„Nicht funktionierende Abläufe“

CDU-Forderung: Scholz soll Spiegel wegen Flutkatastrophe entlassen

ARCHIV - 14.02.2022, Berlin: Anne Spiegel Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

ARCHIV - 14.02.2022, Berlin: Anne Spiegel Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Mainz. Die rheinland-pfälzische CDU-Landtagsfraktion hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aufgefordert, Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) wegen ihrer Rolle während der Flutkatastrophe im Ahrtal zu entlassen. Als damalige Landesumweltministerin in Rheinland-Pfalz sei Spiegel verantwortlich für schwere Versäumnisse beim Krisenmanagement, erklärte Fraktionschef Christian Baldauf am Montag in Mainz. Auch Umweltstaatssekretär Erwin Manz (Grüne) sei nicht mehr tragbar. Beide hätten in „erschreckendem Umfang“ die gebotene Initiative vermissen lassen, die Katastrophe aktiv zu bekämpfen, sagte der CDU-Obmann in dem Ausschuss, Dirk Herber, am Montag in Mainz. Vertreter der Grünen sehen das komplett anders.

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„Die Ministerin hatte ihr Haus während des Flutgeschehens nicht im Griff, weil sie sich nicht entsprechend kümmerte“, lautet der Vorwurf der CDU. Spiegel und Manz hätten es in der Flutnacht unterlassen, ein in der Landesgeschichte einmaliges Katastrophenereignis „aktiv zu bekämpfen“. Am Folgetag habe sie versucht, eigene Fehler zu vertuschen: „Die Kollegen in der Landesregierung, Journalisten und Öffentlichkeit wurden fälschlich im Glauben gelassen, nein, sogar aktiv unrichtig informiert, die Warnkette habe uneingeschränkt funktioniert.“

ARCHIV - 19.07.2021, Rheinland-Pfalz, Altenahr: Meterhoch türmen sich Wohnwagen, Gastanks, Bäume und Schrott an einer Brücke über der Ahr in Altenahr (Luftaufnahme mit einer Drohne). Tausende Häuser im Ahrtal wurden bei der Sturzflut zerstört oder beschädigt, es gab 134 Todesopfer. Nun beschäftigen sich bereits zwei Staatsanwaltschaften mit der Katastrophe.

ARCHIV - 19.07.2021, Rheinland-Pfalz, Altenahr: Meterhoch türmen sich Wohnwagen, Gastanks, Bäume und Schrott an einer Brücke über der Ahr in Altenahr (Luftaufnahme mit einer Drohne). Tausende Häuser im Ahrtal wurden bei der Sturzflut zerstört oder beschädigt, es gab 134 Todesopfer. Nun beschäftigen sich bereits zwei Staatsanwaltschaften mit der Katastrophe.

Durch die Arbeit des Untersuchungsausschusses waren auch interne Nachrichten öffentlich geworden, die den Schluss zulassen, dass Spiegel und ihre engsten Mitarbeiter am Morgen nach der Flut zunächst darüber nachdachten, wie Imageschäden verringert werden könnten. Die Ministerin wies in der Befragung die Vorwürfe zurück und erklärte, es sei ihr einzig und allein darum gegangen, den in Not geratenen Menschen in den Hochwassergebieten zu helfen.

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Spiegel selbst hatte kürzlich im Ausschuss zum Abend des 14. Juli gesagt, sie habe bis spät in die Nacht Telefongespräche geführt und sich über die Zuspitzung der Situation im Norden von Rheinland-Pfalz informiert. Sie habe aber keinen Anlass gesehen, in funktionierende Abläufe einzugreifen. „Das Ministerium ist nicht Teil der Meldekette“, sagte Spiegel. In Absprache mit Manz habe sie davon abgesehen, bereits am Flutabend in die Region zu fahren, sei aber am 15. Juli in der ebenfalls betroffenen Region Trier gewesen.

Herber und CDU-Fraktionschef Christian Baldauf sprachen am Montag von nicht funktionierenden Abläufen und Meldeketten. Im Vorfeld der Flut sei Projektionen zur Entwicklung an der Ahr kein Vertrauen geschenkt worden, Warnmails seien verspätet rausgegangen. Dafür trügen Spiegel und Manz die politische Verantwortung. Baldauf forderte die Entlassung Spiegels als Bundesfamilienministerin sowie eine öffentliche Stellungnahme von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und verlangte, Manz im Amt als Umweltstaatssekretär in Rheinland-Pfalz abzulösen.

Spiegel erhält Unterstützung aus der Partei

Die amtierende rheinland-pfälzische Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) entgegnete, die Forderungen nach Rücktritten entbehrten jeder Grundlage. „Es ist unbestritten, dass die zuständigen Stellen vor Ort durch das dem Ministerium nachgeordnete Landesamt für Umwelt rechtzeitig informiert waren, wie es die Meldekette vorsieht.“ Auch die grünen Landesvorsitzenden Josef Winkler und Misbah Khan wiesen Rücktrittsforderungen zurück. Fraktionschef Bernhard Braun sieht keine Passivität Spiegels und verwies darauf, dass Spiegel am 14. Juli 2021 noch bis etwa 19 Uhr im Landtag und dort in Kontakt mit anderen Kabinettsmitgliedern gewesen sei. Zu der Zeit sei zudem schon der Katastrophenschutz vor Ort im Einsatz gewesen.

Auf Bundesebene hatten die Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour nach dem Auftritt Spiegels im Ausschuss gesagt, sie habe gezeigt, dass sie sich mit Verantwortungsbewusstsein und Empathie für die Menschen in diesem Land einsetzt und dass ihre erste Sorge den Menschen und ihrer Not gegolten habe.

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Die Staatsanwaltschaft Koblenz, die unter anderem gegen den früheren Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU), ermittelt, sieht auch rund acht Monate nach der tödlichen Flut mit insgesamt 135 Toten in Rheinland-Pfalz keine strafrechtlichen Versäumnisse der Landesregierung. Es gebe bislang keine Hinweise, dass etwa Minister hätten annehmen müssen, „dass die für den Katastrophenschutz zuständigen Stellen nicht in der gebotenen Weise tätig werden würden“, teilte die Behörde vergangene Woche mit.

RND/dpa/epd

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