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Gesetzentwurf im Detail

Das sind die Pläne der Ampel zur Cannabislegalisierung

Nahaufnahme einer THC-haltigen medizinischen Cannabispflanze in einer Zuchtanlage des Schweizer Cannabisunternehmens TB Farming AG (Symbolbild).

Nahaufnahme einer THC-haltigen medizinischen Cannabispflanze in einer Zuchtanlage des Schweizer Cannabisunternehmens TB Farming AG (Symbolbild).

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Berlin. Die Cannabislegalisierung in Deutschland soll kommen, darin sind sich die Ampelkoalitionäre einig. An diesem Mittwoch will die Bundesregierung den umstrittenen Plan voraussichtlich auf den Weg bringen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will den entsprechenden Gesetzentwurf dazu am Mittag im Anschluss an die Sitzung des Bundeskabinetts bei einer Pressekonferenz in Berlin vorstellen. Nach der Sommerpause müssen Bundestag und Bundesrat noch darüber beraten. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums ist das Gesetz in der Länderkammer aber nicht zustimmungspflichtig. Ein Inkrafttreten ist demnach für Ende des Jahres vorgesehen.

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Ein ursprünglicher Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums von Karl Lauterbach für ein entsprechendes Gesetz hatte viel Gegenwind erhalten. Gemeinsam mit Cem Özdemir (Grüne), Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, hatte Lauterbach daraufhin Ende April einen überarbeiteten Plan für die Cannabislegalisierung vorgestellt. Die Ampelkoalition verfolge mit ihrem Entwurf nun mehrere Ziele: mehr Sicherheit im Konsum, eine Einschränkung des Konsums, besserer Jugendschutz, ein Zurückdrängen des Schwarzmarkts, weniger Beimengungen beim Cannabis sowie weniger Drogenkriminalität. Laut Özdemir soll die Legalisierung „noch in diesem Jahr“ kommen. Doch was genau sehen die Pläne zur Cannabislegalisierung vor?

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Welche Mengen an Cannabis dürfte man laut dem Entwurf besitzen?

Cannabis soll den Plänen zufolge im Betäubungsmittelgesetz von der Liste der verbotenen Substanzen gestrichen werden. Maximal 25 Gramm „Genusscannabis“ zum Besitz und Eigenkonsum sollen dann straffrei sein. Der ursprüngliche Plan hatte 30 Gramm vorgesehen.

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Wie viele Cannabispflanzen zum Eigenanbau erlaubt der Gesetzesentwurf?

„Drei weibliche blühende Pflanzen pro volljähriger Person“ sollen im Eigenanbau erlaubt sein. Das hatte bereits Lauterbachs erster Entwurf vorgesehen – und dabei bleibt es. Bis zu sieben Samen oder fünf Stecklinge sollen in sogenannten Cannabis-Social-Clubs erworben werden können.

Wo soll das Cannabis verkauft werden?

Die Droge sollte ursprünglich in Cannabisshops („lizenzierte Fachgeschäfte“) oder eventuell auch Apotheken legal ab 18 gekauft werden können. Das war der Kern der Legalisierungspläne der Ampel. Doch dieses Vorhaben wurde wieder fallengelassen. Stattdessen solle Cannabis in nicht gewinnorientierten Vereinigungen mit maximal 500 Mitgliedern zum Eigenkonsum angebaut werden dürfen. Diese Vereinigungen werden auch Cannabis-Social-Clubs genannt. Landesbehörden sollen Qualität und Jugendschutz kontrollieren. Das ist die erste, „schnelle Säule“, die Lauterbach in seinen Plänen vorsieht.

Cem Özdemir (Bündnis90/Die Grünen, links), Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, und Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, stellen bei einer Pressekonferenz die Gesetzespläne für den Konsum und Verkauf von Cannabis vor.

Cem Özdemir (Bündnis90/Die Grünen, links), Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, und Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, stellen bei einer Pressekonferenz die Gesetzespläne für den Konsum und Verkauf von Cannabis vor.

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Eine Abgabe in lizenzierten Geschäften ist vorerst nur noch wissenschaftlich begleitet in regionalen Modellprojekten geplant. Darin bestehe die „zweite Säule“ des Projekts, informierte der Gesundheitsminister. Dabei wolle man versuchen, kommerzielle Lieferketten aufzubauen. Ein entsprechender Gesetzesentwurf soll im zweiten Halbjahr 2023 vorgestellt und der Europäischen Kommission zur Prüfung vorgelegt werden, teilte das Bundesgesundheitsministerium mit.

