Der kalifornische Albtraum: Warum den US-Demokraten in ihrer Hochburg ein Debakel droht

Unter Feuer: Dem kalifornischen Gouverneur Gavin Newsom (hier bei der Begutachtung der Schäden durch die aktuellen Waldbrände) droht am 14. September die Abwahl.

Unter Feuer: Dem kalifornischen Gouverneur Gavin Newsom (hier bei der Begutachtung der Schäden durch die aktuellen Waldbrände) droht am 14. September die Abwahl.

Washington. Der Mann nennt sich selbst mit Bezug auf ein Stadtviertel von Los Angeles den „Weisen von South Central“. Den Klima­wandel hält er für eine Erfindung und den strukturellen Rassismus bei der amerikanischen Polizei für eine „Lüge“, und sein Frauenbild ist bizarr: „Frauen wissen weniger als Männer über Politik, Wirtschaft und aktuelle Nachrichten“, behauptete er.

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Als sich seine Ex-Freundin 2015 von ihm trennte, soll er im Marihuanarausch eine Pistole an ihren Kopf gehalten haben.

Ein schwarzer Trump-Fan und Abtreibungsgegner: Larry Elder könnte neuer Gouverneur von Kalifornien werden.

Ein schwarzer Trump-Fan und Abtreibungsgegner: Larry Elder könnte neuer Gouverneur von Kalifornien werden.

Als Gastgeber einer Radiotalkshow poltert der Afroamerikaner Larry Elder bislang regelmäßig gegen alles, was er als „links“ empfindet. Dem Publikum gefällt das offenbar: Nun hat der 69-jährige Trump-Fan ernsthaft Chancen, im Herbst neuer Gouverneur der Demokratenhochburg Kalifornien zu werden.

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Nach neuesten Umfragen ist Amtsinhaber Gavin Newsom gerade noch einen Prozentpunkt von seiner Abwahl entfernt und Elder führt das konkurrierende Bewerberfeld mit 10 Punkten Vorsprung an. „Diejenigen, die denken, dass dieses Ding nicht knapp ist, muss ich leider nerven: Das ist es!“, hat der derzeitige Regierungschef selbst gewarnt.

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Ein ultrarechter Populist, der gegen Schwule pöbelt und den Mindestlohn abschaffen und Abtreibungen verbieten will, als neuer Gouverneur ausgerechnet im progressiven Pazifikstaat Kalifornien, wo im vorigen November elf Millionen Wähler und Wählerinnen für Joe Biden und nur sechs Millionen für Donald Trump stimmten? Was eigentlich unglaublich klingt, wird durch die Kombination aus eigenwilligem Wahlrecht, einem Fehltritt des Amtsinhabers und der Mobilisierung der rechts­gerichteten Landbevölkerung möglich.

Rund 10 Prozent der Stimmen könnten für die Wahl reichen

Mit durchaus guten Absichten wurde 1911 im kalifornischen Wahlrecht die Möglichkeit geschaffen, den Gouverneur durch ein Miss­trauens­votum der Bevölkerung des Amtes zu entheben, wenn ein bestimmtes Quorum erfüllt ist. Für die eigentliche Abwahl sind 50 Prozent plus eine der abgegebenen Stimmen erforderlich.

In einem zweiten Schritt wird der Nachfolger bestimmt, der lediglich eine einfache Mehrheit braucht. Die vermeintlich basisdemokratische Regelung hat absurde Konsequenzen: Bei einem großen Bewerberfeld können einem Kandidaten oder einer Kandidatin 10 Prozent der Stimmen reichen, um Regierungschef oder -chefin des mit knapp 40 Millionen Einwohnern größten US-Bundesstaates zu werden.

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Die wachsende Obdachlosigkeit (hier in Los Angeles) ist ein drängendes soziales Problem in Kalifornien.

Die wachsende Obdachlosigkeit (hier in Los Angeles) ist ein drängendes soziales Problem in Kalifornien.

So ähnlich könnte es nun kommen. Die drohende Revolte in Kalifornien speist sich aus vielen Quellen: Die relativ hohen Steuern, die Umwelt­auflagen und die Zuwanderung aus dem Süden sind rechten Wählern und Wählerinnen schon lange ein Dorn im Auge. Hinzu kommen die explodierenden Mietpreise und die wachsende Obdach­losigkeit in den Metropolen Los Angeles und San Francisco.

Konkreter Auslöser des Volksbegehrens aber ist die strikte Corona-Politik von Newsom mit allgemeinen Maskengeboten und Impfpflichten für das medizinische Personal, die Trump-Anhänger und -Anhängerinnen und Verschwörungsprediger und -predigerinnen in Rage bringt.

Ein folgenreicher Restaurantbesuch

Zwar sind die Maßnahmen erfolgreich, doch der Selfmade­millionär Newsom hat unnötig selbst Öl ins Feuer der Kritik gegossen: Auf dem Höhepunkt der staatlichen Lockdown­bestimmungen im vorigen November wurde er bei einer Feier mit Freunden und Freundinnen in einem Nobelrestaurant im exquisiten Weinbaugebiet des Napa Valley gesichtet – ohne Maske. Kurz darauf hatten die rechten Bürger­initiativen die ersten 500.000 Unterschriften zusammen. Ein paar Monate später war das Quorum von 1,5 Millionen Signaturen übertroffen.

Gleichwohl schien es noch im Juli, als würde der „Recall“ genannte Absetzungsversuch scheitern. Da lagen bei Umfragen zwischen den Unterstützern und Gegnern des Gouverneurs 10 Prozentpunkte. Inzwischen ist der Abstand auf einen Punkt geschrumpft. Gleichzeitig führt Elder das zersplitterte Feld der 46 Nachfolgebewerber und -bewerberinnen mit 19,3 Prozent und einem 10-Punkte-Abstand deutlich an.

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Der mögliche Machtwechsel elektrisiert die Republikaner. „Die Abwahl könnte die letzte Chance sein, den Staat zu retten“, feuerte sie Fox-Moderator Tucker Carlson im nationalen Fernsehen an, wo er Kalifornien das „Simbabwe am Pazifik“ nannte. Die Demokraten hingegen wirken – aus einer Mischung aus Selbstzufriedenheit und Frust über ihr verkrustetes Partei­establish­­ment – beinahe lethargisch.

Das Weiße Haus ist alarmiert: Joe Biden will vor der Abstimmung am 14. September eigens nach Kalifornien fliegen, um für Newsom zu werben.

Ein Sturz des Regierungschefs im Stammland der Demokraten wäre ein Albtraum für den Präsidenten und seine Partei. Beispiellos wäre er nicht: Genauso gelangte 2003 der Republikaner Arnold Schwarzenegger ins kalifornische Gouverneurs­amt.

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