„Damit wir auf jeden Fall ausreichend Strom haben“: Scholz unterstützt Habecks Atomkraft-Vorschlag
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Kanzler Olaf Scholz (r., SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Bundestag.
© Quelle: Kay Nietfeld/dpa
Berlin. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich hinter den Vorschlag von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gestellt, über den Jahreswechsel hinaus zwei der drei verbliebenen Atomkraftwerke als Notreserve bereitzuhalten. „Grundsätzlich bleibt es beim Ausstieg aus der Atomenergie“, sagte der SPD-Politiker in einem Interview der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Mittwoch). „Für diesen Winter ermöglichen wir aber, dass die beiden Kernkraftwerke in Süddeutschland, Neckarwestheim 2 und Isar 2, bis ins nächste Jahr hinein noch einige Monate laufen können, damit wir auf jeden Fall ausreichend Strom zur Verfügung haben.“
FDP-Vertreter plädieren für einen Weiterbetrieb aller drei Kraftwerke. Es wäre richtig, die drei noch am Netz befindlichen Kernkraftwerke weiterlaufen zu lassen, „damit mehr Menge in den Markt kommt, mehr Menge bedeutet sinkende Preise“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr am Dienstag im ZDF-„Morgenmagazin“. „Denn diese hohen Strompreise kann kein Unternehmen in Deutschland zahlen und auch kein privater Haushalt.“
Zur abweichenden Position der FDP, die einen längerfristigen Weiterbetrieb aller drei Atomkraftwerke fordert, sagte Scholz: „Die FDP blickt bekanntlich etwas anders auf die Atomkraft, das ist völlig legitim. Jetzt geht es um die Energieversorgung im kommenden Winter, da wird die Regierung sehr einvernehmlich handeln.“
Robert Habeck will zwei AKW als Notreserve behalten
Der Bundeswirtschaftsminister öffnet die Tür für einen zeitweisen Weiterbetrieb von zwei Atomkraftwerken - im Notfall.
© Quelle: dpa
Grünen-Vorsitzende Lang: Mehr Atomkraft würde Strompreis kaum senken
Die Grünen beharren auch nach Kritik aus der FDP darauf, zwei der noch verbliebenen drei Atomkraftwerke lediglich als Reserve bereit zu halten. „Dass viele Menschen in Deutschland mit großer Sorge auf die nächste Stromabrechnung blicken, ist mehr als nur verständlich“, sagte die Co-Vorsitzende Ricarda Lang am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Da nach den Regeln des europäischen Strommarktes stets die teuerste Energiequelle - aktuell ist das Gas - den Preis bestimmt, hätte mehr Atomkraft im deutschen Netz aber nur „einen marginalen Effekt auf den Strompreis“.
Lang sagte, die Ampel-Koalition habe im jüngst beschlossenen dritten Entlastungspaket einen viel effektiveren Weg eingeschlagen: „Wir schöpfen die Übergewinne auf dem Strommarkt ab und nutzen die Einnahmen, um den Strompreis zu senken.“
Im Fall von Stromengpässen will Bundeswirtschaftsminister Habeck zwei der drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke notfalls noch bis Mitte April nutzen können: Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim in Baden-Württemberg. Nach dem unter der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beschlossenen Atomausstieg sollten eigentlich alle deutschen Atomkraftwerke zum Jahresende endgültig vom Netz gehen. Wegen der von Russland ausgelösten Energiekrise will der Grünen-Politiker nun zwei von ihnen als „Einsatzreserve“ für den kommenden Winter behalten.
Dass dieser Einsatz notwendig sein wird, um eine regionale und stundenweise Lastunterdeckung zu vermeiden, hält Lang für sehr unwahrscheinlich. Der Stresstest habe gezeigt, dass die Versorgungssicherheit im Netz hoch sei. Die „Einsatzreserve“ sei nur für den Fall einer Häufung von Extremszenarien gedacht.
RND/dpa