Das Verfassungsgericht braucht einen Ost-Richter – jetzt!
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Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
© Quelle: Sebastian Gollnow/dpa
Berlin. Ob Jes Möller es schafft, als erster Ostdeutscher ins Bundesverfassungsgericht einzuziehen, ist ungewiss. Denn es gibt noch zwei andere Kandidaten. Doch abgesehen davon, dass der 58-Jährige eine beeindruckende Vor- wie Nachwende-Biografie aufzuweisen hat und qualifiziert ist, ist eines ganz klar: Nach 30 Jahren wird es hohe Zeit, dass ein Ostdeutscher zum Zuge kommt. Berlin und Rheinland-Pfalz sollten ihre Kandidaten zurückziehen.
Es ist hohe Zeit, weil das Verfassungsgericht ein Verfassungsorgan ist, das durch seine Rechtsprechung politisch wirkt. Dass dort in den fast 30 Jahren seit der Vereinigung 39 Westdeutsche reüssierten und kein Ostdeutscher, ist ein Skandal. Dies gilt umso mehr, als die mangelnde Repräsentanz Ostdeutscher in den Eliten in der Justiz besonders hervor sticht. So wurden die obersten Gerichte sogar in Ostdeutschland selbst bis zuletzt zu 100 Prozent von Westdeutschen geführt.
Nun wird in Justizkreisen gern eingewandt, das habe mit dem Elitentransfer nach 1990 zu tun – und damit, dass ostdeutsche Richter Teil des Herrschaftssystems der SED gewesen seien. Deshalb habe man auf Ost-Juristen warten müssen, deren Ausbildung nach dem Mauerfall begann. Die West-Dominanz in den Justiz-Eliten vermag dies heute freilich nur zum Teil zu erklären. Eher scheint sich hier ein Ergebnis der Elitenforschung zu bewahrheiten: dass sich die Eliten aus sich selbst heraus rekrutieren. Ohnehin scheint es fragwürdig, dass fähige Juristen 30 Jahre benötigen sollen, um nach oben zu kommen. Vielleicht sollte die Justiz mal ihre Laufbahnen überprüfen.
Gewiss wird es irgendwann keine Rolle mehr spielen, ob jemand aus Ost oder West stammt. Doch der Lebenslauf von Jes Möller zeigt exemplarisch: So weit sind wir noch nicht. Also: Her mit dem Mann! Jetzt!
RND