.

Für die vatikanische Kongregation für Selig- und Heiligsprechungen war der ermordete Richter ein Märtyrer, der „aus Hass gegen den Glauben“ („in odium fidei“) sein Leben verloren hatte. Franziskus hatte Livatino bereits vor einem Jahr als „leuchtendes Beispiel nicht nur für Richter, sondern für das ganze Justizpersonal“ bezeichnet.

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Vatikan schafft neue Arbeitsgruppe

Mit der Seligsprechung des ermordeten Richters hat der Papst ein starkes Zeichen gegen die Mafia gesetzt – und am selben Tag ein weiteres folgen lassen: Am Sonntag teilte das vatikanische Presseamt mit, dass im Vatikan eine Arbeitsgruppe zur Exkommunizierung der Mafia geschaffen werde.

Wir wollen jedwedem Kompromiss eines gewissen Katholizismus mit der Mafia den Garaus zu machen.

Vittorio Alberti

designierter Leiter der Arbeitsgruppe zur Exkommunizierung der Mafia

In deren Visier werden sich nicht nur die Mafiosi befinden – sondern vor allem auch die schwarzen Schafe innerhalb der katholischen Kirche selbst: „Wir wollen jedwedem Kompromiss eines gewissen Katholizismus mit der Mafia den Garaus zu machen“, erklärte der designierte Leiter der Arbeitsgruppe, Vittorio Alberti vom päpstlichen Entwicklungs-Dikasterium, am Sonntag gegenüber Vatican News (früher Radio Vatikan).

Geldwäsche in der Vatikanbank

Kompromisse zwischen Vertretern der katholischen Kirche und der Mafia hat es in Italien viele gegeben, und es gibt sie bis heute. In der Vatikanbank IOR hatte die sizilianische Cosa Nostra jahrelang in großem Umfang Geld gewaschen – über Konten von nichts ahnenden Nonnen und Ordensmännern, deren Namen zur Tarnung verwendet wurden.

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Unter Papst Benedikt XVI. und seinem Nachfolger Franziskus wurde der Augiasstall IOR in den vergangenen Jahren zwar mehr oder weniger gründlich ausgemistet – aber vor allem im Süden Italiens, in den Hochburgen der `Ndrangheta in Kalabrien und der Cosa Nostra in Sizilien, pflegen etliche katholische Priester nach wie vor eine ungute Nähe zu den Clans.

Das liegt auch daran, dass sich die Bosse, Killer und Mitläufer der Mafia gerne als gute Katholiken in Szene setzen und einer verlogenen Scheinreligiosität huldigen. Bis heute lassen süditalienische Priester bei religiösen Festen den Umzug mit der Madonnen-Statue vor dem Haus des lokalen Clan-Oberhaupts anhalten, um ihm damit die Ehre zu erweisen.

Es gibt auch Priester, die jeweils die Kirchenglocken läuten lassen, wenn ein Mafiamitglied der Gemeinde aus dem Gefängnis entlassen wird. Und das alljährliche Spitzentreffen der mächtigsten `Ndrangheta-Bosse fand bis vor Kurzem im schwer zugänglichen Kloster Madonna dei Polsi im kalabrischen Aspromonte-Gebirge statt: Bei dieser religiös verbrämten Zusammenkunft der brutalsten Mafia Italiens wurden jeweils die kriminellen Aktivitäten der Clans koordiniert und deren Einflussgebiete aufgeteilt.

Der Vatikan unternahm lange nichts gegen die Mafia

Die Nähe der italienischen Kirche und des Vatikans zur Mafia hat historische, kulturelle und ideologische Gründe: „Die Kirche hat die Mafia lange nicht als ideologischen Feind betrachtet – ihre Feinde waren die Kommunisten und die sexuelle Befreiung“, betont Isaia Sales, Dozent für die Geschichte der organisierten Kriminalität in Neapel.

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Damit befand sie sich auf der Linie der katholischen und antikommunistischen Volkspartei Democrazia Cristiana (DC), die Italien nach dem Zweiten Weltkrieg fünfzig Jahre lang praktisch alleine regiert hatte – und deren Vertreter nur allzu oft Verbindungen zur Mafia hatten, bis hinauf in höchste Regierungsämter.

„Uns liegt am Herzen, ein für alle Mal zu bekräftigen, dass man nicht gleichzeitig zur Welt der Mafia und zur Kirche gehören kann“, betont Alberti. „Wir wollen eine neue Mentalität herstellen.“

Papst Franziskus drohte schon 2014 mit Exkommunizierung

Franziskus selber hatte schon kurz nach seiner Wahl zum Papst unmissverständlich Stellung gegen die Mafia bezogen und mit der kirchlichen Höchststrafe, der Exkommunizierung, gedroht: „Diejenigen, die den falschen Weg wählen, wie auch die Mafiosi, sind nicht in der Kommunion mit Gott. Sie sind exkommuniziert“, hatte der Papst im Sommer 2014 in Kalabrien vor einer Viertelmillion Gläubigen betont.

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Die Mafia ist genau das: Die Bewunderung des Bösen, die Missachtung des Gemeinwohls. Gegen dieses Böse muss angekämpft werden.

Papst Franziskus

„Die Mafia ist genau das: Die Bewunderung des Bösen, die Missachtung des Gemeinwohls. Gegen dieses Böse muss angekämpft werden.“ Zuletzt hatte Franziskus in seiner Enzyklika „Fratelli tutti“ im Herbst vergangenen Jahres vor der „typisch mafiösen Pädagogik“ gewarnt: Sie schaffe „in einem falschen Gemeinschaftsgeist Bindungen der Abhängigkeit und der Unterordnung, von denen man sich nur sehr schwer befreien kann“.

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