Mindestlohn, Pflegebonus und Sondervermögen - was der Bundesrat heute entschieden hat
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Sachsen, Marienberg: Soldaten des Panzergrenadierbataillons 371 zeigen ihre Ausrüstung, die vor einem Schützenpanzer Marder liegt. Diese Einheit war ein Teil der Nato-Speerspitze oder Very High Readiness Joint Task Force (VJTF). Der Bundesrat befasst sich in seiner Sitzung am 10. Juni u.a. mit dem Thema Grundgesetzänderung zum geplanten Sondervermögen der Bundeswehr (Archivbild).
© Quelle: picture alliance / dpa
Berlin. Am Freitag sind wieder mehrere Gesetze durch den Bundesrat gegangen. Darunter solche, die direkte Auswirkungen auf Bürgerinnen und Bürger in Deutschland haben. Unter anderem auf der Tagesordnung: Die Anhebung des Mindestlohns, der Pflegebonus und das Sondervermögen für die Bundeswehr, dass unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine von der Ampel-Regierung mit der Union geschnürt wurde.
Aufrüstung der Bundeswehr
Das Milliarden-Programm zur Aufrüstung der Bundeswehr kann anlaufen. Der Bundesrat hat die dazu notwendige Änderung des Grundgesetzes beschlossen. Damit dürfen unter Umgehung der Schuldenbremse Kredite von 100 Milliarden Euro aufgenommen werden, um die Streitkräfte besser auszurüsten. Die Länder votierten mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit für die Grundgesetzänderung. Sie ließen anschließend auch das Gesetz für die Einrichtung des Sondervermögens passieren, aus dem die Finanzierung erfolgen soll.
Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und Thüringen haben sich bei der Abstimmung enthalten. In den vier Bundesländern ist die Linke an der Regierung beteiligt.
In das Grundgesetz wird ein neuer Artikel 87a aufgenommen. Er regelt die Kreditaufnahme für das Sondervermögen an der Schuldenbremse vorbei. Mit dem Geld sollen in den kommenden Jahren neue Flugzeuge, Hubschrauber, Schiffe, Panzer und Munition angeschafft werden. Es geht aber auch um Ausrüstung wie Nachtsichtgeräte und Funkgeräte.
Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro
Außerdem hat der Bundesrat die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf zwölf Euro pro Stunde gebilligt. Sie soll zum 1. Oktober wirksam werden. Mit dem Verzicht der Länderkammer auf eine Anrufung des Vermittlungsausschusses nahm die Erhöhung der Lohnuntergrenze die letzte Hürde in der Gesetzgebung. Mit der Mindestlohnerhöhung wird auch die Grenze für die sogenannten Minijobs angehoben - von derzeit 450 Euro auf 520 Euro pro Monat, damit Minijobber ihre Stundenzahl von bis zu 45 Stunden pro Monat beibehalten können. Derzeit beträgt der Mindestlohn 9,82 Euro. Im Juli steigt er auf 10,45 Euro.
Der Bundestag hatte die Gesetzesvorlage von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) eine Woche zuvor beschlossen. Der Gesetzentwurf geht von heute etwa 6,2 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit einem Stundenlohn unter 12 Euro aus. Später soll für die Festsetzung der Lohnuntergrenze wieder die Mindestlohnkommission aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern zuständig sein. Die nächste Anpassung ist für 1. Januar 2024 vorgesehen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Anhebung der Lohnuntergrenze zu einem Kernversprechen des Bundestagswahlkampfs gemacht.
Sanktionen für Hartz-IV-Empfänger werden für ein Jahr ausgesetzt.
Der Bundesrat billigte zudem das vom Bundestag bereits beschlossene Gesetz, wonach die Bezüge von Langzeitarbeitslosen bei Pflichtverletzungen nicht mehr gekürzt werden. Ausnahmen sind wiederholte Meldeversäumnisse oder das Nichterscheinen zu Terminen. Dafür kann der Regelsatz um bis zu zehn Prozent gekürzt werden.
Hintergrund des Gesetzes, das zum 1. Juli in Kraft treten soll, sind zum einen die Pläne der Bundesregierung für ein Bürgergeld anstelle der bisherigen Hartz-IV-Leistungen. Mit der Reform sollen auch die Sanktionen neu geregelt werden. Zum anderen muss der Gesetzgeber die Sanktionen nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts überarbeiten. Es hatte 2019 entschieden, dass eine Kürzung der Grundsicherung um mehr als 30 Prozent das Existenzminimum gefährdet und damit nicht zulässig ist. Die Pflicht zur Mitwirkung beurteilten die Richter generell aber als verfassungsgemäß.
Einführung des „Bürgergeldes“
Zum nächsten Jahr will die Koalition aus SPD, Grünen und FDP ein sogenanntes Bürgergeld einführen, das die bisherige Grundsicherung ablösen und auch die sogenannten Mitwirkungspflichten von Arbeitslosen neu regeln soll. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat einen Gesetzentwurf zur Einführung des Bürgergelds für den Sommer angekündigt.
Corona-Bonus für Pflegekräfte gebilligt
Weiterhin hat der Bundesrat den Corona-Bonus für Pflegekräfte gebilligt. Sie sollen die Zusatzzahlungen ab Juli für die besonderen Belastungen während der Pandemie erhalten. Der Bund stellt dafür eine Milliarde Euro zur Verfügung, je zur Hälfte für Prämien für Pflegerinnen und Pfleger in Krankenhäusern und in der Altenpflege. Der Bundestag hat den Pflegebonus bereits mit großer Mehrheit beschlossen.
Dem Gesetz zufolge erhalten Altenpflegekräfte in Vollzeit eine Prämie in Höhe von 550 Euro, andere Beschäftigte 370 Euro, wenn sie mindestens 25 Prozent ihrer Arbeitszeit in der Pflege verbringen. Einen Bonus gibt es auch für Auszubildende und Helferinnen und Helfer im Bundesfreiwilligendienst.
Intensivpflegekräfte sollen höheren Bonus erhalten
Wie hoch die Prämie für Pflegekräfte im Krankenhaus ausfallen wird, ist noch offen. Die Häuser müssen zunächst die Zahl der Anspruchsberechtigten melden, auf deren Grundlage die Prämie berechnet wird. Infrage kommen Pflegekräfte in Krankenhäusern, in denen im vergangenen Jahr mehr als zehn Covid-19-Patienten behandelt wurden, die wiederum mehr als zwei Tage beatmet werden mussten.
Das betrifft nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums 837 Krankenhäuser in Deutschland. Für Intensivpflegekräfte soll der Bonus um die Hälfte höher ausfallen als für Pflegekräfte auf den Normalstationen, weil sie während der Corona-Zeit unter besonders schwierigen Bedingungen und mit persönlichem Risiko arbeiten mussten.
RND/dpa/epd