Diese Modellvorhaben sollen über fünf Jahre lang begleitet werden. Zwischenauswertungen sollen jedoch schon vorher Erfolge oder Misserfolge des Projekts feststellen. Diese zweite Säule der geplanten Legalisierung ist aber „voraussichtlich weiterhin notifizierungspflichtig“, wie es von der Bundesregierung heißt. Das bedeutet, dass wohl die EU mitreden darf und damit im Moment unklar ist, ob daraus am Ende etwas wird.

Pläne der Ampelkoalition: Cannabis teil- und schrittweise legalisieren

Die Ampelkoalition hat nach Einwänden aus Brüssel ihre im Oktober vorgestellten Eckwerte überarbeitet und am Mittwoch ein zweistufiges Modell vorgestellt.

Eine Art Zwischenschritt zum freien Verkauf sollen also die sogenannten Cannabis-Social-Clubs darstellen. Dort können sich maximal 500 Mitglieder zusammenschließen, um Cannabis zum Eigenkonsum anzubauen. Während über 21-Jährige in diesen Clubs bis zu 25 Gramm auf einmal oder 50 Gramm im Monat kaufen können, soll die Abgabe an unter 21-Jährige auf insgesamt 30 Gramm pro Monat begrenzt werden. Für Minderjährige bleibt der Erwerb verboten. Auch Nichtmitglieder dürfen in diesen Einrichtungen kein Cannabis kaufen.

In diesen Clubs sollen die Mitglieder „möglichst aktiv“ mitwirken, heißt es in einer Mitteilung der Bundesministerien für Gesundheit, Justiz und Ernährung. „Eine Mitwirkung von Mitarbeitenden der Vereinigungen beim Anbau ist zulässig, eine Beauftragung Dritter mit dem Anbau wird hingegen ausgeschlossen.“ Die Mitgliedsbeiträge dürfen lediglich die Selbstkosten der Vereinigung abdecken. Die Anzahl der Clubs werde demnach an die Bevölkerungsdichte gekoppelt. In den Räumlichkeiten der Clubs dürfe nicht konsumiert werden.

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Wie plant die Ampel den Jugendschutz bei der Cannabislegalisierung?

Für unter 18-Jährige soll der Erwerb von Cannabis weiterhin illegal bleiben. Wenn bei Minderjährigen dennoch der Konsum festgestellt werde, so plane man Präventionsprogramme, sagte Lauterbach. Der Konsum des Rauschmittels in jungen Jahren könne laut wissenschaftlichen Erkenntnissen zu Veränderungen im Gehirn der Heranwachsenden führen. „Der Kinder- und Jugendschutz ist von allergrößter Bedeutung“, unterstrich der Gesundheitsminister.

25 Gramm Cannabis und drei Pflanzen sollen künftig legal sein

Vor einem halben Jahr hatte Gesundheitsminister Lauterbach erste Pläne für die Cannabislegalisierung in Deutschland vorgelegt.

Warum hat Lauterbach seine ursprünglichen Pläne für die Cannabislegalisierung geändert?

Die Pläne des Gesundheitsministers waren von Anfang an umstritten. Es hatte erhebliche Zweifel an ihrer Umsetzung gegeben. Die Vermutung: Lauterbachs erster Entwurf könnte internationales und EU-Recht brechen. So haben sich die Staaten des Schengen-Raums beispielsweise im Schengener Durchführungsübereinkommen dazu verpflichtet, „die unerlaubte Ausfuhr von Betäubungsmitteln aller Art einschließlich Cannabisprodukten sowie den Verkauf, die Verschaffung und die Abgabe dieser Mittel mit verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Mitteln zu unterbinden“.

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Lauterbach hatte Mitte März zwar gesagt, er habe von der EU-Kommission sehr gute Rückmeldungen zu dem Vorhaben bekommen. Aber auch der SPD-Parteivorstand kam später zu dem Schluss: „Eine umfassende Legalisierung ist aus europarechtlichen Gründen offensichtlich kurzfristig nicht umsetzbar.“

Nun kündigte Lauterbach eine „konzertierte Aktion der Bundesregierung“ an: Damit wolle man erreichen, dass in Europa Unterstützung für die „progressive Cannabispolitik“ gefunden werde, so der Gesundheitsminister. Man wolle „weg von nicht funktionierenden Verschärfungen des Strafrechts und hin zu einer Präventionspolitik“, sagte der SPD-Politiker.

mit dpa-Material

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