Deutschlands China-Abhängigkeit: Das nächste böse Erwachen droht
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Auf diesem Bild, das aus einem Video des chinesischen Fernsehsenders CCTV stammt, wird ein Projektil von einem nicht näher bezeichneten Ort in China abgeschossen (bestmögliche Qualität).
© Quelle: Uncredited/CCTV/AP/dpa
Die Hoffnung, dass nach einem Ende des russischen Kriegs gegen die Ukraine die Welt möglichst bald wieder die alte sein könnte, sie ist dahin. Denn während zu Beginn der Putin‘schen Invasion mancher im Westen noch den zarten Wunsch hegte, China könnte doch eine neutrale oder sogar Vermittlerrolle im neuen Ost-West-Konflikt einnehmen, führt die Weltmacht in Fernost dieser Tage das ganze Gegenteil auf – und nutzt die Überlastung des Westens für eine eigene Machtdemonstration.
Im Konflikt um Taiwan, den demokratischen Dorn im Auge der pseudokommunistischen Diktatur, trumpft China mit einem massiven Luft- und Seemanöver auf. So massiv, dass man es getrost als Blaupause für eine gewaltsame Eroberung der demokratischen Inselrepublik lesen darf. Und wohl auch soll.
Den Westen bringt das in Zugzwang – und in die Bredouille. Stellt er sich taub und blind, stolpert er in dieselbe Falle, wie sie ihm Putin gestellt hatte, der sich von einem geschwächten und passiven Westen offensichtlich zum Überfall auf den kleinen, demokratischen Nachbarn ermutigt gefühlt hatte.
Zieht der Westen allerdings daraus den Schluss, er müsse nun umso kompromissloser Stärke sowie seine Solidarität mit Taiwan demonstrieren, riskiert er damit eine weitere Eskalation. Genau durch diesen Mechanismus hatte ja die US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi die aktuelle Protzerei Chinas ausgelöst.
Oder nutzt das Regime die Selbstverständlichkeit eines Besuchs unter Demokraten nur als willkommenen Vorwand für seine Muskelspiele? Diese Fragen werden Diplomaten und Strategen im Westen noch für viele Jahre Kopfzerbrechen bereiten.
China startet Militärmanöver vor Taiwan
China macht die Drohung wahr. Als Reaktion auf den Besuch von US-Politikerin Nancy Pelosi in Taiwan feuerte das chinesische Militär mehrere Raketen ab.
© Quelle: Reuters
Abhängigkeit von China kann zum Problem werden
Unabhängig von den Antworten darauf muss Europa und ganz besonders Deutschland jedoch dringend eine weitere Lehre aus der Russland-Krise ziehen – und seine Abhängigkeiten von China kritisch prüfen. Dass hierzulande so viele schockiert über das Ausmaß der Energieabhängigkeit von Russland waren, wirft vor allem ein schlechtes Licht auf uns selbst.
Schon jetzt sollten wir uns deshalb klarmachen, dass Angela Merkel auch gegenüber China 16 Jahre lang eher einen Schmusekurs als eine kritische Partnerschaft pflegte – und im Falle eines weiteren Krisenherdes das nächste böse Erwachen droht. Das heißt nicht, dass der Westen aktiv Rückzug, Systemwettbewerb und neue Blockbildung betreiben sollte. Es heißt aber doch, gezielt Alternativen dazu aufzubauen, dass China für uns als Absatzmarkt und Billigwerkbank bislang die einfachste und deshalb zu oft die einzige Lösung war.