ARD-Talk „Anne Will“

Christian Lindner erntet Gegenwind: Gaspreisbremse „grundlegend falsch“

Christian Lindner (FDP), Bundesfinanzminister, am Sonntag als Gast bei der ARD-Sendung „Anne Will“.

Christian Lindner (FDP), Bundesfinanzminister, am Sonntag als Gast bei der ARD-Sendung „Anne Will“.

Die hohen Energiepreise bringen viele Menschen in finanzielle Schwierigkeiten, die umstrittene Gasumlage steht zur Diskussion. Bundes­finanz­minister Christian Lindner spricht sich aus wirtschaft­lichen Gründen inzwischen gegen diese Maßnahme aus, so auch am Sonntagabend beim ARD-Talk „Anne Will“.

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„Wir haben ruinös hohe Gaspreise“, bilanzierte der FDP-Politiker. Darunter würden Verbraucherinnen und Verbraucher, Betriebe, Sport- und Kulturvereine und sogar Krankenhäuser leiden. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass die Gasumlage, die den Gaspreis weiter in die Höhe treibe, die Antwort auf ohnehin steigende Preise sei.

Stattdessen plädiert Lindner für eine Gaspreisbremse. Ob die überarbeitete Gasumlage bereits vom Tisch sei, könne er nicht sagen, da habe auch Wirtschafts­minister Robert Habeck ein Wort mitzureden.

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Lindner argumentierte dafür, „die ganze Bandbreite an Instrumenten“ zu nutzen und die Kapazitäten auszuweiten. So müsse eingespeichertes Gas in den Markt zurückfließen. Beim Strom gelte es, Kohle und Kernkraft am Netz zu halten. Auf europäischer Ebene werde überlegt, ob man gemeinsam koordiniert einkaufe.

Lindner: „Keine Ausnahme von der Schulden­regel“

„Entscheidend ist ja am Ende, dass die Strom- und Gasrechnung für die Menschen nicht ruinös ist.“ Die Rechnung werde steigen, aber Preis­belastungs­spitzen müssten „von der Bäckerei bis zur Rentnerin“ erträglich sein. Die Gaspreise werden gemäß Lindners Einschätzung nie wieder so niedrig sein wie vor Russlands Krieg gegen die Ukraine, aber „es wird sich auf einem höheren Niveau normalisieren und bis dahin müssen wir eine Brücke bauen“.

Aber: „Eine Gaspreisbremse ist für mich kein Anlass, wieder eine Ausnahme von der Schuldenregel zu machen.“ Ständig werde der Finanz­minister mit Forderungen konfrontiert, was der Staat alles übernehmen solle, doch da gebe es Grenzen. „Und deshalb verteidige ich für den Bundes­haushalt die Schulden­bremse.“ Man dürfe nicht vergessen, dass die Schulden irgendwann zurückgezahlt werden müssten, dann drohten auch Steuer­erhöhungen.

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Allerdings sei ein weiteres Aussetzen der Schuldenbremse auch nicht nötig, um die Gas­preis­bremse zu finanzieren. Er habe da eine Idee – natürlich weckte er damit die Neugier von Gastgeberin Anne Will –, aber wurde nicht konkret. Dies wolle er erst mit dem Kabinett besprechen.

„Ich halte die Gaspreis­bremse für grund­falsch!“

Doch Lindner erhielt in der Runde ordentlich Gegenwind. Unter anderem von Clemens Fuest, dem Präsidenten des Ifo-Instituts. Der Wirtschafts­wissenschaftler erklärte, dass nicht nur Gas, sondern auch Strom und weitere Dinge wie Lebensmittel teurer würden. „Und die Löhne steigen nicht entsprechend.“ Besonders bei der unteren Mittelschicht bestehe die Gefahr, dass sie „durch den Rost fällt“. Fuest: „Deshalb bin ich der Meinung, wir können uns nicht auf die Gas­preis­bremse fokussieren.“

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Mehr noch: „Ich halte die Gaspreisbremse für grundfalsch!“ Der Ökonom forderte eine Energie­pauschale, die nicht nur Gaskunden zugutekommt, sondern beispielsweise auch Menschen, die mit Öl heizen. Solch eine Pauschale könnte 1000 Euro betragen und steuerpflichtig sein. Auf diese Weise würden Menschen mit hohen Einkommen weniger profitieren. „Wir müssen uns auf die wirklich Bedürftigen konzentrieren.“

Für Menschen mit niedrigem Einkommen setzte sich auch der nordrhein-westfälische Arbeits- und Sozial­minister Karl-Josef Laumann ein. Aber auch die Wirtschaft hatte der CDU-Politiker im Blick: „Wenn wir so weiter­machen, gibt es in zwei Jahren keine Bäcker mehr.“

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NRW-Minister macht der Ampelregierung Vorwürfe

Lindner reagierte mit dem Aufzählen bereits beschlossener Leistungen für diese Gruppe. So sprach der FDP-Mann die Wohn­geld­reform, das Bürgergeld, den gestiegenen Mindestlohn sowie Hilfen von bis zu 3.000 Euro an, die freiwillig von den Arbeitgebern bezahlt werden können. Allerdings sah genau hier Laumann ein Problem, das bereits bei den Corona-Hilfen aufkam: Von diesem Geld profitierten in erster Linie Menschen, die nach Tariflohn bezahlt werden – das entspreche nicht einmal der Hälfte der Arbeitnehmer.

Karl-Josef Laumann hatte noch mehr Kritik für die Bundes­regierung im Gepäck. So habe er das Gefühl, viele Pläne, welche die Ampel in letzter Zeit umgesetzt habe, seien mit heißer Nadel gestrickt. Die Forderung des Ministers: „Wir müssen jetzt endlich auch mal die Pläne zu Ende denken.“ Erst mal gehe es nun um das dritte Entlastungspaket, welches am Freitag im Bundesrat beschlossen werden solle. Der CDU-Politiker beklagte die erwartete Summe der Bundes­regierung für seinen Landes­haushalt. Sollte diese gezahlt werden müssen, habe der Haushalt keine Spielräume mehr.

RND/Teleschau

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