Tag zwei des CDU-Parteitags

Söder, Dienstjahr und wieder ein bisschen Populismus

Markus Söder auf dem CDU-Parteitag in Hannover.

Markus Söder auf dem CDU-Parteitag in Hannover.

Hannover. Als CSU-Chef Markus Söder in die Halle lief, kam Partystimmung beim zweiten Teil des CDU-Parteitages auf. Im Saal ertönte der Discoklassiker „One More Time“ (zu Deutsch: „Noch ein Mal“), und der bayerische Ministerpräsident, der sich 2023 einer Landtagswahl stellen muss, wurde von einer Traube von Menschen auf die Bühne begleitet. „Eine Union, ein Team“, so lautete das Motto.

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Es war der erste Präsenzparteitag der Christdemokraten seit 2019: Für die CDU war es vorrangig ein Programmparteitag, aber Chef Friedrich Merz hatte die eigene Partei am Freitag auf die Oppositionsrolle eingeschworen. Markus Söder betonte die aus seiner Sicht gute Zusammenarbeit zwischen CDU und CSU: Es laufe exzellent, freute er sich und scherzte: „Besser, als wir wahrscheinlich erwartet haben, wenn ich das sagen darf.“

Nach 16 Jahren in der Regierung war die Union mit ihrem historisch schlechtesten Wahlergebnis von 24,1 Prozent im vergangenen Jahr in der Opposition gelandet. Als eine Ursache für die Niederlage gelten die öffentlichen Angriffe von Söder gegen den damaligen Kanzlerkandidaten Armin Laschet. Auf dem Parteitag gab der CSU-Chef zu, es seien Fehler gemacht worden, „natürlich auch von mir“. Wenig später lobte er aber die Regierungszeit: „Wir haben Deutschland gut regiert. Lasst uns stolz sein.“

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Mit Spannung war am Samstag die Debatte zum verpflichtenden Gesellschaftsjahr erwartet worden. Die Mehrheit der Delegierten stimmte für ein Pflichtmodell und nicht für die freiwillige Option. In der Halle hatten vorab nur wenige eine Prognose abgeben wollen. CDU-Vize Carsten Linnemann warb während der Debatte für das Pflichtmodell und für mehr Mut: „Wir machen es sehr breit im sozialen Bereich“, schlug er vor. „Wir machen es mal so, dass die Leute Bock drauf haben.“ Der Chef der Jungen Union, Tilman Kuban, hingegen mahnte zur Zurückhaltung: „Wir sollten aus dem Twitter-Hashtag ‚Nie wieder CDU‘ lernen.“ Wenn sich die CDU für eine Pflicht entscheide, müsse man sich nicht wundern, dass die Ergebnisse der CDU bei Erstwählerinnen und Erstwählern sich nicht verbesserten.

CDU stimmt für innerparteiliche Frauenquote

Noch mehr Aufmerksamkeit bekam aber die Debatte zur Frauenquote am Freitagabend: Nach mehr als 30 Wortmeldungen stimmte eine Mehrheit der Delegierten für den Vorschlag von Merz. Die Regelung sieht vor, bis 2025, beginnend bei Vorstandswahlen auf Kreisebene, schrittweise eine Frauenquote von bis zu 50 Prozent einzuführen. Sie ist bis 2029 begrenzt. Der Unionsfraktionsmanager im Bundestag, Thorsten Frei, zeigte sich bezüglich der Umsetzung optimistisch: „Die Quote wird kein Rohrkrepierer, dafür wird die Parteiführung sorgen“, sagte der Christdemokrat dem Redaktions­Netzwerk Deutschland (RND). „Wir müssen sie ab der Kreisverbandsebene erfolgreich umsetzen. Darauf werden wir ein besonderes Augenmerk legen.“

Parteichef Merz hatte zu Beginn des Parteitages rhetorisch scharf gegen die Regierung und Scholz geschossen, dem er noch einmal sein Schweigen nach der Pressekonferenz mit Palästinenserpräsident Abbas vorhielt und ihm indirekt den Vorwurf von Antisemitismus machte. Voller Ironie ätzte er: „Aber wahrscheinlich kann sich Olaf Scholz schon heute nicht mehr daran erinnern.“ Eine Anspielung auf den Gedächtnisverlust des Kanzlers im Cum-ex-Skandal. Der SPD warf Merz auch noch „politische Korruption“ vor. Das Zentrum dafür liege in Hannover, schimpfte er. Gemeint sind der frühere Kanzler und Gazprom-Lobbyist Gerhard Schröder und der frühere Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, in dessen Amtszeit große Gasspeicher an den russischen Staatskonzern Gazprom verkauft wurden.

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Auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nahm Merz ins Visier und begrüßte süffisant „die 58 Redakteurinnen und Redakteure“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Parteitagshalle.

Der bayerische Ministerpräsident nutzte seine knapp einstündige Rede, um der Ampelkoalition in Berlin die Leviten zu lesen. Die Regierung sei zunehmend überfordert, kritisierte er. „Man spürt geradezu die Angst und Nervosität bei der Ampel.“ Dabei spottete er: Kanzler Olaf Scholz wirke nicht mehr wie ein Schlumpf, sondern wie Gargamel, der Bösewicht in der Kinderserie. Auch gegen die Grünen donnerte er los: „Ich glaube Anton Hofreiter erst dann, dass er für die Bundeswehr ist, wenn er sich endlich einen ordentlichen, militärischen Haarschnitt zulegt.“

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Söder forderte mehr militärische Unterstützung für die Ukraine, ein größeres Entlastungspaket und den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke. Wirtschafts­minister Robert Habeck (Grüne) riskiere einen Strom-Blackout. Das zentrale Ziel sollte laut Söder sein: „Warme Wohnungen, bezahlbare Energie und bezahlbares Essen.“ Söder kam auch auf die Identitätsthemen der Union zu sprechen – wie ethische Fragen zu Leben und Tod. Beim Thema Schwangerschafts­abbruch unterstellte er der Ampelkoalition, sie wolle den Kompromiss zum Paragrafen 218 aufkündigen. Für die Union versicherte er: „Wir glauben an den Schutz des Lebens aus unserem christlichen Menschenbild.“

Seine Rede überzeugte die Delegierten. Merz unterbrach den stehenden Applaus nach zwei Minuten mit seiner Antwort – schließlich sollten die Delegierten auch nicht länger für Söder als für ihn applaudieren. Merz sagte: „Wir arbeiten gut, freundschaftlich und vertrauensvoll zusammen. Wir sind dabei geschlossen wie selten zuvor.“

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